Martin Forster ist Geschäftsführer von Egger Getränke und brennt wie die Eigentümer des Familienbetriebs für nachhaltige Produktion. – Foto: © Egger Getränke
Martin Forster ist Geschäftsführer von Egger Getränke und brennt wie die Eigentümer des Familienbetriebs für nachhaltige Produktion. – Foto: © Egger Getränke
Das österreichische Familienunternehmen Egger Getränke macht jetzt mit einer nachhaltigen Revolution im Getränkeregal auf sich aufmerksam. Geschäftsführer und Getränkeprofi Martin Forster über Glas als Verpackung und den Mehrwert von Mehrweg.
Dieser Artikel wurde am 13. März 2020 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Seit über 35 Jahren ist Martin Forster nun bereits in der Lebensmittelbranche. „Von der Gemüse- über die Convenience-  bis hin zur Fleischbranche war fast alles dabei. Und in der Sauerkonservenbranche haben wir natürlich viel mit Glas gearbeitet“, erzählt er. Spätestens hier habe er seine Affinität zum Verpackungsstoff Glas entwickelt, die sich nun auch in seiner Funktion als Geschäftsführer von Egger Getränke im Zuge einer „Revolution im Getränkeregal“ zeigt: Radlberger LIMÖ in der Mehrwegflasche! 25 Millionen Euro hat Egger in die neue Abfüllanlage investiert. Warum man diesen kostenintensiven Schritt ging, hat uns Profi Martin Forster persönlich erklärt. 

Wie kam es denn dazu, dass mit Radlberger LIMÖ endlich wieder Limonaden im Mehrweggebinde in Österreichs Supermarktregalen stehen? 

Forster: Die Idee dazu gab es schon vor meiner Zeit. Nachhaltigkeit und Pioniergeist – das sind ja zwei zentrale Elemente der Eigentümerfamilie. Egger hat schon vor 30 Jahren seine vorausschauende Fortschrittlichkeit bewiesen, indem damals in PET investiert wurde. Die Eigentümer haben seit jeher den Blick fürs Wesentliche und agieren dementsprechend vorausschauend. Neben meiner Affinität zu Glas und dem Wunsch, neue Herausforderungen in der Lebensmittelbranche anzugehen, war es eben genau jenes Innovationsdenken, das die Geschäftsführung von Egger für mich so reizvoll machte. Den innovativen Geist hat das Unternehmen mit der Investitionen in das neue Mehrwegflaschensystem ein weiteres Mal bewiesen. 

Warum die Umstellung auf Mehrwegflaschen?

Forster: Das Mehrwegsystem schlummerte schon länger in den Herzen der Eigentümerfamilie sowie in den führenden Köpfen des Hauses. Kein Wunder, denn so wie damals bei der Umstellung auf PET versucht man auch heute wieder, mit der zweitgrößten Investition in der Geschichte des Hauses, zeitgerecht mit dem richtigen und vor allem nachhaltigsten Verpackungsmaterial auf den Markt zu gehen. Und Mehrwegglas ist im Moment einfach die nachhaltigste Variante. Glas-Mehrweg ergibt in einem gewissen Radius Sinn –  und bei diesem Radius ist ein Land wie Österreich prädestiniert. Global gesehen hätte diese Verpackungsform freilich nicht den größten ökologischen Nutzen.

Ist das Mehrwegsystem eines, das überhaupt am Markt noch gefragt ist?

Forster: Ja, es kristallisiert sich zunehmend heraus, dass das die richtige Entscheidung war. Wir haben jetzt schon gute Gespräche mit Partnern, die brauchen ja das Rad nicht neu erfinden. Das geht von Herstellern, die auch bei uns abfüllen wollen, bis hin zu Partnern, denen wir im Handel unsere Kisten zur Verfügung stellen. Das Konzept ist gefragt. Kein Wunder: Wir haben ja immerhin auch mit Greenpeace zusammengearbeitet, die nicht nur ihrerseits ebenso den größten ökologischen Mehrwert in dem System sehen, sondern auch mit Konsumentinnen und Konsumenten gesprochen haben. Und da hat sich herzausgestellt, dass sich über 80 Prozent der Menschen in Österreich Mehrwegglas wünschen. Wir müssen es also nur mehr anbieten. In unserem Fall können die Flaschen bei sorgsamer Handhabung bis zu 50 Mal wieder befüllt werden, bevor dann aus Glas wieder Glas entsteht.

„Ich trage gerne – der Umwelt zuliebe“ heißt es auf der Kiste mit der Radlberger LIMÖ im 1-Liter-Gebinde. „Die Flaschen können bis zu 50 Mal befüllt werden. Die Kiste ist zwar aus Kunststoff, hat dafür aber eine quasi ewige Lebensdauer.“ – Foto: © Egger Getränke
„Ich trage gerne – der Umwelt zuliebe“ heißt es auf der Kiste mit der Radlberger LIMÖ im 1-Liter-Gebinde. „Die Flaschen können bis zu 50 Mal befüllt werden. Die Kiste ist zwar aus Kunststoff, hat dafür aber eine quasi ewige Lebensdauer.“ – Foto: © Egger Getränke

Bis auf Bier findet man bei uns heute kaum Mehrwegglassysteme. Es scheint also irgendwie bei den Herstellern völlig aus der Mode gekommen zu sein. Und das, obwohl in Österreich gerne auf Glasverpackungen zurück gegriffen wird. Wie kommt das?

Forster: Nun da muss man erst einmal zwischen Einwegglas und Mehrwegglas unterscheiden. Einwegglas wirkt für viele Verbraucher auf den ersten Blick besonders ökologisch. Es ist zwar ökologischer als PET, aber dennoch ist die Glasherstellung sehr ressourcenintensiv. Wirklich nachhaltig ist Glas eben nur dann, wenn es Mehrwegglas ist. Und für diese Abfüllung braucht es kostenintensive Anlagen. Nicht jeder traut sich – so wie wir aus Überzeugung – über so große Investition in das Thema Nachhaltigkeit drüber. Denn so wichtig das Thema auch ist: Wirtschaftlich gesehen muss für alle unternehmerischen Maßnahmen eine „Return on Investment“-Rechnung angestellt werden. 

Wie auch immer die Rechnung in Ihrem konkreten Fall ausgesehen hat: Was ist schließlich nun daraus entstanden?

Forster: Die Halle, die wir adaptiert haben, hat über 6000 Quadratmeter. Innerhalb der Produktion befinden sich mehrere Stationen, die zusammengeführt werden. Wir sprechen hier von Rohstoffaufbereitung über das Waschen der Flaschen und das Pasteurisieren bis hin zur Verpackung und Abfüllung von 0,2 bis 1 Liter Mehrweg- oder auch Einwegflaschen. Wir bleiben trotz des neuen Systems natürlich flexibel, deshalb können wir auf rund 300 verschiedene Verpackungsvarianten setzen. Wichtig war uns nicht nur die Nachhaltigkeit der Mehrwegfalsche an sich, sondern dass auch die Anlage auf dem modernsten und nachhaltigsten Stand der Technik ist. Wir verzeichnen mit unserer Produktionsanlage nur mehr 75 Prozent des Energieverbrauches und nur mehr die Hälfte an Wasserverbrauch im Gegensatz zum herkömmlichen Weg. 

Auf 6.500 m2 werden zu hundert Prozent klimaneutral Getränke produziert. – Foto: © Fotografin Gabriele Moser für Egger Getränke, honorarfrei abdruckbar
Auf 6.500 m2 werden zu hundert Prozent klimaneutral Getränke produziert. – Foto: © Fotografin Gabriele Moser für Egger Getränke, honorarfrei abdruckbar

Was wird die Zukunft bringen? Wird es Egger Getränke ausschließlich im Mehrwegglas geben?

Forster: Die Mehrwegvariante wird funktionieren. Daran glauben wir und das zeigt auch das Interesse der Partner sowie der Bevölkerung. Aber wir werden auch in Zukunft noch PET-Flaschen für bestimmte Partner produzieren. Und es gibt schlicht und einfach auch Produkte, da ergibt die Mehrwegflasche keinen Sinn. Niemand möchte eine Glasflasche auf den Berg mitschleppen. Insgesamt wird die Industrie aber natürlich weiterhin große Schritte Richtung Nachhaltigkeit gehen müssen. Je nachdem, wie die jeweiligen Unternehmen agieren, ist es hier aber immer wieder unerlässlich, auf die vorhin genannte kostendeckende Rechnung zu achten – leider Gottes auch bei Umweltmaßnahmen. 

Apropos Umweltmaßnahmen: Das neu entdeckte Mehrwegflaschenkonzept ist ja nicht die einzige Maßnahme von Egger, die in den letzten Jahren hinsichtlich Nachhaltigkeit und Umwelt gesetzt wurde, richtig?

Forster: Genau. Das Unternehmen agiert seit 2017 zu 100 Prozent klimaneutral. Das gelingt uns unter anderem dadurch, dass der Strom, den wir verbrauchen aus unserem hauseigenen Biomassekraftwerk kommt. Nachhaltigkeit ist ein wesentlicher Unternehmenswert von Egger. Und ich glaube, das ist der einzige zukünftig gangbare Weg: Österreich und Europa sind nun reif für ein ernsthaftes, ökologisches Umdenken. Und wenn man sich die Höhen und Tiefen der Verpackungsmaterialien ansieht, wird man feststellen, dass sich letztlich immer das Ökologischste durchgesetzt hat. Zumindest langfristig – auch wenn es kurzfristig nicht das Ökonomischste war. 

Fotos: © Fotografin Gabriele Moser für Egger Getränke, honorarfrei abdruckbar, Egger Getränke