Hochspannungsleitungen
Hochspannungsleitungen
Strommaste wirken auf Melatonin im Körper.
Dieser Artikel wurde am 7. Dezember 2015 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Schon lange diskutiert man über mögliche gesundheitliche Auswirkungen von Hochspannungsleitungen auf die Gesundheit. Doch ein eindeutiger Nachweis konnte bisher nicht erbracht werden. Nun haben Wissenschaftler der Universität Duisburg-Essen (UDE) in Versuchen mit Kälbern herausgefunden, dass sich Hochspannungsleitungen auf deren Hormonspiegel auswirken, und dies in Abhängigkeit von der Jahreszeit.

Hochspannungsleitungen beeinflussen Melatonin-Konzentration bei Kälbern

Das Hormon Melatonin, besser bekannt als das “Schlafhormon”, ist für die Steuerung des Tag-/Nacht-Rhythmus des Körpers zuständig und stärkt zudem das Immunsystem. Es soll etwa gegen Krebs oder Alzheimer schützen. Bisher wurde ein Zusammenhang zwischen Leukämieerkrankungen von Kindern und deren Wohnsitznähe zu Hochspannungsleitungen vermutet, ausgelöst durch eine Unterdrückung der Melatoninproduktion durch die magnetischen Felder der Strommaste. Doch bisherige Versuche zeigten ambivalente Ergebnisse: Mal war die Melatonin-Konzentration von Versuchstieren aus der Nähe der Hochspannungsleitungen zu hoch, mal war die Hormonkonzentration aber auch zu niedrig oder blieb unverändert.

Ein Team aus Wissenschaftlern aus Deutschland, Tschechien und Belgien hat jetzt herausgefunden, dass der Melatoninspiegel von Kälbern, die in der Nähe von Hochspannungsleitungen gehalten werden, in Abhängigkeit von den Jahreszeiten schwankt. Im Winter führen die elektromagnetischen Felder dazu, dass der Hormonspiegel sinkt, im Sommer tritt der umgekehrte Effekt ein. Diese saisonale Abhängigkeit des Effekts ist eine neue Entdeckung und eine wichtige Voraussetzung für nachfolgende Versuche zu diesem Thema.

Denn die Schlussfolgerung lautet: Offensichtlich haben die magnetischen Wechselfelder der Hochspannungsleitungen einen Einfluss auf die Gesundheit und dieser ist in jedem Fall komplexer als bisher angenommen.

Erhöhtes Leukämie-Risiko bei Kleinkindern

Magnetfelder aus Stromleitungen lassen im menschlichen Körper Ströme fließen, was akut zu Herzkammerflimmern oder Lichtblitze im Auge führen kann. Geltende Grenzwerte (Stromnetz: 100 Mikrotesla, Bahnnetz: 300 Mikrotesla) sollen diese Effekte verhindern. Im Alltag ist man einem Wert von etwa 0,1 Mikrotesla ausgesetzt, in der Nähe von Hochspannungsleitungen im Schnitt etwa 0,8 Mikrotesla. Eine Hochrechnung hat ergeben, dass sich in nahen Wohnungen bei Auslastung der Stromtrassen bis zu 16 Mikrotesla ergeben könnten. Ein Wert, der noch unter dem Grenzwert liegt, jedoch haben Forscher festgestellt, dass sich das Leukämie-Risiko von Kleinkindern bereits bei etwa 0,4 Mikrotesla verdoppelt. Daher ist eine weiterführende Forschung in dem Bereich dringend notwendig.

Zur Studie:

Tereza Kolbabová, E. Pascal Malkemper, Luděk Bartoš, Jacques Vanderstraeten, Marek Turčáni, Hynek Burda (2015): Effect of exposure to extremely low frequency magnetic fields on melatonin levels in calves is seasonally dependent. Scientific Reports 5:14206.
Link: http://www.nature.com/articles/srep14206

Quellen:

Universität Duisburg-Essen: Jahreszeitlicher Einfluss auf Schlafhormon Melatonin
Wie gesund sind Hochspannungsleitungen? Pressemeldung 18.09.2015. https://www.uni-due.de/de/presse/meldung.php?id=9090 (zuletzt aufgerufen: 07.12.2015).

Christopher Schrader: Von Lichtblitzen und Leukämie – Gesundheitsrisiken durch Stromleitungen. 16.04.2015. www.sueddeutsche.de / http://www.sueddeutsche.de/gesundheit/gesundheitsrisiken-durch-stromleitungen-von-lichtblitzen-und-leukaemie-1.1938337 (zuletzt aufgerufen: 07.12.15).

Bild: © Martina Liel