KGS Wasserwiese
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Leben Menschen in Kleingartensiedlungen ein reduzierteres nachhaltigeres Leben?
Dieser Artikel wurde am 6. März 2017 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Dieser Frage wollte ich auf den Grund gehen.

Ich habe mir oft vorgestellt, einen Platz in einer Kleingartensiedlung zu haben um dort zu wohnen. Natürlich – sonst wäre ich nicht ich – in einer kleinen Holzhütte, die andere nur noch wegreißen würden. Was braucht man schon mehr?

Wenn ich an einer Kleingartensiedlung vorbei gehe, bekomme ich das Gefühl, in eine andere Welt zu blicken. Kleine Häuschen, kleine Gärten. Eine Idylle? Ich habe mich immer gefragt, was das Besondere an diesen Siedlungen ist.

Nachdem ich mit einigen Bewohnerinnen und Bewohnern unterschiedlicher Siedlungen geredet habe, hier mein Eindruck: Den Menschen die dort eine Fläche haben geht es nicht um mehr und größer und besser. Entstanden sind diese Siedlungen aus einer Nahrungsmittelnot heraus. Sie wurden als Gemüsegärten genutzt, meistens wurden Hühner, Hasen, Ziegen, Bienen oder ähnliche Kleintiere gehalten. Dadurch konnte man ein Stück weit seine Existenz sichern.

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Im Wandel der Zeit

Über die Jahre haben sich diese Siedlungen jedoch stark gewandelt. Heute ist es in einigen Siedlungen gar nicht mehr gestattet, andere Kleintiere (außer Haustiere) zu halten. Auch die Gemüsegärten sind stark zurückgegangen. Teilweise verbleiben zumindest noch Obstbäume und -sträucher. Von der Notwendigkeit, mit dem Garten das Überleben zu unterstützen ging die Entwicklung immer mehr zur Abdeckung anderer Bedürfnisse: Ruhe, Verbindung zur Natur, und der Ausgleich zum Job. Es gibt aber auch einzelne, die wieder an den früheren Gedanken anschließen wollen, Gemüsebeete pflegen und auch z.B. Hühner oder Bienen halten bzw. halten wollen. Diesmal nicht aus dem Bedürfnis heraus, überhaupt Lebensmittel zu produzieren um zu Überleben, sondern unter Anderem um wieder mehr Bezug zur Natur und den Lebensmitteln herzustellen.

Die Gründe, warum Menschen in einer Kleingartensiedlung leben, zeigt aus meiner Sicht sehr stark die Bedürfnisse der jeweiligen Zeit auf, und wandelt sich, um diese auch decken zu können. Früher war die Versorgung mit Nahrung ein Bedürfnis, heute ist es der Wunsch nach Ruhe und einer Wiederherstellung der Verbindung zur Natur – in welcher Form auch immer sich das konkret zeigt. In der hektischen lauten Stadt sind diese Siedlungen Orte der Ruhe und Entschleunigung. Die meisten Häuser sind nur zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichbar. Das ermöglicht es einem, die Hektik der Stadt zumindest ein bisschen hinter sich zu lassen.

Bildet sich mehr Gemeinschaftsgefühl auf engem Raum?

Gemeinschaft wird in vielen Siedlungen als sehr wichtig angesehen. Die meisten Vereine organisieren hierfür auch regelmäßig Veranstaltungen um die Menschen noch mehr zusammen zu bringen. Wer dann darauf eingeht und wer nicht kann man natürlich nicht beeinflussen.

Speziell in kleineren Siedlungen und unter Menschen die teilweise schon Jahrzehnte hier wohnen, haben sich auf jeden Fall schon einige starke Verbindungen zu den Nachbarn gebildet.

Bedeutet Kleingarten automatisch Kleinhaus?KGS Wasserwiese

Mein Bild einer Kleingartensiedlung waren kleine Holzhäuschen, ca. 30m2 und einstöckig. Dieses Bild wird immer mehr durch moderne Häuser ersetzt, die die maximale Baufläche von 50m2, einem Keller und einem ersten Stock bis zur Grenze ausnutzen. Nur noch wenige Siedlungen – meist die, die nicht ganzjährig bewohnt sind – ähneln noch meinem verklärten Bild im Kopf. Vergleicht man die maximale Größe mit konventionellen Häusern ist es dennoch in den meisten Fällen kleiner. Dadurch wird die Notwendigkeit für den Fokus aufs Wesentliche vom Rahmenwerk der Vereine unterstützt.

Eine Insel für wenige?

Plätze in Kleingartensiedlungen werden selten freiwillig aufgegeben. Der häufigste Grund ist der Todesfall des Besitzers. Oft werden sie an die nächste Generationen „vererbt“. Wird dennoch eine Fläche frei, gibt es meist lange Wartelisten. Als „Außenseiter“ bekommt man dadurch leicht den Eindruck einer elitären Gruppe weniger, die unter sich bleiben wollen. Redet man jedoch mit den Menschen dort, löst sich dieser Eindruck schnell. Die einzelnen können schließlich nichts dafür, dass es nicht mehr Flächen gibt. Im Grunde ist es eine Frage der Geduld.

Wer lebt nun in solchen Kleingärten?

Auch wenn ich keine umfangreiche Studie durchgeführt habe, war mein Eindruck, dass tendenziell der Altersschnitt in Kleingartensiedlungen über 50 liegt. Nur vereinzelt wohnen auch jüngere Menschen hier. Beruflich – wenn nicht Pensionist – sind wahrscheinlich so ziemlich alle Bereiche vertreten. Was sie alle vereint ist der Wunsch nach einem Fleckchen Grün zur eigenen Gestaltung.

Führen diese Menschen ein nachhaltiges Leben?

Egal in welcher Entwicklungsstufe in der Geschichte der Kleingärten zeigt sich, wie schon mehrmals erwähnt, das Decken von notwendigen Bedürfnissen. Man könnte lange darüber streiten, was nun als nachhaltig gilt, und wie sehr speziell diese Menschen auf die Umwelt achten oder nicht.

Für mich steht fest, dass alle Menschen, die in einer Kleingartensiedlung wohnen oder sie nutzen, sich in irgendeiner Form damit auseinander setzen, was sie brauchen, damit es ihnen gut geht. Und auch diese Achtsamkeit ist ein Aspekt von nachhaltigem Leben.

Fazit

Die Schaffung von Kleingartensiedlungen ist aus meiner Sicht eine tolle Idee. Sie bringt auch Menschen die in der Stadt wohnen wieder näher zur Natur. Aus meiner Sicht ist es ein idealer Ort, um sich selbst und anderen zu zeigen, dass auch das Wohnen auf kleinem Raum sehr gut möglich ist. Dabei ist es nicht notwendig, auf der kleinen Fläche so groß wie nur irgendwie möglich zu bauen – auch wenn das viele nutzen. Der Fokus liegt auf dem Garten und der Verbindung zur Natur – egal wie groß oder klein die Fläche ist.