Dieser Artikel wurde am 28. Juni 2014 veröffentlicht und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!Steigende Umweltverschmutzung und besorgniserregender Ressourcenschwund machen nachhaltige Lösungen in allen Lebensbereichen unverzichtbar – so auch in der…
Dieser Artikel wurde am 28. Juni 2014 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Steigende Umweltverschmutzung und besorgniserregender Ressourcenschwund machen nachhaltige Lösungen in allen Lebensbereichen unverzichtbar – so auch in der Pharmazie. Eine nachhaltige Pharmazie vereint die gute Wirksamkeit von Medikamenten mit deren effizienter Herstellung und ihrer möglichst emissionsarmen Anwendung und Entsorgung. Ein ideales umweltfreundliches Arzneimittel wäre abbaubar, so dass es sich in der Umwelt nicht mehr wiederfinden ließe und vor allem keine Schädigungen bei Mensch, Tier und Pflanzen hinterließe. Noch sieht die Wirklichkeit anders aus.

Medikamenten-Mix im Wasser

Der Einsatz umweltfreundlicher Wirkstoffe wird in der Pharmaindustrie noch nicht wirklich thematisiert (1). Dabei hat die Anwendung von Medikamenten Folgen für die Umwelt mit unabsehbaren Konsequenzen für den Menschen. Die Wirkstoffe und ihre Abbauprodukte geraten in die Umwelt, meist über menschliche Ausscheidungen in den häuslichen Abwässern, aber auch durch die unsachgemäße Entsorgung der Medikamente über Toilette oder Ausguss.

Manche Stoffe können in den Kläranlagen nicht abgebaut werden und gelangen in Oberflächengewässer und Grundwasser und zum Teil so auch ins Trinkwasser (1). Im Rhein bei Mainz schwimmen täglich Diclofenac, Ibuprofen und Naproxen im Kilogramm-Bereich vorbei (3). Studien zur Wirkung dieser Hinterlassenschaften betreffen meist nur einen einzigen Wirkstoff. Wie sich die Stoffe im Mix auswirken, ist noch weitgehend unbekannt.

In bisherigen Untersuchungen hat man festgestellt, dass z. B. das Schmerzmittel Diclofenac innerhalb von 15 Jahren die Aasgeier-Population Indiens um etwa 20 Millionen Tiere reduziert hat. Das Antidepressivum Fluoxetin stimuliert Muscheln zu Eiablage, der betablocker Propanolol regt Fische zur Fortpflanzung an. Das wohl bekannteste Beispiel ist die Wirkung synthetischen Östrogens aus der Pille auf die Geschlechtsmerkmale von Fischen. (2)

Hohe Wirkstoffkonzentrationen in Schwellenländern

In einigen Industrieländern werden derzeit Reinigungsstufen zur Entfernung von Arzneimittelrückständen und anderen Spurenstoffen getestet. Man muss aber bedenken, dass nur jeder vierte Mensch Zugang zu einem Abwasser-/Trinkwassersystem hat. So ist der Lösungsansatz bei der Wasseraufbereitung nur ein kleines Puzzleteil in dem global bestehenden Problem.

Liegen die Arzneimittelkonzentrationen im Trinkwasser der Industrienationen noch im Bereich unterhalb der Wirksamkeit für den Menschen, sieht es in manchen Schwellenländern jedoch anders aus. Untersuchungen haben beispielsweise gezeigt, dass im Ablauf indischer Generikahersteller Wirkstoffkonzentrationen im wirksamen Bereich gefunden wurden. (2)

Doch nicht nur die Emissionen durch Arzneimittelrückstände stellen ein Umweltproblem dar, sondern auch die geringe Effizienz in der Arzneimittelherstellung. So sind hier z. B. der Verbrauch an Wasser und Lösungsmitteln besonders hoch (2).

 

Erste Lösungsansätze für eine nachhaltige Pharmazie

Erste Lösungsansätze einer nachhaltigen Pharmazie gibt es schon: Prof. Kümmerer vom Universitätsklinikum Freiburg zeigte gemeinsam mit dem Krebsforschungszentrum Heidelberg, dass umweltfreundliche Medikamente möglich sind. Sie entwickelten ein neues Krebsmedikament, das eine hohe therapeutische Wirksamkeit aufweist bei möglichst geringen Nebenwirkungen für Mensch und Umwelt (1, 2). Prof. Hamscher von der Universität Gießen entwickelt zurzeit ein Antibiotikum mit verbesserter Abbaubarkeit (2).

Manchmal zeigen schon einfache Lösungen große Wirkung: Im Bereich der Tiermedizin zeigte sich, dass durch die Fütterung mit Pellets statt mit Pulver weniger Tierarzneimittel in die Umwelt geraten (4).

Einheitliches Sammelsystem und Umweltpunktesystem für Arzneimittel

Die gesetzliche Einführung eines bundesweit einheitlichen Sammelsystems für Altmedikamente wäre ein erster Schritt, zumindest das Problem der unsachgemäß entsorgten Arzneimittel zu vermindern. In einer Umfrage fand man heraus, dass Apotheker bereit wären, den Umwelt-Aspekt in ihre Beratung aufzunehmen; Unter den Ärzten sei diese Bereitschaft weniger ausgeprägt (1). Eine Möglichkeit wäre das Vorbild Schweden: Hier gibt es z. B. ein Umweltpunktesystem auf den Medikamentenpackungen.

Quellen:

(1) http://www.deutschlandfunk.de/saubere-loesungen-fuer-umwelt-und-gesundheit.697.de.html?dram:article_id=76858

(2) http://www.laborundmore.de/archive/105326/Arzneimittel-fuer-eine-gesunde-Umwelt.html

(3)http://www.duh.de/uploads/media/Altmedikamente_Hintergrundpapier_12S_220413.pdf

(4)http://www.leuphana.de/news/meldungen/ansicht/datum/2014/04/08/dbu-foerdert-forschung-zu-umweltfreundlichen-arzneimitteln.html

Bildquelle: pixabay.com/http://creativecommons.org/publicdomain/zero/1.0/deed.de