Was macht uns große Augen bei Impulskäufen?
Dieser Artikel wurde am 13. Februar 2015 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Mit genau dieser Frage beschäftigt sich ein Psychologenteam an der Universität Wien. Benjamin Serfas, Oliver Büttner und Arnd Florack untersuchen hierbei physiologische Reaktionen auf Einkaufssituationen und das Verhalten rund um das Kaufen von Dingen, die man gar nicht benötigt, aber trotzdem mit nach Hause nimmt, weil sie so verlockend anmuten.

Einkaufen ist längst zu einem Erlebnis und Freizeitevent mutiert, so lässt sich das Nötige mit der Freude am Shoppen verbinden. Ob es wirklich immer so “spaßig” ist haben wir mit Benjamin Serfas besprochen, der uns auch mehr zu den bisherigen Forschungstätigkeiten erzählte.

Im Rahmen einer Studie haben Sie physiologische Reaktionen auf Einkaufssituationen untersucht. Deshalb gleich mal meine Frage, was löst Impulsverkäufe aus?

Das kann so global nicht beantwortet werden. Es gibt viele Faktoren, die einen Spontankauf wahrscheinlicher machen. Zunächst gibt es Faktoren auf Seite der Konsumenten. Beispielsweise führt physiologische Erregung dazu, dass Handlungsimpulse verstärkt werden.

Es werden also auch die Impulse verstärkt, die von attraktiven Produkten ausgehen. Es steigt auch die wahrscheinlichkeit, dass wir mehr einkaufen als wir geplant haben, wenn wir hungrig einkaufen gehen.
Auf der anderen Seite gibt es viele Einflüsse von Seiten der Situation in der wir uns befinden. Generell steigt die Wahrscheinlichkeit eines Spontankaufes mit der Zeit, die wir im Geschäft verbringen. Durch Musik oder angenehmene Gerüche können KonsumentInnen in eine gute Stimmung versetzt werden (sie fühlen sich wohl) und das hat zur Folge, dass KonsumentInnen länger im Geschäft verweilen.

Und je länger KonsumentInnen im Geschäft verweilen umso eher kaufen Sie etwas spontan. Außerdem werden hauptsächlich Produkte spontan gekauft, die auffallen und sich von der Umgebung abheben. Durch Farben und/oder Produktgestaltung kann die Aufmerksamkeit gelenkt werden. Außerdem erkennen wir Dinge schneller, die bereits in unserem Gedächtnis aktiviert sind. Was das bedeutet wird wahrscheinlich am besten durch ein Beispiel verdeutlicht. Eine englische Studie hat gezeigt, dass KonsumentInnen dazu tendieren deutschen Wein zu kaufen, wenn deutsche Musik gespielt wird und, dass sie französischen Wein kaufen, wenn französische Musik gespielt wird. Wenn wir nicht sicher sind was wir kaufen sollen oder keine Zeit haben, verlassen wir uns auf einfache Heuristiken: Teurer ist besser, mehr ist besser, was kauft die beste Freundin, woran ich gerade denke ist gut…

Ist das Einkaufsverhalten bei allen Menschen ähnlich oder gibt es große Unterschiede?

Das grundlegende Verhalten ist ähnlich und die meisten der oben genannten Mechanismen gelten für die breite Bevölkerung. Aber dennoch unterscheiden sich KonsumentInnen, die dazu tendieren häufig und gern Spontankäufe zu tätigen (ImpulskäuferInnen) von denen die das nicht machen (nicht-ImpulskäuferInnen).

Ein Unterschied ist die physiologische Erregung. Eine Einkaufssituation reicht aus, um ImpulskäuferInnen in Aufregung zu versetzen. Sie bekommen im wahrsten Sinn des Wortes “große Augen”. Hierbei spielt es auch keine Rolle ob es sich um einen Lebensmittelkauf oder eine tolle Shopping-Mall handelt.

Ein weiterer Punkt in dem sich ImpulskäuferInnen von nicht-ImpulskäuferInnen unterscheiden ist die visuelle Aufmerksamkeit. ImpulskäuferInnen fällt es schwerer sich auf einzelne Produkte zu konzentrieren, die sie besorgen wollen. Sie schauen sich mehr um. Und, wenn man mehr tolle Produkte sieht ist es auch wahrscheinlicher, dass man mehr kauft.

Kann man es trainieren oder üben Impulskäufe besser zu verhindern?

In unserem Arbeitsbereich gehen wir gerade unter anderem genau dieser Frage nach. Wir haben ein Training entworfen, dass ImpulskäuferInnen dabei unterstützen soll ihr Einkaufsverhalten zu kontrollieren. Im Wesentlichen baut es darauf auf Hinweisreize zu identifizieren, die einen Impulskauf vorausgehen. Diese Hinweisreize werden dann in “Wenn, dann” Sätzen mit alternativen Handlungsweisen verknüpft. An einem einfachen Beispiel, das nicht mit einkaufen zu tun hat, wird das vielleicht etwas verständlicher.

Angenommen wir wollen etwas für unsere Gesundheit tun (z.B. uns mehr bewegen). Wir verinnerlichen uns den Satz “Immer wenn ich einen Aufzug sehe, dann nehme ich die Stiegen”. Zum Beispiel schreiben wir den Satz für eine Woche jeden Morgen auf einen Zettel. Das führt dazu, dass wenn wir vor dem Aufzug im Büro stehen uns automatisch entscheiden die Stiegen zu nehmen. In diesem Moment denken wir gar nicht darüber nach, sondern machen es einfach.

Es gibt verschiedene Techniken und Hilfen die einen dabei unterstützen können weniger Impulskäufe zu tätigen:

– Die gute alte Einkaufsliste: Sie hilft uns sich auf das nötige zu konzentrieren. Tatsächlich weißen erste Studien in usnerem Arbeitsbereich darauf hin, dass durch das Schreiben einer Einkaufsliste die Aufmerksamkeit fokusiert werden kann. Auch ImpulskäuferInnen schauen sich dadurch weniger um.

– Nicht erschöpft einkaufen gehen: Um Versuchungen widerstehen zu können benötigen wir Selbstkontrollressourcen. Diese sind bei allgemeiner Erschöpfung (z.B. nach einem langen und harten Arbeits- oder Studientag) geringer.

– Nicht hungrig einkaufen gehen: Wenn wir hungrig sind schreit unser biologisches System nach Essen. Es wirken also mehr Dinge ansprechend und anregend.

– Mit Bargeld bezahlen: man behält eher den Überblick über seine Ausgaben. Außerdem fällt es schwerer sich von Bargeld zu trennen als einfach eine Karte in ein Gerät zu stecken.

Führen Sie Ihre Forschungsarbeit, in diesem Gebiet, nach dieser Studie noch weiter?

Wie vielleicht schon aus den anderen Antworten hervorgegangen ist, führen wir unsere Forschung in diesem Bereich fort. Es gibt noch viele offene Fragen in diesem Bereich. Beispielsweise wann führt ein Spontankauf zu Freude und wann bereuen wir diesen im Nachhinein. Oder was können wir tun, um die Selbstkontrolle von Impulskäufern zu verbessern? In welchen Kaufsituationen ist es vielleicht sogar gut sich auf sein spontanes Bauchgefühl zu verlassen und spontan zu kaufen?

Quellen:
Text: Uni Wien
Foto oben: Benjamin Serfas

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