Was der Darm mit dem Gewicht, der Stimmung und dem Immunsystem zu tun hat – denn er ist nicht nur für die Verdauung wichtig!
Dieser Artikel wurde am 9. Juni 2017 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Der Darm war lange ein Tabuthema, steht dafür heute oft im Rampenlicht: Detox, Darmaufbaukuren und Co sind längst Mainstream. Vom Dienstleister, der die Verdauung möglichst unauffällig zu erledigen hat, zum Zentrum des Immunsystems!

Funktionen des Darms

Der Darm ist rund acht Meter lang (aufgebreitet hat er eine Fläche von 400 bis 500 Quadratmetern!) und es leben rund 100 Milliarden Mikroorganismen darin, circa 1.000 verschiedene Arten davon. Damit Nahrungsmittel optimal verwertet werden können zerlegen Verdauungssäfte der Bauchspeicheldrüse und der Galle die von Speichel und Magen bereits vorverdaute Nahrung im Dünndarm in weitere Bestandteile. Was schwerer verdaulich ist und im Dünndarm nicht zur Energiegewinnung ins Blut gelangt, wird im Dickdarm von den Darmbakterien weiter zerlegt. 

Die Darmbakterien (oder Mikroorganismen, klingt eigentlich viel schöner) helfen also dem Körper alle Nährstoffe zu bekommen, die die Nahrung so hergibt. Man hat die Verdauung lange Zeit für den Hauptberuf des Darms gehalten. Heute gibt es wissenschaftliche Erkenntnisse darüber, dass die Darmflora (die sogenannte Mikrobiota) auch starken Einfluss auf andere Bereiche unseres Organismus hat. Zum Beispiel unserer Stimmung und unserem Gewicht. Auch chronische Erkrankungen, Diabetes, Allergien, Rheuma oder Krebs kann der Darm begünstigen oder eben nicht. Ein ungesunder Lebenswandel wie falsche Ernährung, Dauerstress, Schlafmangel, häufige Medikamenteneinnahme etc. beeinflusst das Darmmilieu in derart negativer Weise, dass die natürliche Symbiose aus dem Gleichgewicht gerät (Dysbiose oder Dysbakterie). 

Die Zusammensetzung der Bakterien im Darm unterscheidet sich zum Beispiel auch bei Normalgewichtigen von jener von Übergewichtigen. 90 Prozent aller Darmbakterien lassen sich in zwei Bakteriengruppen zuordnen: den Bacteroidetes und den Firmicuten. Überwiegen die Firmicuten werden die Ballaststoffe in der Nahrung besonders effizient aufgeschlossen und verwertet. So wird auch aus kalorienarmer Nahrung das Meiste herausgeholt. Früher war das sehr praktisch, in Zeiten von Supermärkten und Fast-Food an jeder Ecke nicht mehr ganz so notwendig. Manche Studien haben gezeigt, dass eine Behandlung mit bestimmten Darmbakterien das Abnehmen positiv beeinflussen kann. 

Aber nicht nur das Gewicht kann man durch den Darm beeinflussen. Viele Informationen fließen von dort aus auch Richtung Gehirn und beeinflussen auch unsere Gefühle. Schlechte Laune, Lustlosigkeit und ein Hang zur Depression entstehen nicht nur im Kopf, sondern auch im Bauch. Ich kann das gut nachvollziehen – umfangreiche Studien (an meinem Mann und mir) haben ergeben, dass zuckrige, ungesunde Ernährung unsere Stimmung negativ beeinflusst. Nicht umgehend, aber nach mehreren Tagen. 

Wichtiger Teil des Immunsystems

Noch ein spannender Fakt: 70 Prozent aller Immunzellen befinden sich im Darm! Knapp 80 Prozent aller Abwehrreaktionen laufen hier ab. Das macht den Darm zu einem enorm wichtigen Teil unseres Immunsystems. Neben den Enterozyten, das sind die Zellen, die vor allem der Nährstoffaufnahme dienen, besteht die Schleimhaut des Dünndarms auch aus Zellen, die Krankheitserreger abwehren und das Immunsystem unterstützen. Dazu gehören z.B. Paneth-Zellen, die bestimmte Stoffe abgeben, mit denen Erreger bekämpft werden. Auch die sogenannten M-Zellen helfen der Körperabwehr, indem sie Viren, Bakterien, Pilze oder Parasiten aufnehmen und solche Eindringlinge zu speziellen Abwehrzellen schleusen. So kann das  Immunsystems schnellstens reagieren und den Körper vor den Krankheitserregern schützen. Das alles erledigt schon der Dünndarm. Dabei spielt der Dickdarm für das Immunsystem eine noch größere Rolle.

Neben der Darmflora beherbergt der Dickdarm nämlich auch zahlreiche Lymphfollikel (Kolonien von Lymphozyten). Die Hauptaufgabe der Lymphozyten im Körper ist, Feinde wie z.B. Viren und Bakterien zu erkennen und zu eliminieren – etwa indem sie Antikörper produzieren. Darüber hinaus setzen die Lymphozyten bei Bedarf Botenstoffe frei und rufen damit auch noch andere Immunzellen auf den Plan, um den Körper vor einer Erkrankung zu schützen.

Neueren Erkenntnissen zufolge spielt sogar der früher als “Überbleibsel” erachtete Blinddarm eine Rolle für die Gesundheit: auch seine Schleimhaut beherbergt viele Lymphozyten. Zusätzlich dient der Wurmfortsatz als eine Art Unterschlupf für “gute” Bakterien im Falle einer Durchfallerkrankung. Mit dem flüssigen Stuhl werden sonst nicht nur krankmachende, sondern auch nützliche Bakterien ausgeschieden. Indem sich ein paar von ihnen dann in den Blinddarm zurückziehen und so überleben, kann sich die Darmflora nach einer überstandenen Durchfallerkrankung rascher wieder erholen (eine Entfernung hat natürlich in manchen Fällen trotzdem seine Berechtigung, wenn eine Entzündung droht auf den Bauchraum überzugreifen – hat man keinen Blinddarm mehr, kann man auf probiotische Produkte aus der Apotheke oder der Nahrung, zum Beispiel Sauerkraut, zurück greifen.)

Nahrung für den Darm

Isst man viel konventionell produziertes Fleisch und Milchprodukte, kann das gefährlich für die Darmflora sein. Diese Produkte enthalten oft viel Antibiotika und schädigen so die Darmflora. Die Medikamente müssen also nicht einmal direkt eingenommen werden, um schädlich zu sein. Auch andere Medikamente, wie die Anti-Baby-Pille, setzt der Darmflora zu. Sehr zuckerhaltige Nahrungsmittel und Getränke sowie schnell verwertbare Kohlenhydrate stellen ebenfalls eine grosse Belastung für die Darmflora dar, denn Pilze und Parasiten lieben den Zucker. Er dient ihnen als Nahrung und je mehr Zucker in den Darm gelangt, umso schneller können sich diese krankmachenden Darmbewohner vermehren. Auch das Wachstum parasitärer Würmer im Verdauungstrakt wird durch den Zuckerverzehr angeregt.

Bewusst auf die Ernährung und seinen Darm zu achten trägt wie gesagt nicht nur zu einem gesunden Gewicht bei, sondern auch zu guter Stimmung und guter Gesundheit. Auch hier zahlt sich also eine ausgewogene Ernährung, ohne viel Weißmehl und Zucker aus. Und auch die Investition in biologische, antibiotika-freie Produkte. 

 

Quellen:
http://www.gesund.at/a/darm-immunsystem
Active Beauty / Printausgabe April 2015, Durch Dick- und Dünndarm
http://www.pharmazeutische-zeitung.de/?id=36170
https://www.zentrum-der-gesundheit.de/darmflora-immunsystem-ia.html

Fotos:

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Ulrike Göbl, MA

Die nebenberufliche Fitness- und Ernährungstrainerin beschäftigt sich schon seit ihrer Jugend mit gesunder Ernährung und alternativen Lebensweisen. 2010 begann die begeisterte Hobbyköchin ihren Foodblog „Fit & Glücklich“. Dort vereint sie ihre Liebe zu gutem Essen und Sport mit dem Versuch, die Balance im Leben zu finden. Seit 2012 vernetzt sie mit einer Kollegin auch noch die Österreichischen Foodblogger auf einer eigenen Plattform und hat 2015 auch ein Kochbuch  zum Thema “Clean Eating” geschrieben.