Schönheit und Ästhetik haben schon lange nichts mehr mit dem zu tun, was seit Jahrzehnten die Menschen – in den Industrienationen – an „Moden“ überschwemmt. Die Industrie braucht Umsatz, also Absatz und daher muss alle 6 Monate eine neue Welle, eine neue Mode, erfunden werden. Das betrifft alle Bereiche der „Massenproduktion“, von der Kleidung, über Fahrzeuge bis hin zu Gebäuden, ja sogar Gerüchen. Über Geschmack lässt sich streiten, aber über welchen? Und was hat dieser ganze Wahnsinn mit Nachhaltigkeit zu tun, die doch im Grundsatz schon das Gegenteil von permanentem Umsatz, von „Verbrauch“ bedeutet. Der Mensch als „Verbraucher“ ist entmündigt, ist nur noch ein Glied in der Kette von Produktion, Verbrauch und Entsorgung.
„Manch einer mag Birnen, ein anderer Äpfel. Jeder sollte aber erkennen, ob ein Apfel faul ist“
Schönheit ist ein Gefühl von Harmonie. Dieses kann jedoch in der aktuellen Kakophonie nicht entstehen. Die Beliebigkeit und die Fülle von „Möglichkeiten“ überfordert die Sinne und kann schon allein dadurch kein harmonisches Gefühl entstehen lassen. Gerät ein Begriff, wie Schönheit in die Hände von „Denkern“ oder gar der Wissenschaft, kann schon Verwirrung entstehen. In den Händen der Industrie und ihren stets überforderten „Gestaltern“, die stets eine neue Mode und damit einen neuen Begriff der Schönheit erfinden müssen kann nur „Bullshit“ entstehen, grober Unfug.
„Alles Schöne ist miteinander verwandt“ hatte Platon in seiner Ideenlehre bemerkt, ob der schöne Gedanke, eine schöne – optische – Form oder ein schöner Klang. Goethe beschrieb die „Erhabenheit“ und Schiller „Anmut und Würde“ als Qualitäten der Schönheit. Letztlich Umschreibungen für das Gefühl einer vollkommenen Harmonie. Wie soll dieses aber in einer Welt entstehen können, in der der „Markt“ uns mit seinem „Output“ an Erzeugnissen überschüttet, von denen in Wahrheit kaum eines diese Kriterien erfüllt? Der Anreiz hier ist nur die endlose Suche nach dem harmonischen Gefühl, das immer wieder neu in Frage gestellt wird. Der Tod aller Moden ist eben die Schönheit, weil diese nun einmal über alle Wechsel erhaben ist.
Nachhaltigkeit ist Beständigkeit, ist Harmonie in jeder Form
Wenn Moden den „Zeitgeist“ abbilden, ist dieses ein Beweis dafür, wie verwirrt dieser ist. Ein Gefühl der Harmonie kann, ja darf nicht erzeugt werden, weil dieses ja dem Zwang zu konsumieren, also stets das Gefühl zu haben, „aus der Mode“, eben „out“ zu sein, widerspräche. Indem aus dem Menschen, der in einer intakten Gemeinschaft in einem harmonischen Verhältnis mit seiner „Mitwelt“ lebte, ein „Individuum“ gemacht wurde, das völlig auf sich allein gestellt „seinen Platz in der Welt“, seinen Weg zur „Selbstverwirklichung“, suchen muss, wurde das Band der Nachhaltigkeit zerrissen. Der Hintergrund war natürlich, verunsicherte Wesen zu erhalten, die beliebig steuerbar sind und immer „neue Wege“ beschreiten, um dabei immer neue Produkte kaufen zu müssen. Dabei wird jeder Mensch bis zum Ende seines Lebens einen riesigen Berg an Müll erzeugt haben, einen Berg von Produkten, die er kurzzeitig für schön und nützlich hielt. Ganz „nebenbei“ hat die Industrie bei der Produktion all dieses Unsinns auch noch die Mitwelt zerstört, letztlich die Lebensgrundlage auch der „Verbraucher“. Allein dieser Begriff ist schon „Bullshit“, denn jedes Wesen auf diesem Planeten sollte allenfalls etwas „gebrauchen“, in der Form von benutzen und dabei die Ressourcen erhalten, ja fördern, damit auch zukünftige Generationen noch etwas zum gebrauchen vorfinden. Gegenwärtige Generationen scheinen aber nur „verbrannte Erde“, einen ausgeplünderten Planeten hinterlassen zu wollen.
Menschen leiden unter dem Heimweh nach der Harmonie
Wie sehr die Menschen unter dem Verlust der Schönheit, also der noch im „kollektiven Gedächtnis“ gespeicherten Harmonie leiden, zeigt der tägliche Blick in die Medien. Wir alle suchen eine Gemeinschaft, eine Gruppe, in der wir uns „beheimatet fühlen können“. In dieser können wir dann wieder ein gemeinsames Gefühl von Harmonie empfinden, welches dann natürlich noch auf die Mitwelt auszudehnen gilt. Da gibt es dann eine Vielzahl von „Rattenfängern“, die dieses versprechen, ob als Neonazis, Islamisten, Christen oder Scientologen. Ihre Versprechen nach einer Harmonie, einer harmonischen Heimat locken die verwirrten Menschen und veranlassen diese, sich über alle Skrupel hinweg, diesem Ziel zu verschreiben. Und bezeichnenderweise identifizieren sich all diese „Gemeinschaften“ auch über eine gemeinsame „Mode“, die dann natürlich unabhängig ist, von den steten Wechseln der Saison.
Dieses alte Heimweh ist die große Wunde in der Seele der Menschen, in die jeder Heilsprediger seine – in der Regel unsinnigen – Versprechen nach Heilung legen kann. Statt sich zu vereinigen und als Weltbürger eine nachhaltige Zukunft zu gestalten, zerfällt die Weltgemeinschaft gerade in immer kleinere Gruppen und Grüppchen.
Letztlich liegt die Hoffnung aber in diesen kleinen Gruppen, jenen überschaubaren Gemeinschaften, die in der Lage sind, Nachhaltigkeit zu wahren. Diese können aber nur „in Frieden leben“, wenn sie sich von dem steten Druck befreien können, den das gegenwärtige globale System des „freien Marktes“ auf alle Menschen ausübt. Ohne die Sucht nach Öl und all den anderen „Bodenschätzen“, also industriellen Rohstoffen, wäre aller Zündstoff aus allen globalen und lokalen Konflikten genommen. Wenn alle regionalen Gemeinschaften nachhaltig in ihrer Mitwelt leben und „wirtschaften“, können sie sich auch untereinander völlig entspannt austauschen und „handeln“.
Dazu brauchen sie aber – nur – eine Heimat, in einem harmonischen Verhältnis mit allen „Beteiligten“, eben „all meinen Verwandten“, wie es die „Naturvölker“ nennen. Dazu müssen wir nur das industrielle Wirtschaftssystem ablegen, mehr nicht.