Olivenöl
Olivenöl
Biosiegel und Auszeichnungen nicht immer ausschlaggebend.
Dieser Artikel wurde am 12. September 2016 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

„Tödliche Oliven“ – so lautet der Titel eines Krimis von Tom Hillenbrands. „Etwas übertrieben“, denke ich im ersten Moment, lese aber während meiner weiteren Recherchen durchaus von kriminellen Machenschaften, Betrügereien und einer regelrechten „Olivenöl-Mafia“. Ach du meine Güte! Dabei war ich doch nur auf der Suche nach einem hochwertigen Olivenöl in Bioqualität!

 

Olivenöl – gepanscht, ranzig, schadstoffverseucht

Bereits 2011 wurde von einem Olivenölskandal in Italien berichtet. Billig-Olivenöl wurde gepanscht, umettikettiert, eventuell sogar mit gefälschtem Biosiegel versehen und als teure Edelware in Europa verkauft. Nach Untersuchungen stellte man auch noch fest, dass viele der Öle schimmelig waren.

Die Schuld wird dabei nicht nur auf zwielichtige Halunken aus zweifelhaften Familienverhältnissen geschoben, sondern durchaus dem Verbraucher zugeschrieben, der selbst für eine hohe Lebensmittelqualität nicht bereit sei, tief in seine Tasche zu greifen. Und auch die EU trage dazu bei, dass man mit gepanschter Ware durchkomme. Kontrollen seien lasch, Vorschriften unsinnig. So wurden z.B. die Grenzwerte für Alkylester, einer chemischen Verbindung aus minderwertigen Früchten, für das Premium-Öl der Stufe „Nativ Extra“ herab gesetzt. Nun liegt er bei 150 Mikrogramm (µg) pro Kilo, wobei er bei einem guten Olivenöl selten über 30 µg/kg liege.

Da überraschen die jüngsten Ergebnisse von Stiftung Warentest wenig: Jedes zweite Olivenöl ist im Test mit „Mangelhaft“ durchgefallen. Viele Öle seien stichtig, modrig und ranzig, Laboranalysen zeigten, dass die angegebene Herkunft nicht immer stimme und in manchen Produkten fand man sogar Reste von Mineralölen, Pestiziden und anderen Schadstoffen. Was kann man sich da noch guten Gewissens auf den Tomatensalat träufeln?

Olivenöl aus ökologischem Anbau

Die Olivenbäume werden in Handarbeit "gekämmt".
Die Olivenbäume werden in Handarbeit “gekämmt”.

Ich rede mit Annabelle Alvanos. Gemeinsam mit ihrem Mann Ioannis bewirtschaftet sie die Olivenplantage Seretis in der griechischen Region Thessalia. In vierter Generation betreiben sie Olivenanbau und Olivenölproduktion noch auf traditionelle Weise. Annabelle bestätigt, was ich bisher gelesen hatte: „Es kommen Tanker aus Italien, Rumänien und Tschechien. Die Öle werden zusammengekippt, bis es einigermaßen schmeckt. Es gibt zwar viele Vorschriften, aber nur wenige Kontrollen. Bei uns wird nicht gepanscht und die Kontrollen machen wir freiwillig.“

Das Seretis Olivenöl kommt aus ökologischem Anbau wie er ursprünglicher nicht sein könnte. Maschinen kommen hier ebenso wenig zum Einsatz wie Pestizide. „Wir machen nichts“, sagt Annabelle Alvanos zum Thema Düngung. „Wir haben einen mineralhaltigen Boden, der den typischen, regionalen Geschmack verleiht. Bei über 40 Grad bewässern wir intermittierend mit frischem Bergquellwasser.“

Die Früchte werden in Handarbeit vom Baum „gekämmt“. Auch die Auslese und das Säubern erfolgt per Hand. Noch am Tag der Ernte werden die Oliven zur Mühle gebracht. „Der Zersetzungsprozess beginnt nämlich sofort“, erklärt Annabelle Alvanos. „Da kann sich nach einem Tag schon Schimmel bilden.“ In der Mühle angekommen, werden die Oliven noch einmal gewaschen. Anschließend werden sie zu einem Brei gemahlen. Bei diesem mechanischen Vorgang entsteht Wärme. Damit sich die Masse nicht über 17 Grad erwärmt, was die Qualität beeinträchtigen würde, wird mit Wasser gekühlt. Aus dem Brei wird mittels Druck und Zentrifugation schließlich das Olivenöl gewonnen. Die Mühle verfügt über ein eigenes Labor, in dem das Endprodukt noch geprüft wird.

Kalt gepresst, kalt extrahiert?

Die Oliven werden noch am tag der Ernte zur Ölmühle gebracht.
Die Oliven werden noch am Tag der Ernte zur Ölmühle gebracht.

Früher wurden die Oliven angequetscht, mit Bastmatten beschwert und ausgepresst. So wurden sie als „kalt gepresst“ deklariert. Heute benutzt man diese Formulierung zwar noch und es steht auch so auf den Etiketten, doch heute gibt es aus hygienischen Gründen immer weniger Kaltpressung, da die Matten schlecht zu reinigen sind. Richtig wäre heute eigentlich zu sagen: kalt extrahiert.

Das Seretis Olivenöl bleibt unfiltriert und damit möglichst naturbelassen, wie es sich für ein Olivenöl der höchsten Güteklasse Nativ Extra gehört. So stehen eventuelle Eintrübungen und ein möglicher Bodensatz für eine hohe Qualität. Zusatz- und Konservierungsstoffe kommen bei Seretis auch nicht in die Flasche. Ein weiteres Qualitätsmerkmal ist der Säuregehalt, der bei Premium-Öl unter 0,8 Prozent liegen muss. Hier liegt das Seretis Olivenöl meist zwischen 0,2-0,4 Prozent.

Kleine Produzenten haben es schwer

Wer in der Region Urlaub macht, kann gerne die Seretis Olivenplantage besuchen. „Jeder Besucher darf ein eigenes Bäumchen pflanzen“, verrät Annabelle Alvanos. „Der Bezug zur Natur ist uns wichtig. Im Grunde tragen wir so auch noch zur Renaturierung bei.“ Wie es dann mit der Bio-Zertifizierung aussehe, frage ich und bekomme zu hören, was man in dem Zusammenhang oft liest: „Die Bio-Zertifizierung ist kostenintensiv. Das können sich kleine Familienbetriebe kaum leisten. Und was die Auszeichnung von Olivenölen auf Wettbewerben angeht, das ist auch so eine Sache. Da werden meist nur die ganz hochpreisigen Öle zugelassen und man bekommt keine Chance, überhaupt in den Wettbewerb hineinzukommen.“ So lerne ich, dass Siegel und Zertifikate nur bedingte Aussagekraft bei Olivenölen haben.

Ioannis Alvanos bewirtschaftet die Olivenölplantage mit seiner Frau Annabelle in vierter Generation auf traditionelle Art.
Ioannis Alvanos bewirtschaftet die Olivenölplantage mit seiner Frau Annabelle in vierter Generation auf traditionelle Art – ökologisch und nachhaltig.

Wie testet man, ob ein Olivenöl frisch ist?

Und zum Schluss gibt es noch interessante Tipps von der Olivenöl-Expertin: „Die Schwebstoffe im Olivenöl sind zwar ein Qualitätsmerkmal, aber sie beginnen beim Braten irgendwann zu qualmen. Man kann Olivenöl bis 180°C erhitzen, aber es ist besser, erst das Fleisch in einem anderen Fett anzubraten und hinterher das Olivenöl darüber zu geben. So erhält man den vollen Geschmack und alle Vitamine.
Und wenn man wissen möchte, ob ein Olivenöl auch frisch ist, macht man es am besten wie die Griechen: Man nimmt eine warme Kartoffel, träufelt etwas Öl darauf, und wenn es fruchtig riecht, ist das Öl frisch und sauber. Riecht es ranzig, ist es keine gute Qualität.“

Mehr zur Domaine-Seretis und zum Olivenöl unter: www.seretis.org

Weitere Quellen:
Stiftung Warentest: Olivenöl: Jedes zweite im Test ist mangelhaft. 2. Febr.2016. https://www.test.de/Olivenoel-Jedes-zweite-im-Test-ist-mangelhaft-4971053-0/(zuletzt aufgerufen: 05. Sept. 2016).
Wolfgang Lechner: Das Geheimnis des billigen Öls – Olivenöl. Zeit online, 22.Januar 2015. http://www.zeit.de/2015/02/oelpreis-olivenoel-discounter-deutschland (zuletzt aufgerufen: 05. Sept. 2016).
Hans-Jürgen Schlamp: Lebensmittelskandal: Die schmierigen Geschäfte der Olivenöl-Mafia. Spiegel online, 24.Dez.2011.
http://www.spiegel.de/wirtschaft/service/lebensmittelskandal-die-schmierigen-geschaefte-der-olivenoel-mafia-a-805678.html (zuletzt aufgerufen: 05. Sept. 2016).
Bilder: © Annabelle u. Ioannis Seretis