Industrielle Viehaltung und Kraftfutteranbau schädigen das Klima, Weidehaltung kann dagegen das Klima retten.
Dieser Artikel wurde am 15. August 2016 veröffentlicht
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Über kaum ein „Lebensmittel“ wird aktuell so emotional und unsinnig diskutiert, wie das Fleisch. Streitet man über die industrielle Tierhaltung und deren industrielle Verarbeitung ist dieser Vorwurf absolut berechtigt. Hier wird seit Jahrzehnten ein immenser Schaden angerichtet, an den betroffenen Lebewesen, den Tieren und der gesamten Mitwelt, bis hin zu dem nunmehr gravierenden Klimawandel. Hier ist aber auch altes Wissen in Vergessenheit geraten und die Balance, die Harmonie oder Symbiose zwischen Tier und Mitwelt grundsätzlich zerstört worden. Diese gilt es, auch im Hinblick auf eine gesunde und nachhaltige Ernährung wieder herzustellen.

Fakt ist, dass die „Kuh kein Klimakiller“ ist, sondern im Gegenteil, wenn sie auf Weiden leben darf, dafür sorgt, dass auch in der Atmosphäre eine Balance erhalten bleibt. Wiederkäuer sorgen dafür, dass ihre Nahrung, das Gras, nicht nur erhalten wird, sondern prächtig gedeiht. Sie sorgen für die Humusbildung in den beweideten Flächen und damit für eine Speicherung von CO2 in einem Maße, welches das von ihr selbst freigesetzte Methan mehr als ausgleicht. Die Mikroorganismen in dem Pansen der Wiederkäuer bilden mit der Atmosphäre und dem Futter, dem Gras, Kräutern, Klee und frischem Bewuchs eine Symbiose. Durch das Abgrasen werden die Pflanzen zu Wachstum angeregt und mit dem Dung der Tiere darin gefördert. Alle bekannten Groß-Weideflächen dieser Erde, von den amerikanischen Prärielandschaften bis zu den sibirischen Steppen wurden durch die riesigen Herden der hier lebenden Wiederkäuer geschaffen und erhalten – bis der Mensch des Westens diese Tiere ausrottete und die Flächen zu Ackerland umbrach. Seine „Nutztiere“ sperrt er nun in Ställe und füttert sie mit eigens – industriell – angebautem Kraftfutter, bei dessen Anbau und Ernte die gewaltigen Mengen klimaschädigender Gase freigesetzt werden – von Kohlendioxid über Methan bis zu dem extrem schädlichen Lachgas. Entscheidend für eine nachhaltige Tierhaltung ist also nicht das „ob“, sondern das „wie“. Eine „Klimakatastrophe“ aufgrund einer zu hohen Methankonzentration wegen der viel zu großen Anzahl der Wiederkäuer auf diesem Planeten in den letzten 100.000 Jahren ist – wissenschaftlich – nicht festzustellen, sie hätte sich aber einstellen müssen, hätten die „Kuh-ist-ein-Klimakiller-Stimmen“ recht.

Ein Grund einen speziellen Nahrungsmittelkonsum einzustellen besteht grundsätzlich nicht, es sei denn, es sind industriell erzeugte Lebensmittel gemeint. Langzeitstudien haben weltweit belegt, dass die Humusschichten auf industriell bewirtschafteten Flächen rapide schwinden, während diese auf beweidetem Grünland kontinuierlich wachsen. Zusätzlich wird durch die Erosion auf den riesigen Monokulturen für Kraftfutter der Boden „verweht“. Ohne eine Humusschicht gibt es kein Pflanzenwachstum und mithin weder pflanzliche noch tierische Lebensmittel. Geld kann man nicht essen. Diese Weisheit eines alten Indianers wurde und wird von den ignoranten Westlern stets belächelt. Man arbeitet dann eben an Verfahren, Lebensmittel komplett synthetisch herzustellen.

Bereits vor dem explosionsartig wachsenden industriellen Wahnsinn der westlichen – und inzwischen globalen – Landwirtschaft war die Symbiose zwischen Weidevieh und Weidegras wissenschaftlich belegt. Ernst Klapp, Direktor des Institut für Pflanzenbau der Universität Bonn, schrieb 1920 in seinem Geleitwort zu der deutschsprachigen Ausgabe des Buches „Die Produktivität der Weide“ des französischen Wissenschaftlers Andre Voisin : „Nicht Ansaat und Düngung bilden die Weidenarbe, sondern Biß, Tritt und Exkremente des Weidetieres“.

„Landwirtschaft kann Teil der Lösung sein“ ist ein Ergebnis der UN-Klimarahmenkonvention von 2010, also 90 Jahre später. Gemeint ist natürlich eine nachhaltige Landwirtschaft und eine vollständige Abkehr von industrieller Nahrungsmittelproduktion. Selbst in so dicht besiedelten Regionen wie in Deutschland ist eine nachhaltige Weidehaltung möglich. Wichtig ist dabei, den Kreislauf aus Beweidung und Wachstum zu erhalten, also nicht Vieh auf Weiden zu sperren, die vielleicht je Weidetier die optimale Fläche bereitstellen, sondern den Herden die Wanderung wieder zu ermöglichen. Dabei können sogar Waldflächen mit einbezogen werden oder eben Agroforstflächen.

Nachweislich kann der ausgewogene Kreislauf des Lebens, die Nahrungskette global in einer vollständigen Balance sein, solange nicht ein Element dieser Kette „ausschert“, wie es der – westliche – Mensch vor etwa 500 Jahren begann. Wie schon erwähnt, werden global doppelt so viel Nahrungsmittel – einschließlich Fleisch und Meerestieren – erzeugt, wie überhaupt verzehrt werden können. Selbst eine Weltbevölkerung von 9 Milliarden Menschen kann einen ausgewogenen und reichhaltigen „Speiseplan“ erwarten, mit Lebensmitteln, die nachhaltig und ohne industrielle Vergewaltigung von „Mutter Erde“ und „ihren Kindern“ erzeugt wurden, ja auf einem lebendigen Boden wachsen. Anderslautende Mitteilungen sind eine perfide Propaganda der Lebensmittel- und Agrarindustrie um die weitere Vergewaltigung – und die damit verbundenen Profite – weiter fortsetzen zu können.

http://www.spektrum.de/news/auf-dem-weg-zur-umweltfreundlichen-kuh/1411797?utm_source=zon&utm_medium=teaser&utm_content=feature&utm_campaign=ZON_KOOP