Wald
Wald
Und warum kann es sehr wichtig und befreiend sein, die eigene Wahrheit zu kennen und zu leben?
Dieser Artikel wurde am 12. Juni 2017 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Diese und ähnliche Fragen habe ich mir in den letzten Jahren sehr oft gestellt. Dabei habe ich mich sehr stark mit der Wahrnehmung meiner eigenen Impulse, Gedanken und Gefühle auseinander gesetzt. Also mich selbst genau beobachtet, um mir bewusst zu machen, was meine Wahrheit ist, also wie ich eigentlich tatsächlich die Welt sehe.

In diesem Beitrag behandle ich nicht die logischen, rationalen Gedanken, die mein Gehirn mir erzählt, sondern die oft äußerst unlogischen und irrationalen Glaubenssätze, die wir großteils sehr unbewusst tief in uns vergraben haben.

Aber worum geht es bei der eigenen Wahrheit?

Was ist sie eigentlich? Es gibt doch nur eine absolute Wahrheit, die nur alle anderen nicht sehen können, oder? – Das dachte ich zumindest den Großteil meines Lebens. Erst vor nicht ganz 4 Jahren bin ich das erste Mal direkt damit konfrontiert worden, dass meine Wahrheit – also meine Art die Welt und andere Menschen zu sehen – nur eine von vielen ist. Jeder Mensch nimmt die Welt anders wahr, und ist überzeugt, dass so wie er/sie sie wahrnimmt, es wohl alle anderen auch tun.

Sogar jetzt, wo ich schon sehr oft die Erfahrung gemacht habe, dass individuelle Wahrheiten sehr unterschiedlich sein können, habe ich immer noch den inneren Gedanken oder Impuls oder vielleicht sogar das Bedürfnis, dass alle anderen Menschen die Welt genauso sehen wie ich auch.

Die Folgen von nur einer Wahrheit

Das Problem – falls man es so nennen mag – bei dem Gedanken, dass alle anderen Menschen die Welt genauso sehen, beziehungsweise sehen sollen, wie ich, ist auch, dass dadurch Erwartungen an mein Gegenüber entstehen, die in den meisten Fällen nicht erfüllt werden können. Und daraus entstehen Streit und Konflikte.

Wenn man – bewusst oder unbewusst – die Idee hat, dass doch alle Menschen die Welt genauso sehen wie ich, kommt man in einen inneren Konflikt, sobald man einem Menschen begegnet, der eine andere Meinung hat, eine andere Religion, oder vielleicht einfach nur einen anderen Wunsch fürs Leben. Um also der eigenen inneren Idee gerecht zu werden, trägt man den inneren Konflikt nach außen, und beginnt, mit dem Gegenüber zu diskutieren oder sogar zu streiten. Man will verzweifelt den anderen von der eigenen Meinung überzeugen, damit das innere Bild, dass es nur eine Wahrheit gibt, wieder stimmt.

All das passiert in den meisten Fällen unbewusst und automatisch. Auch bei mir. Über die Jahre habe ich jedoch gelernt, diesen Prozess bewusster wahrzunehmen, und auch meine eigenen Glaubenssätze zu identifizieren.

Hören der Wahrheit von Anderen

Befindest du dich also zum Beispiel in einem Gespräch mit jemandem, der erzählt wie wichtig ihm sein riesiges Auto ist, und du merkst, dass du sofort mit einem „aber“ darauf reagieren möchtest, versuche stattdessen wahrzunehmen, was in dir passiert. Welche Gedanken kommen? Welche Gefühle? Kann es sein, dass die Sicht des Anderen genauso wahr sein kann wie deine eigene? Warum möchte ich so vehement den Anderen von meiner Meinung überzeugen?

Es geht dabei nicht darum, rationale Antworten auf diese Fragen zu finden. Viel wichtiger ist es, die Gefühle wahrzunehmen, die dadurch ausgelöst wurden, und auch zu erkennen, dass dieses Gefühl jetzt da ist. Egal ob dein Gehirn es gerade will oder nicht. Diese Gefühle sind deine aktuelle Wahrheit. Die kann sich auch wieder verändern, aber jetzt ist es so wie es ist.

Mein Weg

Auf meinem Weg, meine eigene Wahrheit zu erkennen, gab es viele Stolpersteine. Ein Moment, der mich sehr geprägt hat, und der vor allem sehr schön verdeutlicht, dass es sehr unterschiedliche persönliche Wahrheiten geben kann war im Zuge eines Seminars genau zu diesem Thema. Jeder wurde ermutigt, seine eigene Wahrheit auszusprechen. Dabei kam eine Teilnehmerin an mich heran um mir zu sagen, dass sie nicht mit mir gemeinsam arbeiten möchte, weil ich so langsam und leise spreche. Das machte sie sehr ungeduldig.

Meine erste Reaktion war es, diese Aussage sehr persönlich zu nehmen. Automatisch dachte ich, es ist etwas an mir falsch und ich müsste das ändern, damit mich Menschen mögen. Als jedoch genau diese Interaktion in der Runde besprochen wurde, kam sofort die Rückmeldung einer anderen Teilnehmerin, dass sie genau diese langsame Art zu sprechen als äußerst angenehm und beruhigend empfand.

Für mich hat das so wunderbar klar ausgedrückt, wie konträr und unterschiedlich die Wahrnehmung anderer sein kann. Außerdem – und was für mich noch viel wichtiger ist – hat es mir gezeigt, dass die Wahrheit anderer nicht meine eigene sein muss. Dass es sinnlos ist, es anderen Recht zu machen, weil es so viele unterschiedliche Wünsche und Erwartungen der anderen gibt, dass das unmöglich ist. Zusätzlich zeigt es mir, dass es genau deshalb umso wichtiger ist, meine eigene Wahrheit zu kennen. Dadurch kann ich zu mir stehen, muss mich nicht von anderen beeinflussen oder kontrollieren lassen, und kann meinen eigenen Weg gehen.

Was hat das mit Nachhaltigkeit zu tun?

Das Erkennen und bewusste Wahrnehmen der eigenen inneren Wahrheit hat auf so vielen Ebenen mit Nachhaltigkeit zu tun. Alle Konflikte – innere und äußere – sind Anzeichen für Dysbalance und Unzufriedenheit. Für mich geht es bei Nachhaltigkeit auch darum, seine eigene Freude und Zufriedenheit zu finden. Fröhliche, zufriedene Menschen wollen meist auch, dass es ihrem Umfeld (sowohl Menschen als auch anderen Lebewesen) gut geht.

 

Bildquelle:
pixabay.com / Unsplash