Die Finanzmärkte entziehen sich jedem Versuch einer Regulierung und nötigen die Staaten stets, ihre Verluste auszugleichen. Ohne jeden Skrupel spielen sie ihre universelle Macht aus. Doch letztlich beruht ihre Macht auf den Einlagen aller Bürger. Sie könnten ihnen diese Macht sofort entziehen.
Geld ist die neue Keule des Höhlenmannes
Die Finanzmärkte sind irritiert, weil in Frankreich und Griechenland ein Ruck nach Links erfolgt ist. Reiche Franzosen überlegen, ob sie nicht das Land verlassen sollten, weil der neue Staatspräsident angekündigt hat, die Steuern auf bis zu 75 Prozent zu erhöhen. Griechenland fehlen nach wie vor die Milliarden, die die Reichen dem Land einfach entzogen haben. Scheinbar kämpfen Politiker, die versuchen den Haushalt ihres Landes wieder in den Griff zu bekommen, gegen Windmühlen.
Der ziemlich überspitzt inszenierte Tatort am 06. Mai in der ARD oder auch das Buch des Italieners Alfonso Pecorelli: „Sünden der Macht“, das sich wie ein Tatsachenroman liest, beschreiben immerhin sehr eindrücklich das, was Jean Ziegler seit Jahrzehnten anprangert. Geld hat Menschen so korrumpiert, dass sie ohne Skrupel über Leichen gehen und alles daran setzen, ihren völlig unsinnigen Reichtum zu erhalten. Sie können ihr Geld wirklich nicht essen, aber der Fetisch, damit unerschöpfliche Macht zu besitzen, geistert auch in den Köpfen der anderen Menschen herum. Allein: Es ist eine fatale Illusion.
Das Geld, das an den Finanzmärkten täglich die Erde umkreist gehört – soweit es überhaupt einen Gegenwert besitzt – den Menschen, die inzwischen nicht einmal mehr darüber entscheiden dürfen, was damit geschieht. Würden sie allerdings allesamt entscheiden, dieses Geld sofort zurück zu erhalten, wäre es mit dieser zerstörerischen Macht sofort vorbei.
Glaube geht über Wissen
Die meisten Menschen glauben, dass Geld einen Gegenwert besitzt. Das ist der erste Irrtum. Wie zum Beispiel bei der Griechenlandkrise. Weigert sich das Land einfach seine Schulden zurückzuzahlen und schafft vielleicht noch den Euro ab, sind Milliardensummen einfach verpufft, das Geld wertlos.
Geld soll eigentlich einen Gegenwert in Form von Waren oder Dienstleistungen haben. Der Preis eines Gegenstandes errechnet sich aus der Arbeitsleistung der Menschen, die ihn hergestellt haben und dem Wert der Stoffe, aus denen er besteht. Am Ende stehen immer Menschen, die zum Beispiel die Rohstoffe gewonnen, ausgegraben haben, die eben nicht ihre Zeit damit verbracht haben, zu jagen oder etwas anzubauen und zu ernten.
Seit wir angefangen haben sesshaft zu werden, haben wir die Arbeitsteilung in unserer nunmehr weltumspannenden Wirtschaft immer weiter verfeinert. Letztlich ist es aber dabei geblieben, dass wir etwas zum Essen brauchen und vielleicht eine Unterkunft. Um diese Bedürfnisse zu befriedigen, haben wir das Geld eingeführt, das am Ende bei dem Landwirt ankommen sollte, der uns ernährt. Weigert der sich, dieses Geld anzuerkennen, müssen wir Hunger leiden, ist unser Geld ohne Wert. Bekommen wir für unser Automobil keinen Treibstoff mehr, ist es wertlos geworden. Gibt es keinen Strom mehr, bricht unser System bis auf die Basiselemente zusammen. Wir sollten alle wissen, wie anfällig unser gewaltiges Konstrukt ist. Wir versuchen aber krampfhaft zu glauben, dass es für alle Zeiten weiter funktionieren wird. Das für das Überleben einer Zivilisation so wichtige Gleichgewicht von Glauben und Wissen ist in eine fatale Schieflage geraten, zugunsten des Glaubens.
Daran sind bisher alle großen Kulturen gescheitert. Auch der aktuelle Bericht des Club of Rome erklärt uns nun, dass dieses Scheitern unabwendbar bevorsteht (Club of Rome: Prognose für 2052).
Wir können eigentlich selbst entscheiden, was mit unserem Geld geschieht
Solange die Menschen es noch nicht geschafft haben, diesen unsinnigen Fetisch abzuschaffen, sollten sie die Entscheidung, was mit ihrem Geld geschieht selbst treffen. Welch segensreiche Wirkung das haben kann, zeigen die Erfolge aller genossenschaftlich organisierten, oder einfach privat gestalteten Finanzsysteme. Seit 150 Jahren funktioniert das System der Volksbanken reibungslos, unabhängig von den halsbrecherischen Kapriolen der Finanzmärkte. Seit 1976 gibt es die Mikrodarlehen bei den Banken des Muhammed Yunus, seit 1983 die Grameen-Banken. Beide wurden mit dem 2006 Friedensnobelpreis geehrt. Seit 1974 wächst die anthroposophische GLS-Bank unaufhörlich, erhielt gar in 2008 einen enormen Schub (GLS = Gemeinschaftsbank für Leihen und Schenken). Seit 2010 wird sie mit dem Titel „Bank des Jahres“ ausgezeichnet.
Seit einigen Jahren nun wird das Internet genutzt, um von Mensch zu Mensch Geld zu verleihen, in so genannten Crowdfundings. Kreditsuchende beschreiben ihr Projekt und bitten um das nötige Geld. Interessierte „Investoren“ entscheiden, wem sie welchen Betrag zu welchen Konditionen leihen möchten. Die Beträge reichen von einigen tausend Euro bis zu über hunderttausend. Insgesamt wurden in 2011 über 100 Milliarden Euro weltweit auf nachhaltige Art angelegt. Kunden sind Frauen in Bangladesch, die mit einer Nähmaschine eine Näherei gründen und mittelständische Betriebe in Deutschland, die in neue Maschinen investieren wollen und von den Banken abgelehnt wurden oder einfach den Banken misstrauen. Der Erfolg gibt diesen Systemen recht. Die Ausfallrate ist hier wesentlich kleiner, als bei den etablierten Instituten, der Nutzen ungleich größer.
Es ist und bleibt unsere Arbeitskraft, mit deren Wert gehandelt wird
Zuletzt zeigen ja die Hofgenossenschaften (Aldi Adé, Tschüss E-On) bei denen die Menschen dem Landwirt im Voraus die gesamte Ernte abkaufen, wozu unser Geld gut ist. Es gibt ernstgemeinte und ernstzunehmende Gedanken, das Geld komplett abzuschaffen, oder zumindest lokal eigenes Geld (so genanntes Regiogeld) einzuführen. Einen nachhaltigen Sinn erfüllt es ohnehin nicht. Im Gegenteil ist der Schaden, der seit der Einführung des Geldes entstanden ist unermesslich.
Erdöl wäre nie ernsthaft gefördert worden, hätte Herr Rockefeller nicht Henry Ford über seine Finanzmacht zwingen können, sein T-Modell nicht mit Ethanol, sondern mit Benzin fahren zu lassen. Die Schrecken der großen Kriege hätte es nie gegeben, wenn nicht die Macht des Geldes diese erzwungen hätte. Der Bericht des Club of Rome aus 2012 (Link: Club of Rome) legt nahe, ernsthaft nachzudenken, welchen Wert wir dem Geld noch beimessen wollen. Alle Bewegungen, in denen die Menschen sich für eine nachhaltige Zukunft engagieren beweisen, dass es eine Zukunft jenseits der Fetische gibt, die uns die so genannten bürgerlichen Politiker als Alternativlos vorhalten. „It´s the economy, stupid“ meint etwas ganz anderes, als diese Hohepriester glauben.
Es ist eben unsere Wirtschaft, die aller Menschen.