Dieser Artikel wurde am 2. November 2011 veröffentlicht und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!Wie alles, was viel zu groß angelegt wird, ist auch die hoch gelobte Wasserkraft nicht ohne Fehl…
Dieser Artikel wurde am 2. November 2011 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Wie alles, was viel zu groß angelegt wird, ist auch die hoch gelobte Wasserkraft nicht ohne Fehl und Tadel. Fische verenden in Turbinenschaufeln und abgelagerte Biomasse an der Staumauer produziert Methan und CO2.

Wissenschaftler und Ingenieure dürfen nie alleine planen

Schon Einstein oder Professor von Weizsäcker mahnten an, dass alle Großprojekte nur interdisziplinär geplant werden sollten. Ingenieure oder Wissenschaftler arbeiten mit Scheuklappen versehen verbissen an einer optimalen Lösung, ohne jemals ernsthaft über die möglichen Folgen, die Kollateralschäden nachzudenken. So führten die Erfindung des Verbrennungsmotors, die Kernspaltung und natürlich die Industriealisierung schlechthin zu dem scheinbar ausweglosen Dilemma, in dem die Welt nun steckt.

Eine bis zum Exzess optimierte Technologie ist schon seit den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts auch die Wasserkraft geworden. Weltweit decken Wasserkraftwerke 16% des Strombedarfs, in Deutschland sind es allerdings lediglich 3,1%. Im Zuge der hektisch beschlossenen und völlig unbedacht gestarteten Klimaschutzpolitik will die Deutsche Regierung mit ihrem immer wieder nachgebesserten Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) auch die Wasserkraft, als angeblich so nachhaltige und Klimafreundliche Technologie forciert fördern.

Wasserkraftwerke sind Fischkiller

Dass eine Talsperre, die nicht nur einen Fluss aufstaut, sondern auch extrem in eine ganze Landschaft eingreift eine unüberwindliche Barriere für die den Fluss bevölkernden Lebewesen ist, ist eigentlich ersichtlich. Dass die riesigen Ansaugöffnungen für die Turbinenschaufeln mit dem Wasser auch Fische ansaugen, sollte auch einem Ingenieur einleuchten. Ebenso sollte logisch sein, dass Fische nicht unbeschadet die Wasserschaufeln der Turbinen passieren können. Trotzdem wurde bisher diesem Problem kaum Aufmerksamkeit geschenkt. An manchen Stauseen wurden Fischtreppen oder Umgehungsrinnen angelegt, die jedoch kaum ein Fisch benutzen kann, zumindest nicht ausreichend dorthin gelenkt wird. In der Regel landen die Fische in dem gnadenlosen Bauch der Turbinen, den tödlichen Kanälen der hochtechnisierten Großanlage. Halbherzig montierte Schutzgitter lassen so ziemlich jeden normalen Fisch passieren, selbst die kleinsten Maschen bieten für Jungfische und Aale keinen Schutz. Und das betrifft nur den Weg flussabwärts. Der Weg hinauf in angestammte Laichgründe ist so gut wie unpassierbar versperrt.

Jeder Eingriff in die Natur hat Folgen

Die Unbekümmertheit, mit der Menschen immer wieder gravierende Eingriffe in ein über Jahrmillionen gewachsenes Gleichgewicht vornehmen, ist frappierend. Es kann nur eine beispiellose Naivität oder Skrupellosigkeit vorliegen. Das Stromproblem mag gelöst sein, die Folgen werden niemals ernsthaft ins Kalkül der Planer und Entwickler gezogen. Nicht nur in den USA oder China wurden und werden Eingriffe in die Landschaft hingenommen, die ganze Landstriche radikal verändern, auch in dem kleinen, dicht besiedelten Europa wird spätestens seit Beginn der Industriealisierung Fortschritt nur noch in Wachstumszahlen gemessen. Dieses Wachstum erscheint allerdings eher wie das eines Krebsgeschwürs, das unsere Erde nicht mal mehr unbemerkt zerfrisst. Schaden nehmen dabei nicht mehr nur die Fische, die Tiere deren Lebensraum zerstört wurde und wird, sondern immer mehr sogar der Übeltäter selbst, der Mensch.

Klimakiller Wasserkraft

Was jedem Biologen, Wasserkundler, ja Flussbewohner klar ist, kommt Planern großer Stauanlagen nicht in den Sinn. Ein Fluss ist eine gigantische Transportmaschine, die große Mengen Biomasse mit sich führt. Wird der Fluss gebremst, lagert sich alles, was er mitgenommen hat an dem Wehr ab. Dort angebrachte Schutzgitter bilden die Barriere für größere Mitbringsel, manchmal ganze Bäume und am Fuße der Staumauer bildet sich ein wachsender Berg an kleinerem Material. Hier beginnt ein Abbauprozess, unter optimalen Bedingungen, der große Mengen Methan und auch CO2 frei setzt. Wie in einem der Biogasfermenter, die zur klimafreundlichen Energieerzeugung errichtet werden, entsteht hier allerdings ungehindert an die Luft strömend das klimaschädigende Gas, welches 25 mal stärker wirkt, als der Klimakiller CO2. An dem Saarstaudamm wurde das Gas aufgefangen und die austretende Menge bestimmt. Es wurden dort an einem Tag 300kg des Gases gemessen. Das sind im Jahr 110 Tonnen, die so schädlich sind, wie 3.000 Tonnen CO2 oder eben über 1.000 PKW mit einer Jahresfahrleistung von 20.000km. Hinzu kommt eine unbestimmbare Menge CO2. Und das ist nur ein mittleres Kraftwerk, nicht so ein gewaltiges Projekt, wie der Hoover-Staudamm in den USA oder das Drei-Schluchten-Projekt der Chinesen. Dort kommen die gewaltigen Mengen der durch die Flutung der Täler überschwemmten Wälder und Kulturlandschaften hinzu.

Nachhaltige Wasserkraft muss anders geplant werden

Die gravierenden Schäden, die Großanlagen auch in der Nutzung der Wasserkraft nach sich ziehen, müssen die Planer zum Umdenken zwingen. In allen Bereichen unserer übertechnisierten Welt müssen die Menschen wieder in normalen, überschaubaren und beherrschbaren Dimensionen leben und denken lernen. Das Wissen von Naturkundlern sollte genauso ernst genommen werden, wie das der Techniker und Ökonomen. Es kann nicht besonders intelligent sein, den Ast auf dem wir sitzen mit optimaler Technik und wegen hoher Rendite abzusägen. Der Sturz wird in jedem Falle furchtbar sein.

In Island werden Feenbeauftragte befragt, wenn Strassentrassen geplant werden, In Canada und den USA wehren sich immer erfolgreicher die Naturkundigen Ureinwohner gegen unsinnige Projekte, selbst in den oft stoisch duldsamen „teutschen Landen“ meldet sich Einsicht. Möglicherweise erwachen die Selbstheilungskräfte unseres Planeten, nehmen die Menschen ihre Geschicke nun selbst in die Hand und überlassen Entscheidungen nicht mehr den egoistischen, völlig weltvergessenen Mächtigen, den Machtklumpen, wie Gesine Schwan es nennt.

„Wenn wir das Geldsystem durchschauen würden, gäbe es morgen früh eine Revolution“ hatte Henry Ford schon Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts gemahnt. Es sind über einhundert Jahre vergangen und die Menschen beginnen erst jetzt eine Ahnung davon zu bekommen, was sich ihrer Wahrnehmung entzogen zu haben schien.

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