Michael Kotschan
Michael Kotschan
Michael Kotschan im Interview.
Dieser Artikel wurde am 15. Juli 2016 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Michael Kotschan ist Abteilungsleiter der Wiener Müllverbrennungsanlagen Spittelau und Flötzersteig. Im Interview erklärt er, wie Müllverbrennung funktioniert und warum Müll überhaupt verbrannt wird.

Warum wird Müll verbrannt?

Müll wird verbrannt, weil die Verbrennung der Stand der Technik zur Verwertung des Hausmülls ist. Die organischen Stoffe werden dabei zerstört, Energie wird freigesetzt, die einerseits von Wien Energie als Wärme für die Fernwärmeversorgung verwendet wird, andererseits als Strom für den Betrieb der eigenen Anlagen und für den Verkauf ins Netz. Durch das Wiener Modell ist eine ganzjährige Nutzung der gewonnenen Wärme möglich. Im Sommer wird die Energie für die Warmwasserbereitung verwendet, also etwa fürs Duschen, im Winter fürs Warmwasser und für die Raumheizung.

Welcher Müll wird verbrannt?

Der Hausmüll, der nach der Aussortierung der wiederverwertbaren Materialien im Müll, wie Glas, Papier, Metall, übrig bleibt. Der Bürger trägt hier eine hohe Verantwortung. Er ist gewissermaßen unser Steuermann. Denn nicht alles, was im Müll landet, verbrennt. Ein Wurzelstock etwa, den ein Kleingartenbesitzer ausgräbt und in den Müll wirft, verkohlt zwar äußerlich, kann aber nicht zur Gänze verbrennen und muss aussortiert werden. Dasselbe gilt zum Beispiel für Gartentüren aus Eisen. Sperrige Gegenstände stören die Förderung des Mülls während der Verbrennung.

Wie funktioniert Müllverbrennung?

Der Hausmüll wird in den Müllautos der MA48 direkt an den Müllbunker angeliefert und dort entleert. Der Müll aus allen Müllautos wird dann mithilfe von Müllgreifern homogenisiert, also durchgemischt, damit er von seiner Konsistenz her möglichst einheitlich wird. Mit Greifern wird der Müll dann in die Aufgabeschurre gelegt, eine Art Schacht, über den er in den Ofen transportiert wird. Der Ofen verfügt über einen Vorschubrost, der sich ständig vor- und zurückbewegt. Dadurch wird der Müll weitergeschoben und ständig umgewälzt. Eine Stunde lang wird der Müll bei einer Temperatur von mindestens 850°C verbrannt. Diese Temperatur ist gesetzlich vorgeschrieben, damit sämtliche Schadstoffe zerstört werden. Am Ende bleibt dann aus allen Materialien, die nicht brennen, die Schlacke übrig – diese macht etwa ein Drittel der ursprünglichen Masse aus. Das sind Steine, Glas, Mineralien. Die Schlacke wird an die Stadt Wien zurückgeliefert, die diesen als Baustoff im Deponiebau verwendet.

Wie viele Emissionen entstehen bei der Müllverbrennung?

Das hängt von der Müllmenge ab. Grundsätzlich unterliegen wir dem Abfallrecht. Die Vorgaben sind sehr streng, aber wir unterschreiten sie auch noch bei weitem. Die Rauchgase werden in einem Rauchgaswäscher gewaschen, in einem Gewebefilter gefiltert und schließlich werden über die Selektive Katalytische Reduktion (SCR) noch die Stickoxide abgebaut. Das ist ein mehrstufiger, komplexer Prozess, der sicherstellt, dass alle gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden. Die Müllverbrennungsanlage in der Spittelau wurde in den letzten Jahren generalsaniert und verfügt somit über eine der weltweit modernsten Rauchgasreinigungen.

Was wird getan, um Schadstoffe möglichst zu minimieren?

Zum einen passiert das, indem wir den Energieverbrauch in all unseren Erzeugungsanlagen durch diverse Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz sowie zur Reduktion des fossilen Brennstoffverbrauchs laufend senken. Luft und Abwässer werden mittels modernster Technik herausgefiltert, die Grenzwerte werden dabei ständig überwacht und natürlich sparen wir viel CO2 ein, indem die Müllabfuhrwägen der MA 48 durch die städtische Lage der thermischen Abfallbehandlungsanlagen meist nur sehr kurze Wege zurücklegen müssen. Das sorgt übrigens auch für eine Reduzierung der Lärmbelastung.

Welche Auswirkungen ergeben sich für die Umwelt?

In unseren thermischen Abfallbehandlungsanlagen und Kraftwerken müssen wir fossile Brennstoffe zuführen, um Strom und Fernwärme zu erzeugen. Dabei entstehen CO2-Emissionen, die wir allerdings so niedrig wie möglich halten. Deshalb setzen wir immer stärker auf erneuerbare Energien, außerdem befinden sich unsere Anlagen und Werke stets auf dem neuesten Stand der Technik.

Die Müllverbrennungsanlage in der Spittelau wird häufig als Wiener Wahrzeichen bezeichnet. Warum ist das so?

Die Müllverbrennungsanlage im farbenfrohen Hundertwasser-Stil ist ein begehrtes Ziel für Touristinnen und Touristen. Aber nicht nur wegen der künstlerischen Fassade, sondern auch wegen der modernen Technologie ist die Anlage in der Spittelau international sehr anerkannt. Delegationen aus der ganzen Welt pilgern nach Wien, um unser Modell zu kopieren. Denn nicht in jeder Großstadt funktioniert die Müllentsorgung und -verwertung so gut wie in Wien.

 

Mehr über Energiepolitik

Die Kategorie Energiepolitik umfasst internationale Entwicklungen und Verbesserungen, um erneuerbare Energien zu fördern, Strom zu sparen und die Umwelt zu schützen. Mit folgenden Links gelangst du der Reihe nach zu mehr Artikel in diesem Themenbereich für Einsteiger bis zu Profis.

Quelle: Energieleben Redaktion
Foto: Wien Energie

B_bildleiste_experten_02