Wurzelgemüse
Wurzelgemüse
Man kann den Halt im Leben auf unterschiedliche Weise finden – manchmal sogar am Teller.
Dieser Artikel wurde am 18. Oktober 2019 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Ich weiß nicht, ob es am Alter liegt oder an etwas anderem, aber mit der Zeit finde ich immer mehr zurück zu den Wurzeln. Auf dem Teller nämlich: Winterspargel, Pastinake und Co. Gut versteckt unter der Erde, meist unförmig, runzelig, manchmal haarig und steinhart. Nicht unbedingt das, was man sich in Zeiten, in denen sogar die Krümmung der Gurke genormt wird, von seinen Lebensmitteln erwartet. Und doch werden Wurzelgemüse wieder mehr gewürdigt und finden den Weg zurück auf unsere Teller. Wieso das so ist und welche es gibt, verrate ich euch heute!

Wurzelgemüse als Nährstoffbombe

Wie schon erwähnt ist es beim Wurzelgemüse selten die äußere Erscheinung, die sie attraktiv macht. Dafür sind die inneren Werte umso besser: sie sind reich an Vitaminen, Mineral-, Ballast- und sekundären Pflanzenstoffen. Tatsächlich gelten sie seit jeher als eine der wichtigsten Nahrungsquellen. Pflanzen speichern essenzielle Inhaltsstoffe in den Wurzeln, die dadurch eine sehr hohe Nährstoffdichte haben. 

In der traditionellen Heilkunde wird den Wurzelgemüsen eine wärmende Wirkung attestiert, was sie zum idealen Essen für Frostbeulen wie mich macht. Es gibt außerdem die These, dass man Wurzelgemüse essen sollte um seine eigenen Wurzeln und besseren Halt im Leben zu finden. 

Wurzelgemüse
Fotocredit: Eka Sariwati auf Unsplash

Sorten von Wurzelgemüse

Bei gewissen Genüssen, die ich hier aufzähle, handelt es sich streng genommen nicht um die Wurzeln selbst, sondern um deren knollige Auswüchse beziehungsweise um Speicherknollen. Sie schmecken allerdings trotzdem und enthalten viele Nährstoffe. 

Schwarzer Rettich

Auch Winterrettich genannt ist er der “scharfe Bruder” des weißen Rettichs, der etwas milder schmeckt. Dank des Biobooms wird er nun wieder vermehrt angebaut, denn er ist reich an Mineralstoffen, Vitamin A, C und E, sowie an ätherischem Öl und Senfölglykosiden. Er wirkt reinigend, schleimlösend, antibakteriell und beruhigend. Als Hausmittel gegen Husten kann man ihn mit Zucker ansetzen. Am besten schmeckt er roh mit etwas Salz (um die Schärfe zu mindern), aber auch gekocht oder eingelegt ist er sehr gut (milder und rübenähnlicher)

Pastinake

Im römischen Reich war die Pastinake heiß begehrt und wurde dann zur Zeit der Inquisition in den Schweinetrog verbannt. In jüngerer Zeit hat sie sich vor allem als Babybrei etabliert, wahrscheinlich weil das cremeweiße Fleisch süßlich, leicht nussig schmeckt. Sie ist außerdem leicht bekömmlich und reich an Mineralstoffen wie Kalium und B-Vitaminen. Die Wurzeln sind gekocht, gebraten, püriert oder sogar roh ein Genuss. (Pst: eine besonders tolle Kombi sind karamellisierte Pastinaken mit Kumquats)

Schwarzwurzel

Der sogenannte “Winterspargel” hat ein zartes, süßliches Aroma und wertvolle Inhaltsstoffe wie Inulin, Eisen und Kalzium. Trotzdem wird sie nur selten aufgetischt, da der Umgang damit etwas heikel ist: sie enthalten Milchsaft, was sie für Verletzungen und Verfärbungen empfindlich macht. Am besten legt ihr die geschälten Wurzeln gleich in Zitronenwasser und tragt zum Putzen Gummihandschuhe. Schwarzwurzeln harmonieren am besten mit Eiern und Blauschimmelkäse, schmecken aber auch “pur” als Gemüse oder in Suppen.

Petersilwurzel

Petersilie als Suppenkraut  und auch der gesundheitliche Nutzen sind weithin bekannt. Die Kraft der Petersilwurzel ging irgendwo im Laufe der Geschichte verloren – Kaiser Karl der Große befahl sogar per Dekret den Anbau der würzig-herben Winterdelikatesse. Sie enthält viel Vitamin C, Kalzium und ätherische Öle. Geschält und gerieben sind Petersilwurzeln als Rohkost quasi ein Geheimtipp. Gedünstet schmecken sie als Beilage oder püriert als Suppe.

Maniok

Für über 500 Millionen Menschen ist Maniok eine der wichtigsten Nahrungspflanzen überhaupt. Sie ist äußerst widerstandsfähig und bereichert die Böden mit Nährstoffen. In den meisten lateinamerikanischen Ländern werden die Wurzeln ähnlich wie Kartoffeln zubereitet, denn roh sind sie giftig. In Afrika schätz man sie als Bobolo, eingewickelt in Palmblätter. Das Mehl lässt sich wie Weizenmehl verwenden und ist daher eine gute Alternative bei Zöliakie. Auch Tapioka – Stärkekügelchen zum Binden von Saucen und Süßigkeiten – wird aus der getrockneten Wurzel hergestellt.

Knollensellerie

Die große, knorrige Wurzel schützt sich mit einer dicke, grünen Schale. Darunter liegt frische, würziges Fruchtfleisch, welches einen hohen Anteil an ätherischen Ölen enthält. Außerdem Calcium, Eisen und andere Vitamine. In den letzten Jahren haben sich bei Züchtungen die “schneeweißen” Sorten durchgesetzt, was leider auf Kosten des Geschmacks geschieht. Denn die geschmacksgebenden Öle sind vor allem in den gelblichen Flecken eingelagert.

Süßkartoffel

Süßkartoffeln gelten als besonders gesundes Gemüse und das nicht ohne Grund. Ihren Namen haben sie zwar wegen ihres süßen Geschmacks, enthalten aber trotzdem nur sehr wenig Zucker. Dafür umso mehr Vitamine, wie Vitamin A, E und Beta Carotin. 

Das ist natürlich keine vollständige Aufzählung, es gibt noch viel mehr Sorten an Wurzelgemüse. Zum Beispiel Zwiebeln, Karotten, Radieschen, Kohlrabi oder Ingwer… alle auch sehr gesund und wohl in jeder Küche zu finden.

Wurzelgemüse
Fotocredit: Jasmine Waheed auf Unsplash

Wurzelgemüse in der Praxis

Wurzelgemüse sind sehr robust und gedeihen auch hierzulande sehr gut. Aufgrund der festen Struktur und dem geringen Wasseranteil eignen sie sich auch gut für die Lagerung. Dabei solltet ihr beachten, dass der Lagerort kühl, dunkel und möglichst feucht ist. Ein Kühlschrank oder ein feuchter Keller sind somit ideal.

Wurzelgemüse dominieren im Winter das nachhaltige, regional-saisonale Gemüserepertoire. Früher wurde mit dem Gemüse hauptsächlich Mus gekocht. Heute werden Wurzelgemüse nach und nach auch von den Spitzenköchen wieder entdeckt und es gibt verschiedenste, leckere Kreationen.

Es gibt die These, dass man Wurzelgemüse essen sollte um seine eigenen Wurzeln und besseren Halt im Leben zu finden. Neben den gesundheitlichen Vorteilen kann es also auch aus emotionaler Sicht sinnvoll sein, dem Wurzelgemüse eine Chance zu geben. (Über die Bedeutung von Wurzelgemüse in der Paleo Ernährung habe ich übrigens hier schon einmal geschrieben.)

Quellen:
Oliv Magazin, 01/2019, Stephanie Riedi, “Zurück  zu den Wurzeln”
Arche Noah Magazin, 3/2019, Michaela Arndorfer, “Scorzo Nero – Die Schwarzwurzel”
Utopia.de, 31.Mai 2017, Sven Christian Schulz, “Süßkartoffel: so gesund ist die Superknolle
Planet Wissen, Sabine Kaufmann, “Wurzelgemüse – Tipps zum Lagern
Essen und Trinken, “Knollensellerie