In unserer neuen sechsteiligen Serie beschreibt Umwelt-Experte Franz Alt, wie wir Alternative Energien nutzen, die Umwelt schonen und Millionen neue Jobs schaffen können.
1. Sind wir noch zu retten?
Anna Holzamer macht sich Sorgen um ihre Zukunft. Das hat die 19-jährige Abiturientin auch ganz laut ausgesprochen: Als sie ein Praktikum beim Umweltschutzverband BUND absolvierte, wurde sie in die Talkshow von Maybritt Illner eingeladen und von der Moderatorin gefragt, was sie vom 50-Milliarden-Konjunkturpaket der Bundesregierung halte. Anna Holzamer sagte, dass diese Schulden die Zukunft ihrer Generation belasten, und wollte von den anwesenden Politiker wissen, wie sie diese Schulden und den Klimawandel gegenüber künftigen Generationen verantworten könnten? Die Abiturientin hatte sehr präzise gefragt –erhielt in der Sendung abe nur ausweichende Antworten.
Wir wollen in diesem Zukunftsreport Antworten auf die Fragen der jungen Generation von heute finden: Wo sind die Arbeitsplätze von morgen? Wie sieht die Welt durch den Klimawandel im Jahr 2050 aus? Gibt es auch in Zukunft ausreichend alternative Energien? Können wir ohne Öl und Benzin noch Auto fahren? Haben wir auch morgen noch genug Nahrung und Wasser?
Wenn wir auf diese Fragen der Jugend keine Antworten finden, könnte der soziale Frieden in Deutschland und Europa schneller vergehen als die Eisberge in der Arktis schmelzen. Noch leben wir in einem System kollektiver Verantwortungslosigkeit gegenüber unseren Kindern und Enkeln. Wenn es am Tag, an dem Sie diese Zeilen lesen, eine sozial und ökologisch realistische Tagesschau gäbe, dann müssten meine Hamburger Kollegen heute Abend unter anderem darüber berichten, dass wir auch heute wieder viele Tiere und Pflanzen ausgerottet, 86 Millionen Tonnen fruchtbaren Boden vernichtet und weit über 100 Millionen Tonnen Treibhausgase in die Luft geblasen haben. Dasselbe machen wir morgen und übermorgen, jeden Tag der nächsten Woche und des nächsten Jahres. An einem Tag verbrennen wir heute an Kohle, Gas und Öl, was die Natur in einer Million Tagen mühsam angesammelt hat. Wir verbrennen und verbrauchen die Zukunft unserer Kinder und Enkelkinder.
Deshalb wird es global immer wärmer, deshalb schmelzen die Gletscher und steigt der Meeresspiegel, deshalb nehmen die Stürme zu, und immer mehr Menschen müssen als Klimaflüchtlinge ihre Heimatländer verlassen. Die UNO schätzt, dass bis 2020 etwa 200 Millionen Menschen als Umweltflüchtlinge über unseren Planeten irren werden. Schon heute ist es global wärmer als je zuvor in den letzten 450.000 Jahren. Doch bis 2100 könnte es nochmal um vier bis acht Grad wärmer werden, prophezeien die Wissenschaftler – wenn wir alles verbrennen, was heute noch im Boden ist. Sind wir noch zu retten? Kann Anna Holzamer und ihre Generation noch auf eine gute Zukunft hoffen?
Viele Eltern-Generationen wünschten bisher: „Unsere Kinder sollen es einmal besser haben als wir“. Ist solch ein Elternwunsch heute überhaupt noch realistisch? Oder müssen die jungen Leute erst eine „68-er Revolution“ anzetteln, bis die heute Verantwortlichen endlich aufwachen? Schließlich haben wir diese Welt nicht von unseren Eltern geerbt, sondern sie von unseren Kindern geliehen. Und nun wollen wir ihnen als Heimat ein überhitztes Treibhaus hinterlassen? Im Treibhaus lebt es sich nicht gut. Doch noch immer gilt der Satz: Wir wissen zwar schon lange, was wir tun, doch wir tun immer noch nicht, was wir wissen.
Noch haben wir jedoch die Chance, wenigstens das Schlimmste zu verhindern. Darum soll es in diesem Zukunftsreport gehen. Die Rettungsmaßnahmen kommen zwar langsam, aber sie kommen. Darüber wird freilich deutlich weniger berichtet als über die spektakulären Katastrophen. Das Fällen eines Baumes hat eben schon immer mehr Lärm gemacht als das Wachsen eines Baumes. Fällen geht plötzlich und laut, aber Wachsen geht leise und langsam und weniger spektakulär. Doch wo Gefahr ist, wächst ja bekannt bekanntlich das Rettende auch.
© Franz Alt | www.sonnenseite.com
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