Achtsamkeit
Achtsamkeit
Schult Achtsamkeitstraining nachhaltiges Verhalten?
Dieser Artikel wurde am 9. August 2017 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Mit der Achtsamkeit wurde, wie so oft, ein uraltes Konzept entdeckt und neu aufgelegt. Bücher und Seminare schwemmen auf den Markt, wie man mit Achtsamkeitstraining, etwa Yoga und Meditation, Stress reduziert, das Wohlbefinden fördert und die Konzentrationsfähigkeit steigert. Nun möchte ein Forscherteam mit dem Projekt Bildung für nachhaltigen Konsum durch Achtsamkeitstraining (BiNKA) herausfinden, ob die Schulung der Achtsamkeit auch nachhaltiges Konsumverhalten fördern kann.

Fördert Achtsamkeit nachhaltigen Konsum?

Mit Achtsamkeit soll die sogenannte Einstellungs-Verhaltens-Lücke überwunden werden. Diese beschreibt, dass das Umweltbewusstsein und das Wissen um die nötigen Umstellungen zwar oftmals vorhanden sei, das tatsächliche Handeln davon aber abweiche. Bisherige Ergebnisse der Achtsamkeitsforschung weisen darauf hin, dass Achtsamkeit das Bewusstsein für zentrale Werte und Einstellungen fördere und das eigene Handeln daraufhin in die Richtung beeinflusse, dass es sich immer mehr mit den eigenen Überzeugungen decke. In anderen Worten: die Einstellungs-Verhaltens-Lücke könnte verringert werden.

Wissenschaftler der TU Berlin, der Leuphena Universität Lüneburg, des Europäischen Zentrums für Achtsamkeit und des Instituts für Achtsamkeit und Nachhaltigkeit Berlin erforschen, wie man den Zusammenhang zwischen Achtsamkeit und nachhaltigem Konsumverhalten beschreiben und messen kann. In zwei Unternehmen, einer Schule und einer Hochschule wurde mit 240 Teilnehmern ein neu entwickeltes Achtsamkeitstraining durchgeführt und Anleitungen zum eigenständigen Training mit auf den Weg gegeben. Im Anschluss wird der Effekt des Trainings auf das Konsumverhalten und einzelne Parameter wie materielle Werte, persönliche Verantwortung und Mitgefühl in Interviews und Fragebögen untersucht. Man erhofft langfristig, sich mit einem gezielten Training der Achtsamkeit kognitive, emotionale und spirituelle Verhaltensvoraussetzungen für nachhaltigen Konsum fördern zu können. Das Projekt soll 2018 abgeschlossen werden.

Kommentar

Man kann es ja mal selbst ausprobieren: Hilft regelmäßiges Meditieren beim Mülltrennen? Macht Yoga empfänglich für Second-Hand-Produkte? Ich persönlich finde das Projekt hoch interessant und glaube auch, dass Achtsamkeitstraining das Handeln nach eigenen Überzeugungen stärken kann. Ich glaube nur, dass die grundsätzliche Überzeugung der Menschen zum nachhaltigen Konsum nicht grundlegend beeinflussbar und durch Achtsamkeitstraining veränderbar ist.

Für ein Nachhaltigkeitsprojekt interviewte ich mal den Besitzer eines Bio-Supermarktes. Er erzählte mir, dass sich die Kundschaft in den letzten 20 Jahren gewandelt hätte: Wären es früher noch Ökos im eigentlichen Sinne gewesen, seien es mittlerweile “Wellness-Kunden, die mit dem Porsche vorfahren”. Es ginge da mittlerweile mehr um das eigene Wohlbefinden und die eigene Gesundheit als um Umweltaspekte. Gut, es ist nur eine Momentaufnahme, eine Beobachtung von vielen. Die Wahrheit liegt ja oftmals dazwischen.

Ich denke: Achtsamkeit kann bestimmt eine Wirkung auf das Verhalten haben, aber die innere Einstellung hat wohl auch eine Wirkung auf die Wirkung von Achtsamkeit …  Das Ergebnis wird vielleicht in die Richtung gehen: Achtsamkeitstraining kann die Einstellungs-Verhaltens-Lücke verringern – bei denen, die bereits eine positive Einstellung zum nachhaltigen Konsum haben. Das wäre ja schon mal was. Wir dürfen gespannt sein!

Hier gibt es Informationen zum Projekt: www.achtsamkeit-und-konsum.de

Quellen:
www.achtsamkeit-und-konsum.de
TU Berlin: Meditierend den Planeten retten. Pressemitteilung vom 18. Juli 2017. http://www.pressestelle.tu-berlin.de/menue/tub_medien/publikationen/medieninformationen/2017/juli_2017/medieninformation_nr_1192017/ (zuletzt geöffnet: 7. August 2017).
Titelbild: Copyright Martina Liel

Martina Liel ist Germanistin (M.A.) und arbeitet seit 2009 als freie Texterin und Autorin mit den Schwerpunkten Nachhaltigkeit und Healthcare. Seit 2013 bloggt sie über ein Leben mit Endometriose, einer chronischen Erkrankung, bei der ein nachhaltiger und gesunder Lebensstil eine wesentliche Rolle spielt. Ihr Buch “Nicht ohne meine Wärmflasche – Leben mit Endometriose” ist im März 2017 erschienen.