Moore als CO₂-Speicher und Rohstoffquelle: In Malchin entstehen Dämmstoffe aus Moorpflanzen – ein Modell für nachhaltige Kreislaufwirtschaft.

Ein früher Morgen in Mecklenburg-Vorpommern. Nebel liegt über dem flachen Land, das Wasser glitzert zwischen Schilf und Seggen. Was wie ein stilles Naturidyll wirkt, ist in Wahrheit ein aktiver Beitrag zum Klimaschutz – und vielleicht bald zur Bauwende: Wiedervernässte Moore, die CO₂ speichern und gleichzeitig nachhaltige Rohstoffe liefern.

Malchin: Klimaschutz trifft Baustoffinnovation

In der Nähe von Malchin zeigt ein Forschungsprojekt, wie wiedervernässte Moorflächen nicht nur ökologisch wertvoll, sondern auch wirtschaftlich nutzbar sind. Statt Mais oder Weizen wachsen hier Pflanzen wie Rohrkolben, Schilf und Seggen – sogenannte Moorpflanzen, die unter nassen Bedingungen gedeihen und gleichzeitig Kohlenstoff im Boden binden.

Das Besondere: Diese Pflanzen sind nicht nur ökologisch wertvoll, sondern auch bautechnisch interessant. Rohrkolben etwa besitzt eine natürliche Zellstruktur mit luftgefüllten Hohlräumen, die hervorragende Dämmwerte aufweist. In ersten Tests wurden aus den getrockneten Pflanzen Dämmplatten gefertigt, die mit konventionellen Materialien wie Mineralwolle oder Styropor konkurrieren können – und dabei biologisch abbaubar, regional verfügbar und CO₂-neutral sind.

Die Idee dahinter ist bestechend einfach:

  • Pflanzen wachsen auf wiedervernässten Flächen, die zuvor als landwirtschaftlich unbrauchbar galten
  • Erntegut wird zu Baustoffen verarbeitet, etwa für ökologische Dämmung oder Leichtbauplatten
  • Kreislaufwirtschaft entsteht, bei der Klima- und Ressourcenschutz Hand in Hand gehen

Das Projekt wird wissenschaftlich begleitet, um CO₂-Bilanzen, Materialeigenschaften und Skalierbarkeit zu erfassen. Erste Ergebnisse sind vielversprechend: Die Dämmstoffe aus Moorpflanzen könnten nicht nur den ökologischen Fußabdruck der Bauindustrie senken, sondern auch neue Einkommensquellen für Landwirt:innen schaffen – besonders in Regionen mit hohem Mooranteil.

Ein Landwirt bringt es auf den Punkt: „Früher war das hier nasses Problemland. Heute ist es Klimaschutz zum Anfassen – und vielleicht bald ein neues Geschäftsmodell.“

Moore – die unterschätzten Klimaschützer

Moore bedecken weltweit nur etwa 3 % der Landfläche, speichern aber rund 30 % des globalen Boden-Kohlenstoffs. In ihrem natürlichen Zustand sind sie die effektivsten CO₂-Senken der Erde. Doch durch Entwässerung – etwa für Landwirtschaft oder Torfabbau – werden sie zu Emissionsquellen: Allein in Deutschland verursachen trockengelegte Moore jährlich rund 35 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente.

Die Wiedervernässung stoppt diesen Prozess. Wenn der Wasserstand steigt, sinkt der Sauerstoffgehalt im Boden – und damit die Zersetzung organischer Substanz. Kohlenstoff bleibt gebunden, Torfbildung setzt wieder ein.

Mehr als Klimaschutz: Biodiversität und Wasserrückhalt

Wiedervernässte Moore verbessern die Wasserqualität, puffern Hochwasserereignisse und schaffen Lebensräume für seltene Arten. In Bayern etwa sollen bis 2040 rund ein Viertel der Moorflächen renaturiert werden – ein ambitioniertes Ziel, das zeigt, wie ernst die Rolle dieser Ökosysteme genommen wird.

Fazit: Moore als Schlüssel zur Netto-Null

Wiedervernässte Moore sind mehr als feuchte Landschaften – sie sind aktive Klimaschützer, Biodiversitäts-Booster und Innovationsräume für nachhaltige Nutzung. Das Beispiel Malchin zeigt: Wenn Klimaschutz, Landwirtschaft und Bauwirtschaft zusammenspielen, entstehen Lösungen, die weit über den CO₂-Speicher hinausgehen. Wer heute ins Moor blickt, sieht nicht nur Wasser und Pflanzen, sondern auch ein Stück Zukunft – gebaut aus Rohrkolben.


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