Dieser Artikel wurde am 20. März 2012 veröffentlicht und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!Die Stadtwerke München wollen bis 2025 den gesamten Strom und bis 2040 die gesamte Wärme in ihrem…
Dieser Artikel wurde am 20. März 2012 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Die Stadtwerke München wollen bis 2025 den gesamten Strom und bis 2040 die gesamte Wärme in ihrem Fernwärmenetz aus erneuerbaren Energien erzeugen. Ein nachahmenswertes Vorbild für alle Städte.

 

Kostenlose Wärme und Strom aus Mutter Erde

 

Aus mindestens 16 Geothermiekraftwerken wird die Millionenstadt München in 2040 Wärme beziehen, die abgesehen von der Erstellung der Bohrungen und der Kraftwerke, sowie der zusätzlichen Fernwärmeleitungen kostenlos in bis zu 4000m Tiefe bereit steht. Im Unterschied zu Basel, wo kein Thermalwasser zur Verfügung steht, kann München einen Thermalwasserfluß unter der Stadt anzapfen, der bis zu 140 Grad heißes Wasser führt. Seit 7 Jahren hat die Stadt damit bereits einen Teil der Wärme im Netz gedeckt. Nun soll das gesamte Netz klimafreundlich beheizt werden. Dazu wird dieses mit 800 Kilometern Länge bisher bereits besonders umfangreiche Netz um weitere 100 Kilometer verlängert und weitere 120.000 Wohnungen mit Wärme versorgen können. Die dafür aufzuwenden 200 Millionen Euro sind mit diesem Konzept sehr schnell amortisiert.

Bisher kam die Wärme in München – wie in früheren Zeiten in vielen deutschen Städten – von den Stadteigenen Kraftwerken, deren Abwärme intelligenter weise nicht in die Luft geblasen wird. Allein schon mit diesem System spart die Stadt im Jahr 450 Millionen Liter Heizöl oder 1,1 Millionen Tonnen CO2 ein.

Neben der Wärme liefert ein Geothermiekraftwerk auch noch Strom. Das 140 Grad heiße Wasser kann ja nicht einfach in das Heißwassernetz eingeleitet werden. Statt das Wasser auf die Normtemperatur von rund 90 Grad zu kühlen wird diese Energiedifferenz in Dampfturbinen in Strom umgewandelt.

 

Das „Münchner System“ eignet sich für alle Städte

 

Neben den anderen „grünen“ Wärmequellen Biomasse und Restmüll ist die Wärme aus der Tiefe bisher in Deutschland noch viel zu wenig genutzt. Dabei ist die Wärme in unserer Erde überall vorhanden und auch an jedem Ort nutzbar. Die Hemmungen, diese kostenlose und unerschöpfliche Energiequelle zu nutzen, sind offenbar archaischer Natur. Manche Menschen fürchten es, in die heiße Tiefe unter ihren Füßen vorzustoßen.

Thermalwasser und heißes Gestein sind aber gefahrlos und sauber zu nutzen, wie tausende Beispiele auf der ganzen Welt zeigen. Auch ein versiegen dieser Quellen ist ausgeschlossen, weil die Wärme im Bauch unseres Planeten nicht verschwinden wird. Und vulkanische Quellen müssen ja nicht angezapft werden, obwohl auch das möglich wäre.

Je nach der örtlichen Situation wird man vorhandenes heißes Wasser oder eben das heiße Gestein in der Tiefe als Energiequelle anzapfen. In Basel und Hannover hat man zum Beispiel erfolgreich Energie aus bis zu 200 Grad heißem Tiefengestein gewonnen. Dieses „Hot-Dry-Rock“- genannte Verfahren besteht aus 2 Bohrlöchern, die direkt in eine Gesteinsschicht in 4000m (Hannover) oder bis zu 5000m (Basel) Tiefe gebracht wurden. In eines der Löcher wird Wasser unter Druck eingepumpt, dass sich – zuerst mit einem leichten „Ruckeln“ – über feine Risse im Gestein dort verteilt und als heißer Dampf in dem zweiten Loch an die Oberfläche gelangt. Die Erde wird hier als „Durchlauferhitzer“ genutzt.

In München, wie auch in den vielen alten Anlagen in den neuen Bundesländern (die allerdings bis auf eine alle stillgelegt wurden, um dort Heizöl und Erdgas verkaufen zu können) ist man auf besagtes Thermalwasser gestoßen und kann dieses direkt nutzen.

 

Eine saubere, billige und einfache Energiequelle

 

Abgesehen von den genannten irrationalen Ängsten und Sorgen vor den Anfangsinvestitionen gibt es keinen vernünftigen Grund, nicht alle Städte auf diese Art mit Energie zu versorgen. In der Fläche ist dann mit eher kleineren Anlagen, zum Beispiel mit Biomasse zu arbeiten, weil ein Geothermiekraftwerk nun einmal Wärme für mindestens 20.000 Haushalte liefert. Da würden die Leitungen auf zu langen Strecken ungenutzt diese Wärme zu schnell „vernichten“.

Je nach System der Anlage wird mit Geothermie immer Wärme und Strom erzeugt. Da bisher Dampfturbinen maximal 40% der eingesetzten Energie in Strom umwandeln (Kalina-Verfahren), kann hier noch mit Erfindergeist die Effizienz gesteigert werden. Ohnehin ist im Sommer, wenn weniger Wärme genutzt wird, der Stromanteil höher. Immerhin kann bei diesen Anlagen eine Grundversorgung sicher gestellt werden. Natürlich könnte auch die Turbine jederzeit „übergangen“ und damit der Strom „abgeschaltet“ werden. Dann würde die überschüssige Wärme gekühlt werden müssen. Eine Verschwendung, wie wir sie zurzeit in allen konventionellen, fossilen Anlagen erleben ist das allerdings nicht. Die Energie ist immer und im Überfluss vorhanden.

Es wird also in absehbarer Zeit sicher weiter Optimierungen in der Nutzung dieser „geschenkten“ Energie geben, wie neuartige Verfahren zur Nutzung von Wärme bis zu 60 Grad.

 

Ist der Wärmebedarf gedeckt, steht auch genug Strom bereit

 

Im Konzert mit Kraft-Wärme-Anlagen, die andere regenerative Quellen, wie Biomasse oder Müll einsetzen, können Stadtwerke und genossenschaftliche Dorfanlagen in längstens 20 Jahren den gesamten Wärmebedarf in Europa decken. Der Bedarf an Wärme beträgt in den Industriestaaten etwas mehr als 50 Prozent. Der Anteil des Stroms liegt nur bei rund 20 Prozent, ist also wesentlich geringer, weshalb der hektische Hype um Stromlücken und Kernkraftersatz so unverständlich ist. Dieses bisschen Strom liefern die intelligenten Wärmekraftwerke nämlich automatisch jederzeit mit, beliebig regelbar und jederzeit in ausreichender Menge.

Werden in Zukunft noch Fahrzeuge mit Elektroantrieb genutzt, was zumindest innerstädtisch sogar sinnvoll sein kann, ist deren Strombedarf ohnehin schon gedeckt, wie auch der elektrischer  öffentlicher Nahverkehrssysteme. Erst wenn alle Fahrzeuge elektrisch betrieben würden – was offenbar außerordentlich utopisch ist – könnte das eine oder andere Windrad in die Landschaft gestellt oder ein ökologisch sicheres – fischfreundliches und methanblasenfreies – Wasserkraftwerk in Betrieb genommen werden.

Das dieser einzig sinnvolle, nachhaltige, weil ökonomisch, ökologisch und sozial optimale Weg bisher noch nicht mit äußerstem Nachdruck beschritten wird, zeigt, wie chaotisch und nicht zielführend der Weg in die Energiewende zurzeit leider immer noch gegangen wird. 

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