Dieser Artikel wurde am 28. Oktober 2012 veröffentlicht und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!Das 20. Jahrhundert war das Jahrhundert der Chemie. Der Erfolg ist eine Vernichtung von Ackerboden auf dem…
Dieser Artikel wurde am 28. Oktober 2012 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Das 20. Jahrhundert war das Jahrhundert der Chemie. Der Erfolg ist eine Vernichtung von Ackerboden auf dem trotzdem Nahrungsmittel für mindestens 12 Milliarden Menschen „hergestellt“ werden und trotzdem haben 1 Milliarde Menschen Hunger. Dieses Jahrhundert muss daher das Jahrhundert der Biologie werden, damit endlich alle Menschen genügend zu essen bekommen.

 

Eine Diktatur der Chemieindustrie hat nur den Konzernen genutzt

 

Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts haben die Chemiekonzerne angefangen, die Welt unter sich aufzuteilen. Der selbst ernannte „Rat der Götter“, bestehend aus den Aufsichtsräten der 1926 gegründeten IG Farben, entschied, dass die Welt Chemie brauche, und zwar am besten die Produkte ihres Konzerns, der damals bereits auf dem Wege war, der Größte der Welt zu werden. Das Ergebnis zeigt sich Ende des Jahrhunderts mit erschütternder Klarheit. Die Meere werden von immer mehr Chemieabfällen und auch deren Produkten verschmutzt. Die Umwelt ist, insbesondere im Umfeld der Chemiebetriebe nachhaltig zerstört. Menschen leiden unter Krankheiten, die sie zuvor nicht gekannt haben. Ackerflächen sind ausgelaugt, Wälder für Monokulturen abgeholzt und immer noch behaupten Agrarfachleute, dass ohne Chemie nicht genügend Nahrungsmittel für die Weltbevölkerung angebaut werden könnten. Die chemische Industrie hat allerdings in diesen letzten 100 Jahren Gewinne erwirtschaftet, die kein anderer Industriezweig erreichen konnte – allenfalls die Banken.

 

Ohne Chemie geht es besser

 

Die französische Dokumentarfilmerin Marie-Monique Robin hat in einem eindrücklichen Film („Die Zukunft pflanzen“ ARTE 16.10.2012; 20:15) bewiesen, dass weltweit keine Chemie gebraucht wird, um an allen Orten ausreichend Lebensmittel zu erzeugen, um mindestens 9 Milliarden Menschen zu ernähren. Sie ist dazu um die ganze Welt gereist und hat überall Beispiele gefunden, bei denen Landwirte auf ihren Flächen vollständig chemiefrei mindestens so viel ernten, wie zuvor mit Chemieeinsatz. Ja an vielen Orten konnten sogar die Erträge gesteigert werden, nachdem Chemie abgesetzt wurde und man ganz auf „intelligente“ biologische Verfahren umstellte. So mancher Bauer konnte sich völlig autark machen, braucht weder Strom noch Wärme oder Treibstoff hinzuzukaufen, sondern erzeugt dies alles selbst, im Rahmen einer beispiellosen Kreislaufwirtschaft.

„Den Boden selbst arbeiten lassen“ ist das Rezept, das in Afrika, Asien oder auf ausgelaugten Böden in Europa hilft. Landwirt Friedrich Wenz, der 15 Jahre der Chemie und den Ratschlägen seiner Berater gefolgt war, hatte feststellen müssen, dass seine Böden völlig zerstört wurden. Nachdem er alle Hilfsmittel abgesetzt hatte und darauf umgestiegen war, seinem Acker unter einer Decke aus Soja, Roggen und Mähpflanzen eine Chance zur Regeneration zu geben, erntet er auf seinen Feldern nun mehr, als zuvor. Dabei spart er zusätzlich – zu den Ersparnissen an Chemie und  Saatgut – mindestens 45% an Energiekosten.

 

Biolandwirtschaft erwirtschaftet weniger als Konventionelle – ein Märchen

 

Weltweit erzeugen die Landwirte, die nach rein biologischen Methoden arbeiten mehr auf jedem Hektar, als konventionell, also chemiegestützt wirtschaftende Betriebe. Natürlich wird auf diesen Äckern kaum noch, in der Regel überhaupt nicht gepflügt, Erntereste werden einfach „in den Boden gewalzt“ und die neue Saat in diesen reichhaltigen Boden gebracht. Erosion ist hier ein Fremdwort. Ein mexikanischer Landwirt (Eleazar Garcia) baut auf seinem Acker zum Beispiel gleichzeitig Kürbisse, Mais und Bohnen an. Der Mais dient den Bohnen als Rankhilfe, die Bohnen speichern den Stickstoff der Luft und liefern diesen an den Mais. Die Blätter der Kürbisse beschatten den Boden und halten ihn dadurch feucht. Alle Parzellen sind dadurch absolut gesund, Schädlinge kommen so gut wie nicht vor, durch das „verwirrende Angebot“ und die Erträge sind hier höher, als zuvor bei der jeweiligen Monokultur und Einsatz von chemischen Düngern und Pestiziden.

Fast alle Landwirte, die Robin besuchte – ob auf ehemaligen Riesenfarmen in den USA oder einem Drei-Hektar-Betrieb in Japan – haben andere Konzepte, jeweils an die lokalen Bedingungen angepasst, entwickelt. Alle ernten nun mehr als zuvor und verbrauchen wesentlich weniger Energie. Das betrifft nicht nur den Ackerbau, sondern auch die Viehwirtschaft, die ebenfalls im Kreislaufsystem integriert ohne chemische Hilfsmittel und ohne importierte Futtermittel auskommt.

 

Monokulturen sind der Tod des Bodens und Grund für den Hunger der Menschen

 

Natürlich haben sich alle gezeigten Betriebe radikal von der Spezialisierung der industriellen Landwirtschaft verabschiedet. Sie haben zurückgefunden zu einer Landwirtschaft, die wieder mit der Landschaft wirtschaftet, oft in Synergie mit der Forstwirtschaft. Sie alle haben eindeutig bewiesen, dass mit einer rein biologischen, also natürlichen und nachhaltigen Landwirtschaft nicht nur die 7 Milliarden Menschen, die heute die Welt bevölkern ernährt werden können, sondern auch in Zukunft die Weltbevölkerung mit ausreichend gesunder Nahrung versorgt werden kann.

In vielen Fällen bedeutet dieses, ein Zurück zu einer kleinteiligen Landwirtschaft, die lokal die Menschen versorgt und zugleich wieder eine große Menge an Arbeitsplätzen schafft. Das ist aber kein Schritt zurück ins Mittelalter, sondern ein erster Schritt in eine nachhaltige Zukunft. Es bleibt Kapital im Ort, es fließt kein Geld mehr an die Chemie- oder Energiekonzerne. Ebenso wird auf die riesigen Schlachthöfe verzichtet, wie auf die „verarbeitende Industrie“. Alle Produkte dürfen wieder am Ort in kleinen und mittleren Betrieben verarbeitet werden. Endlose Transportwege entfallen.

 

Was steht der Vernunft denn nun im Wege?

 

Olivier de Schutter, der UN-Berichterstatter für das Recht auf Nahrung stellt lapidar fest, dass die Vernunft nicht siegen kann, solange mit dem vorherrschenden System solch enorme Gewinne erwirtschaftet werden. Solange dieses absurde und kriminelle System existiert, wird es mit allen Mitteln jede Ausbreitung einer nachhaltigen Landwirtschaft bekämpfen, genau so, wie es die Pharmaindustrie (letztlich ein anderer Zweig der Chemieriesen) oder die Energieindustrie macht. Alles, was hier die unseriösen Umsätze stört, muss unbedingt „ausgerottet“ werden. Die Politik unterstützt diese kriminellen Methoden in der Regel, da mit den Verlusten von Arbeitsplätzen oder dem Entzug von Steuern – durch Abzug der Unternehmen – gedroht wird. Aber Steuern zahlen diese Konzerne nach Möglichkeit ohnehin kaum noch und Arbeitsplätze werden trotzdem abgebaut. Alle möglicherweise frei werdenden Mitarbeiter würden in dem neuen, nachhaltigen biologischen System allerdings sofort einen Arbeitsplatz finden. Nachhaltige Landwirtschaft baut auf menschlicher Arbeitskraft auf und bietet diesen Menschen langfristig sichere Jobs.

Bisher organisieren sich die intelligent wirtschaftenden Landwirte in Genossenschaften und Kooperativen. Dazu gehören auch die finanzierenden Volksbanken und der Vertrieb der Produkte über genossenschaftliche Läden. Das Zeitalter der Biologie hat also begonnen, weltweit im Kleinen, aber unaufhaltsam, weil die Menschen es unterstützen. Sie haben erkannt, dass sie es können, allein und ohne jedwede Hilfe, zum Wohle aller.