Geschmackssinn
Geschmackssinn
Nicht nur der Geschmackssinn spielt beim Essen eine Rolle: wie alle Sinne zusammen spielen um den Genuss vollkommen zu machen!
Dieser Artikel wurde am 11. Juni 2021 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Habt ihr euch auch schon einmal gefragt, wie das mit dem Geschmackssinn funktioniert? Oft ist es ja so, dass etwas gut aussieht und riecht, aber dann ganz anders schmeckt – oder umgekehrt. Heute möchte ich dem Zusammenspiel der Sinne ein bisschen auf den Grund gehen.

Die 600 Aromen der Schokolade

Ein Duft nach Mandarine, Hölzern, Traubensaft und weißem Balsamico – was ihr vielleicht von Weinverkostungen kennt, wurde nun in einem Labor in München auch für Schokolade gemacht. Dort ist die Identifizierung und Isolation von hunderten Geschmacksbausteinen von Schokolade gelungen. Der typische Schokoladengeschmack entsteht nämlich erst durch die Wechselwirkung vieler Aromen. Und das ist nicht nur bei Schokolade so, sondern bei allen Gerichten. Nicht umsonst versuchen Köche auf aller Welt ein bisschen von allen Geschmacksrichtungen – also süß, sauer, salzig, bitter und Umami – in ihre Gerichte zu bekommen um den Geschmackssinn so richtig zu fordern. 

Fünf Sinne für ein Gesamtbild

Sehen, hören, riechen, schmecken, tasten – mit diesen Sinneseindrücken machen wir uns täglich in jedem Moment ein Bild von unserer Umgebung. Alles beginnt mit dem Geschmackssinn. Noch bevor wir hören oder sehen können, schmecken wir. Mit gerade einmal acht Wochen entwickeln sich beim Fötus die ersten Geschmacksknospen. Und zwischen der 26. und 28. Woche zeigt die Mimik, wie lecker er das Fruchtwasser findet. Abhängig von der Ernährung der Mutter verändert sich der Geschmack täglich, wie auch später die Muttermilch. Das Kind wird so bereits im Mutterleib auf das Geschmacksumfeld der Familie vorbereitet. Viele Erfahrungen kommen dann erst als Kleinkind dazu. Ihr könnt euch die Geschmackserfahrungen im Grunde wie ein Gemälde vorstellen, dass sich langsam aber stetig aufbaut und mit jedem weiteren Ess-Erlebnis bunter und komplexer wird. So entwickelt jeder Mensch im Laufe seines Lebens eine einzigartige Essbiografie. 

Eure eigene Essbiografie

Die Idee habe ich kürzlich im Happier Podcast gehört, und zwar die einer eigenen Essbiografie. Überlegt doch mal und schreibt typische Geschmäcker eures Lebens auf – was habt ihr als Kind am liebsten gegessen? Was konnte die Mama so gut kochen? Wie habt ihr euch als Teenie ernährt? Was habt ihr damals geliebt und könnt es heute vielleicht nicht mehr essen? Ich finde das total spannend!

Geschmackssinn
Foto von Christian Bowen auf Unsplash

Wie funktioniert das Schmecken?

Das Fundament unseres Geschmackssinns sitzt – wenig überraschend – im Mund. Über 10.000 Geschmackskospen sitzen am Gaumen und am Zungenrücken. Sie sind gruppiert in sogenannten Papillen, die ihr sogar mit bloßem Auge erkennen könnt. Einige davon besitzen allerdings keine Geschmacksfühler sondern sind nur für Berührungsreize zuständig. Das macht deutlich, wie wichtig auch die Konsistenz und Struktur eines Nahrungsmittels für den geschmacklichen Gesamteindruck sind. 

Die Zunge beherbergt Geschmacksrezeptoren, mit deren Hilfe wir die Grundgeschmacksrichtungen wahrnehmen können: süß, sauer, bitter, salzig und umami. Übrigens: früher dachte man, dass es auf der Zunge fest definierte Areale für jeden Geschmack gibt. Vielleicht kennt ihr auch diese Bilder mit den bunten Bereichen. Heute weiß man, dass die Zunge auf der gesamten Fläche jeden Geschmack erfassen kann. 

Hier kommen die anderen Sinne ins Spiel

Die Geschmacksmolekühle docken an den Rezeptoren im Mund an und wir schmecken dadurch die oben genannten Geschmacksrichtungen. Die Nase übernimmt dann die Geschmacksfeinarbeit mit Millionen von Riechzellen. Wenn ihr kauen steigen die Aromamoleküle aus der Mundhöhle in die Nase und lösen dort Impulse aus, die direkt ans Gehirn gesendet werden. Dort werden die Informationen der Zunge mit jenen der Nase zusammen gesetzt und der gesamte Geschmack entfaltet sich. (Ist euch vielleicht schon einmal passiert, dass ihr mit Schnupfen weniger geschmeckt habt – das liegt dann genau an diesem Zusammenspiel, das bei verstopfter Nase nicht mehr möglich ist.)

Übrigens schmecken Kinder viel intensiver als Erwachsene, was erklärt, wieso ihnen viele Dinge nicht schmecken. Im Alter verringert sich die Anzahl der Geschmacksknospen wieder, von den ungefähr 10.000 bleiben am Ende nur etwa 600 bis 2.000 übrig. Noch ein Grund mehr, das gute Essen so lange zu genießen wie es geht!

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Foto von Ales Maze auf Unsplash

Der Geschmackssinn als Warnsystem

Geschmack ist also so viel mehr als nur das Essen zu schmecken. Durch ihn wird es erst zum Genuss. Doch der Geschmackssinn kann noch mehr: der Geschmack liefert wichtige Informationen über die Bekömmlichkeit von Nahrungsmitteln und kann so über Leben und Tod entscheiden. Diese Tatsache erklärt auch, wieso die Geschmacksrichtung bitter von den meisten Menschen so wenig gemocht wird. Viele Pflanzen entwickeln Bitterstoffe, um Fressfeinden zu entgehen, welche auch für uns Menschen giftig sein können. 

Saures schmecken wir übrigens, um unreifes Obst und verdorbene Nahrung zu erkennen. Salzig signalisiert wichtige Mineralstoffe und süß verspricht Kohlenhydrate und eine schnelle Energiezufuhr. Der fünfte Grundgeschmack, Umami, dient vermutlich dazu eiweißreiche Nahrung anzuzeigen. Final geklärt ist das allerdings noch nicht, da dieser Geschmack erst 1908 entdeckt wurde. Außerdem prüft die Wissenschaft noch eine mögliche sechste Geschmacksqualität: fettig. Es wurden bereits Moleküle auf der Zunge gefunden, die auf Fettsäuren reagieren (allerdings noch keine eigenen Sinneszellen dafür).

Optimal ist ein Geschmackserlebnis also nur dann, wenn alles zusammen spielt, es also auch gut riecht und sich gut anfühlt. Mineralwasser muss prickeln, Mousse au Chocolate cremig auf der Zunge zergehen und das Knacken beim Abbrechen einer Schokorippe muss sich genau richtig anhören.

Übrigens: es ist keine Einbildung, dass es in guter Gesellschaft oder mit dem schönen Geschirr besser schmeckt! Es ist wissenschaftlich bewiesen, dass die Kombination aus Optik, Geruch, Akustik, Geschmack und Emotion erst ausmacht, was wir am Ende als “lecker” empfinden. Essen ist also tatsächlich bis zum letzten Bissen eine Wissenschaft für sich.

Quellen:
Wikipedia, “Geschmackssinn
Kreo Magazin, 01/2021, isk, “Der Sinn hinter dem Sinn”
Gesundheitsmagazin, “Wie funktioniert der Geschmackssinn