Dieser Artikel wurde am 21. Juni 2014 veröffentlicht und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!Allein im Jahre 2013 waren – oder besser sind noch heute – über 50 Millionen Menschen auf…
Dieser Artikel wurde am 21. Juni 2014 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Allein im Jahre 2013 waren – oder besser sind noch heute – über 50 Millionen Menschen auf der Flucht. In der Zeit von 1939 bis 1950 waren es weltweit „nur“ 30 Millionen. Laut UN werden in naher Zukunft vom Klimawandel bis zu 2,7 Milliarden Menschen negativ betroffen, also möglicherweise vertrieben werden. Die Welt ist derweil damit beschäftigt, die „Wirtschaft anzukurbeln“, für „wirtschaftliches Wachstum“ zu sorgen – oder aktuell die Fußballweltmeisterschaft zu gewinnen. Die Not und die Wut der Mehrheit auf diesem Planeten nehmen massiv und rasant zu, das Ausmaß ist nicht abzusehen.

http://www.spiegel.de/politik/ausland/uno-so-viele-fluechtlinge-wie-seit-dem-zweiten-weltkrieg-nicht-mehr-a-976299.html

http://www.uno-fluechtlingshilfe.de/fluechtlinge/zahlen-fakten/weltfluechtlingszahlen-2013.html

 

 

Heimatvertrieben, warum und von wem?

 

 

„Heimat ist „heile Welt“ und nur in der Dreiheit von Gemeinschaft, Raum und Tradition zu finden, denn nur hier werden die menschlichen Bedürfnisse nach Identität, Sicherheit und aktiver Lebensgestaltung in einem kulturell gegliederten Territorium befriedigt“(Ina-Maria Greverus 1979; Volkskundlerin und Kulturanthropologin). „… Und wie weiß man denn, für welchen Erdkloß man geboren, wenn man’s für den nicht ist, auf welchem man geboren?“ (Gotthold Ephraim Lessing: Nathan der Weise).

In Wahrheit ist “Heimat” das wohl erste “Engramm”, das wie ein Stempelabdruck physiologisch im Gehirn, als Gefühl aber in der Seele eines Menschen gespeichert wird. Im Moment der Geburt entsteht eine „energetische Konstellation“, deren einer Teil der betreffende Mensch, deren andere Teil-nehmer die gesamte Umgebung des „Geburtsorts“, die Mitwelt ist. Diese Prägung ist erst einmal bestimmend für das grundsätzliche Lebensgefühl. Versuche, dieses nun zu „ordnen“ in Schachteln zu verpacken, scheitern schnell an den jeweiligen Ansätzen. Will man zum Beispiel in Mitteleuropa verschiedene „Völker“ in spezifischen „Kulturarealen“ definieren, wird schon übergangen, dass allein bis zu 500 germanische „Stämme“ hier siedeln oder siedelten, von den Adrabäcampen bis zu den Zumer. Diese gehören dann nicht einmal zu den „Indigenen“ also ursprünglich ansässigen Gruppen, von denen es in Europa auch wieder Hunderte gibt, von den Abasinen bis zu den Sorben.

Überhaupt keinen Bezug zu all diesen Menschen haben jedoch die „Nationalstaaten“ oder „Volksgemeinschaften“. Diese wurden – mit Beginn der Industriegesellschaft und damit des Imperialismus – erfunden oder erkämpft, als Wirtschaftsräume, definierte Rohstoffbeschaffungs- oder Produktionsräume. Mit „Heimat“ hat das alles nie etwas zu tun gehabt. Im Gegenteil. Diese willkürliche  Abgrenzungen von Gebieten, über alle Zusammengehörigkeiten oder gar „Nutzungsräume“ von nomadisierenden Gruppen hinweg hat Heimat zerstört und genau die Probleme geschaffen, die heute zu den blutigen erneuten Vertreibungen und Kriegen führen.

 

 

Auch der „Mensch“ hat keinen Platz mehr in dieser Welt?

 

 

Der Grund für alle Probleme dieser Zeit, von der „Umweltproblematik“ bis zu den sozialen Brennpunkten, ist die Entwicklung der industriellen Wirtschaftsweise, die allen „Dingen“ ob Sandkorn, Pflanze oder Mensch nur einen Status als Produktions- oder Konsumbestandteil gewährt. Eine nachhaltige Zukunft ist unter Beibehaltung dieses Wirtschafts- und damit verbundenen Gesellschaftssystems unter keinen Umständen möglich. Rebecca Costa hatte das ebenso präzise ermittelt, wie der Bericht des Club of Rome 1972. Pankaj Mishra bringt es letztlich auf den Punkt und hat uns „westlichen Menschen“ genau das prophezeit, was nun in den letzten Jahren im Nahen Osten heranwächst. Der Sturm auf den „Westen“ beginnt an den neuralgischen Stellen der Infrastruktur, der Hauptrohstoffe. Spätestens seit 1914 werden Kriege nur noch um Rohstoffe oder Märkte geführt – im Grunde alle Kriege zuvor auch, jedoch erheblich moderater. Der ideologische oder religiöse Überbau ist dabei nur Makulatur.

Wie Europa in den kommenden Jahrzehnten mit diesem Ansturm fertig werden wird, der letztlich vielleicht die gesamte derzeitige Bevölkerungszahl übersteigen könnte, oder ob es wirklich zu der letzten großen Schlacht (Asien+Afrika gegen Europa) kommen wird, hängt entscheidend davon ab, ob es die Menschen in Europa fertig bringen, die Macht ihrer Konzerne grundsätzlich zu brechen und ebenfalls zurückzukehren, zu regionalen Strukturen. Das bedeutet letztlich natürlich die Auflösung der jetzigen Kunstgebilde der Nationalstaaten.

Noch denken Europäer grundsätzlich so, wie die Imperialisten des 19. und 20. Jahrhunderts und sind damit den so geschmähten Neofaschisten überhaupt nicht fremd. Im Dienste ihrer Konzerne haben sie überall auf der Welt Diktatoren installiert und gehalten, solange es überhaupt ging. Demokratie, Wohl der Bürger und ganz besonders „Nachhaltigkeit“ sind für Europäer Reizworte und für Konzerne der größtmögliche Unfall. Dieses System hat alles „Menschliche“ zerstört, im Dienste einer möglichst reibungslos funktionierenden Maschinerie.

Ob Kollaps – des westlichen Systems – oder Evolution wird sich in Kürze entscheiden. Ersteres wäre die Rückkehr des Faschismus mit einer vielfach größeren Zerstörungskraft, letzteres eine Rückkehr zu Intelligenz, weil die das Kriterium ist, wonach die Evolution selektiert. Hier sind die Menschen des Westens noch weit hinter Ratten, Ameisen und natürlich ihrer Vorfahren (z.B. den Bonobo-Schimpansen) zurück.

Wie eine „dumme(?)“ Stubenfliege brummen die Europäer (und ihre Abkömmlinge in den nordamerikanischen Kolonien (USA, Kanada)) permanent gegen die Scheibe, und haben den Schmerz nach 30 Sekunden vergessen, bis zum nächsten Anprall.

http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/pankaj-mishra-georg-diez-ueber-isis-a-976364.html