Neben Kohle, Öl und Trinkwasser geht uns nun der Sand aus.
Dieser Artikel wurde am 13. Januar 2016 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Kommt es zum Thema knapper werdende Ressourcen, denkt man nun wirklich nicht an Sand. Und doch ist es so, dass Sand neben Wasser der weltweit meist verbrauchte Rohstoff ist. Man braucht ihn etwa zum Bauen, zur Produktion von Glas oder als Inhaltsstoff für Hygiene- und Kosmetikprodukte. Wo liegt aber das Problem? Ganze Wüsten sind voll mit Sand! – Leider eignet sich gerade der nicht zum Bauen. Die Sandkörner der Wüsten sind zu glatt. Begehrt ist daher der Meeressand. Durch die steigende Nachfrage gibt es mittlerweile regelrecht “leergefegte” Strände. Die Sandförderung aus dem Meer zerstört ganze Ökosysteme.

Sandabbau hat verheerende ökologische Folgen

15 Milliarden Tonnen Sand werden jährlich weltweit abgebaut. Er landet in Beton, Glas, Computerchips, Papier, Putzmittel, Zahnpasta, Kosmetika und vielen anderen Alltagsprodukten. Vor allem Meeressand eignet sich ideal zur Herstellung von Beton. Zement haftet besonders gut an den unregelmäßig geformten Sandkörnern. Zum Abbau von Meeressand rollen riesige Saugbagger heran, deren Rüssel bis zu 150 Meter tief reichen. Ganze Strände wurden schon leergebaggert, wie beispielsweise in Marokko geschehen.

Die Saugbagger hinterlassen tiefe Löcher im Meeresboden. Aufgewirbeltes Sediment setzt sich ab, wo es nicht hingehört. Die Ökosysteme in den verschiedenen Schichten des Meeres reagieren empfindlich auf diesen Eingriff von Außen. In Saudi-Arabien beobachteten Wissenschaftler, wie ein ganzes Korallenriff durch das vom Sandabbau verursachte Fremdsediment abgestorben ist. Aus anderen Regionen ist bekannt, dass Algen und Seegräser durch die Sandschichten ersticken.

Dort, wo der Sand vom Meeresboden abgetragen wurde, ist bald kein Leben mehr. In der Andaman-See vor Thailand sind regelrechte Mondlandschaften unter Wasser zu sehen. Schnecken, Würmer und kleine Krebse sind in diesen Regionen nicht mehr zu finden. Und da sie die Nahrungsgrundlage für Fische bilden, wandern diese in andere Regionen ab. Am Ende dieser Kettenreaktion stehen die Fischer, die in ihren Gebieten nichts mehr fangen.

Sand ist für uns keine nachwachsende Ressource

Sand

Sand ist zerkleinertes Gestein. Er entsteht fortwährend durch natürliche Erosion. Doch es dauert schon mal mehrere zehntausend Jahre, bis so ein Gesteinsbrocken vom Wind zermahlen wird, eine Zeitspanne, die unseren Bedürfnissen an erneuerbaren Ressourcen nicht gerade entgegenkommt. Und da, wo Sandnachschub zu erwarten wäre, haben wir ihn durch künstliche Eingriffe gestoppt. Stauseen und Flussbegradigungen haben zur Folge, dass rund die Hälfte des von Flüssen mitgeführten Sandnachschubs nie das Meer erreicht.

Der Sand wird knapp, die Nachfrage steigt. Da bleibt es nicht aus, dass auch der Sandpreis steigt. Die künstlichen Inselwelten von Dubai wurden mit gekauften Sand aus Australien aufgeschüttet. Im Nordosten von Australien, an der Küste vor Brisbane, liegt die wohl größte Sand-Abbaustelle für Meeressand. Der Sandexport bringt dem Land jährlich fünf Milliarden Dollar ein.

Es herrscht regelrechter Sand-Raubbau

Was leider auch nicht ausbleibt, wenn Preise steigen: kriminelles Potenzial. Es herrscht ein regelrechter Sand-Raubbau. Vor allem in Regionen der Erde, die nicht einst von Gletschern bedeckt waren und man heute noch reiche Sand- und Kiesellagerstätten findet. Eine Problematik, die der französische Filmemacher Denis Delestrac 2013 mit seiner Dokumentation “Sand – Die neue Umweltzeitbombe” aufgriff (Video unter: https://vimeo.com/137977349). Dank dieses Filmes setzte die Umweltbehörde der Vereinten Nationen die Sandkrise auf ihre Agenda.

Gibt es Lösungsansätze für die Problematik des Sand-Abbaus? Eine Alternative ist das Recycling von Bauschutt. In Deutschland etwa werden 90 Prozent des Abbruchmaterials wiederverwendet. Doch hier greift wieder eine andere Problematik: Die Wiederaufbereitung des Bauschutts kostet Geld und ist wahrscheinlich aufwendiger, als Sand durch Raubbau zu gewinnen. Die Sandkrise ist noch lange nicht ausgestanden.

Ein kurzes Video (ca. 3 Min.) zur Problematik aus der Region Singapur:
Video: http://www1.wdr.de/fernsehen/wissen/quarks/sendungen/sand-preview-video100.html

Der ganze Artikel zur Sandkrise und Zusatzinformationen im Magazin der Helmholtz-Gemeinschaft zum kostenlosen Download.

Quellen:

Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren e.V.: Neue Ausgabe der Helmholtz Perspektiven: Das Sandvorkommen wird knapp. Pressemeldung 07. Januar 2016. http://www.helmholtz.de/ueber_uns/presse_und_medien/presseinformationen/artikel/artikeldetail/neue_ausgabe_der_helmholtz_perspektiven_das_sandvorkommen_wird_knapp/ (zuletzt aufgerufen: 13.01.2016).

Mareike Knoke: Von wegen „Wie Sand am Meer“. Helmholtz Perspektiven – Das Magazin der Helmholtz-Gemeinschaft. Nr. 01, Januar–Februar 2016. Kostenloser Download unter: http://www.helmholtz.de/ueber_uns/presse_und_medien/helmholtz_perspektiven/.

Bilder:
Titel: ©Martina Liel
Sand rieselt durch Hand: Forrest Cavale – unsplash.com/CC0 1.0