Dieser Artikel wurde am 7. April 2011 veröffentlicht und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!Ob Mondnagelkänguru, Beutelwolf oder Weihnachtsinsel Spitzmaus – Sie alle werden uns nicht mehr begegnen, denn sie gehören…
Dieser Artikel wurde am 7. April 2011 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Ob Mondnagelkänguru, Beutelwolf oder Weihnachtsinsel Spitzmaus – Sie alle werden uns nicht mehr begegnen, denn sie gehören zu der großen Gruppe der Arten, die durch Einwirken des Menschen ausgestorben sind. Und das Artensterben geht weiter:

Über 16.000 Arten sind weltweit bedroht, so ein Drittel der Amphibien, ein Viertel der Säugetiere, ebenso ein Viertel aller Nadelbäume und ein Achtel der gesamten Vogelarten. Fast die Hälfte aller Schmetterlingsarten sind bedroht und 80 Prozent der Fischbestände bereits zusammengebrochen.
60 Prozent aller Ökosysteme sind degradiert und drohen zusammenzubrechen. 75 Prozent der Nutzpflanzen – darunter Obst-, Getreide- und Salatsorten- die unsere Großeltern noch kannten, gibt es heute schon nicht mehr. Seit dem Aussterben der Dinosaurier gab es noch nie solch einen großen Artenschwund.

Ressoucrenverbrauch und Klimawandel bedrohen Artenvielfalt

Eine Antwort auf die Frage, warum so viele Arten verschwinden, ist recht banal: Weil wir ihnen den Lebensraum wegnehmen! Unser Ressourcenhunger frisst sich durch Moore, Urwälder und Gewässer. Dabei verbrauchen wir laut Living Planet Report des WWF 30 Prozent mehr, als die Erde wieder erneuern kann. Wir sind dabei, die Erde regelrecht „aufzubrauchen“.

Zugebaute Landschaften, intensive Landwirtschaft und Chemikalieneintrag tragen ihr Übriges zum Artensterben bei. Und dann ist da auch noch der Klimawandel. Den hat es zwar schon immer gegeben, doch läuft er 100mal schneller ab wie bisher. Die Natur kommt mit der Anpassung nicht mehr hinterher. Die Lebensrhythmen von Jägern und Beute werden synchronisiert, so dass ein Gleichgewicht nicht mehr hergestellt werden kann. Die Innere Uhr der Tierwelt gerät aus dem Takt. Zugvögel wissen nicht mehr, wann es Zeit ist für ihre Wanderung und finden am Ziel kein Futter vor. Wärmeempfindliche Systeme wie die Korallenriffe brechen zusammen. Der Klimawandel bedeutet das Aus für viele Arten.

Der Handel und das Einschleppen von Arten gefährdet Biodiversität

Der Handel mit wilden Tieren und Pflanzen ist ein Milliardengeschäft. Viele Menschen versprechen sich Heilung durch Haifischflossen oder geraspelten Nashorn-Hörnern. Schmuck aus Elfenbein und Taschen aus Krokodilsleder bringen ebenso hohen Absatz wie die Anpreisung von Gorillafleisch als Delikatesse. So wird weiterhin Jagd auf bedrohte Arten gemacht. Laut WWF streichen beispielsweise nur noch 3.200 Tiger durch Asiens Wälder, und vom Java-Nashorn sind ganze 55 Exemplare übrig.

Ob als blinder Passagier auf Schiffen oder über den Handel mit „Exoten“, fremde Arten werden mit oder ohne Absicht eingeschleppt. Dies kann weitreichende Auswirkungen auf heimische Ökosysteme haben. Einheimische Arten können verdrängt werden, Gewässereigenschaften werden beeinflusst und das Nahrungssystem wird verändert. Den Neuzugängen fehlen die natürlichen Fressfeinde und sie werden selbst zu Nahrungskonkurrenten von heimischen Arten. So können sie sich ungehindert vermehren und andere verdrängen.

Forscher befürchten, dass sich in Europa verbunden mit der Erwärmung sogar Giftspinnen ansiedeln werden. Man sollte sich also gut überlegen, ob es unbedingt die Vogelspinne oder die Würgeschlange als Mitbewohner sein muss. Zumindest sollte man die possierlichen Achtbeiner oder munter Gift spuckende Käferchen nicht aussetzen, sollte man ihrer überdrüssig werden. Wer so cool ist, solche Tierchen zu halten, sollte auch den Schneid besitzen, sich in dem Falle an den örtlichen Tierschutzverein zu wenden.


Warum wir uns wegen des Artensterbens Gedanken machen sollten

Die Vielfalt an Lebensräumen und Ökosystemen, an Arten und genetischer Vielfalt innerhalb einer Art wird zusammengefasst Biodiversität genannt. Eine hohe Biodiversität ist für ein Ökosystem wichtig, damit es stabil bleibt. Die Stabilität zeigt sich in einer hohen Resistenz gegen schädliche Einflüsse und eine gute Anpassungsfähigkeit. Unsere Erde als Ganzes ist solch ein Ökosystem, oder wie es im jüngst auf arte ausgestrahltem Dokumentarfilm „Das Geschäft mit dem Artenschutz“ so schön heißt: Der Verlust der Artenvielfalt könnte auch unser Ende bedeutet.

Pflanzen regulieren das Klima, binden CO2 und produzieren Sauerstoff, den wir atmen. Von der Heilwirkung mancher Pflanzenarten sind wir abhängig. Insekten bestäuben sie. Mikroorganismen reinigen Wasser, das wir trinken. Die Erde ist überzogen von einem gut eingespielten, feinmaschigen Netz an Kettenreaktionen, in der der Mensch als eines jener unzähligen Glieder eingebunden ist und davon profitiert. Wissenschaftler des Julius Kühn Instituts stellen fest: Der Verlust der Artenvielfalt gefährdet langfristig die Ernährungssicherheit.

Was bringt der Naturschutz?

Der Naturschutz wurde auf dem Weltgipfel in Brasilien 1992 zum Gebot erhoben. Seitdem sind die Bemühungen groß. In den letzten 20 Jahren wurden 40 Milliarden Dollar für ihn ausgegeben und 12.5000 Naturschutzgebiete geschaffen. Doch trotz aller Anstrengungen verzehnfachte sich die Verlustrate der Arten. Die Naturflächen schwanden um 2 Millionen Quadratkilometer. Die Natur ist für unser Eingreifen – im negativen sowie im positiven Sinne – zu komplex. Wir verstehen sie nicht. Gerade mal ein Prozent der Erde wurde bislang unter biologischen Gesichtspunkten untersucht…

Nichtsdestotrotz ist der Naturschutz und das Bewusstsein um den Wert der Artenvielfalt wichtig. Anstatt zu schützen, was wir vorher kaputt gemacht haben, sollten wir aufhören zu zerstören. Wir dürfen die Erde nicht weiter überstrapazieren. Ein nachhaltiger Lebensstil ist ein Schritt in die richtige Richtung. Ob er am Ende der Königsweg zur Lösung ist, wissen wir noch nicht, doch ein Versuch ist es wert. Es steht viel auf dem Spiel!

Mehr Informationen zum Zustand unserer Erde und dem Artensterben liefert der Living Planet Report des WWF.

Quellen:

Busch, Anne/Kuhn, Katina: Bedrohte Vielfalt. Biodiversität. Bundeszentrale für politische Bildung. In: Themenblätter im Unterricht/Nr.75. 2008 (www.bpb.de/themenblätter).

Dirk S. Schmeller: Ursachen für den Verlust von Tierarten, 2008.

Spiegel online: Folge der Globalisierung; Exotische Spinnen erobern Europa; 15.11.2007.

Dr. Gerlinde Nachtigall, Pressestelle Julius Kühn-Institut: Verlust der Artenvielfalt gefährdet langfristig die Ernährungssicherheit; 30.09.2010.

Dokumentationsfilm: Das Geschäft mit dem Artenschutz; ausgestrahlt am 06.04.2011 auf arte.

Bildnachweis: © Stephan Hahnel/Pixelio.de