Die Zero Waste Bewegung (dt. Null Müll) hat es sich zur Aufgabe gemacht, so wenig Abfall, wie möglich zu produzieren und dabei einen schonenden Umgang mit Rohstoffen und Ressourcen zu pflegen. Zero Waste ist ein Lebensstil, eine Philosophie, eine Einstellung, eine Ideologie – aber was heißt es eigentlich Zero Waste zu leben und was macht der Verein Zero Waste Austria?
Am Anfang war das Plastik
Bevor ich zu Zero Waste Austria gekommen bin, fing meine eigene Zero Waste Reise an, wie bei vielen anderen: Ich hatte Angst vor dem Plastik. Ob Plastic Planet, A Plastic Ocean oder Trashed – der Grundstein war gelegt, indem ich mir so ziemlich jede Dokumentation angesehen habe, die sich mit der Gefahr Plastik beschäftigt.
Ich wollte das nicht. Wollte weder dazu beitragen, dass sich Schildkröten im Meer mit Plastikbeuteln strangulieren, noch wollte ich, dass Mikroplastik durch meine Kosmetika im Abwasser landen und schon gar nicht im menschlichen Organismus. Also beschloss ich, damit ist jetzt Schluss. Jetzt und sofort.
Mein nächster Einkauf im regulären Supermarkt endete mit einem Nervenzusammenbruch, bei dem ich heulend zwischen den Regalen stand und festgestellt habe, dass ich nie wieder etwas essen kann, weil einfach alles verpackt ist. Ich ging. Ohne etwas einzukaufen. Lieber hungern als Plastik.
Die Reise nach Zero Land
Mein Hungerstreik hielt nicht allzu lang an. Zu Tode gehungert würde ich die Welt schließlich auch nicht retten. Mit dem Ende des Streiks kam die erste Einsicht: Zero Waste ist eine Reise. Eine Reise, die sich ganz dem Slow Traveling verschreibt. Es geht nur Schritt für Schritt. Es geht nur langsam und es geht nur mit Achtsamkeit.
Es geht um Alternativen. Aber diese Alternativen muss man erstmal finden. Also habe ich mich auf die Suche begeben: Zunächst nur auf die Suche nach Dingen, die nicht in Plastik verpackt sind und kein Mikroplastik enthalten. Genau das heißt aber auch Recherche und desto mehr man recherchiert, desto mehr man weiß, desto mehr will man nach Zero Land. Aber warum eigentlich?
Zero Land oder das Synonym der großen Null
Ich habe mich der Zero Waste Bewegung verschrieben, weil Abfall etwas ist, dass man anpacken kann. Es ist greifbar, messbar, analysierbar. Es ist reduzierbar bis auf ein Minimum. Das Minimum der großen Zero und dieses Minimum kann ich selber steuern. Ich. Kann. Etwas. Tun. #yourimpactmatters.
Minimum ist das Stichwort hier und mit dem kam die zweite Einsicht: Die Null ist eine Utopie. Wir, in unseren Industrienationen, leben in einer Welt, in der es schlichtweg nicht möglich ist, keinen Müll zu produzieren. Selbst die Großen der Zero Waste Bewegung, haben immer noch ein Glas voll Müll am Ende des Jahres. Ja, es ist nur ein Glas, aber ein Glas ist nicht Zero.
Zero ≠ Zero
Zero Waste ist ein Synonym. Ein Synonym für einen nachhaltigen Lebensstil – in sämtlichen Bereichen. Das war die vierte Einsicht und die, mit der ich auf meiner Reise den vielleicht größten Schritt gemacht habe: Zero Waste ist eine Klimaschutzbewegung.
Während meiner Zero Waste Reise, ging ich tatsächlich auf Reisen: Ich bin mit meinem Partner und einem Rucksack losgezogen und wollte sehen, wie alternative Lebensstile funktionieren, ob sie funktionieren.
Zu dieser Zeit habe ich meinen Blog tagessuppe gestartet. Ich wollte mich vernetzen und mit anderen austauschen. Das hat mich zu Zero Waste Austria gebracht, wo ich ehrenamtlich begonnen habe und heute stellvertretende Geschäftsführerin bin.
Was ist Zero Waste Austria?
Zero Waste Austria ist ein gemeinnütziger Verein, der eine Zero Waste Unternehmenskultur fördert und die Zero Waste Bewegung, durch die Online- und Offline-Vernetzung einzelner Akteure, Projekte und Aktionen in ganz Österreich bekannter. Was heißt das jetzt genau?
In erster Linie geht es um Bewusstseinsbildung. Durch Workshops und Konferenzen wird Nachhaltigkeit aktiv erlebt und diskutiert und so von einer theoretischen auf eine praktische Ebene gehoben. In Schulen lehren wir der nächsten Generation einen nachhaltigen Umgang mit unseren endlichen Ressourcen. Außerdem beraten wir Unternehmen oder Hotels, wie man einen müllfreien Arbeitsplatz schaffen kann und zeigen, dass eine Zero Waste Gemeinde keine Utopie sein muss.
Zusätzlich ist Zero Waste Austria eine Plattform für nachhaltige österreichische Unternehmen. Mit der Zero Waste Austria Card, die bei unseren Mitgliedschaften dabei ist, gibt es bei unseren Partnerunternehmen Rabatte. So erfährt man nicht nur, welche nachhaltigen Lösungen es bereits gibt, sondern spart auch noch beim Zero Waste Einkauf. Aber zurück zur Bewegung? Wie funktioniert Zero Waste denn nun?
Die 5 R’s der Zero Waste Bewegung
httpv://www.youtube.com/watch?v=6WdWIG96gKs
Es gibt in der Zero Waste Bewegung die 5 Leitwörter Refuse, Reduce, Reuse Recycle, Rot, die Bea Johnson, Gründerin der Bewegung, in Pyramiden-Form gebracht hat und die das Mantra, der AnhängerInnen sind. Für mich hat sich auf meiner Reise herausgestellt, dass ich das Mantra weiterspinnen, vielleicht anders definieren muss. Sie nehmen in ihrer Wichtigkeit, laut Bea, von oben nach unten ab, weshalb ich mit dem untersten beginne.
- Rot = verrotten lassen beziehungsweise kompostiere das, was du kompostieren kannst
Praktisch heißt das: Wenn du schon Abfall machst, sieh zu, dass er entweder in der Biotonne landet, auf dem Komposthaufen oder, wie in meinem Fall, in der Wurmkiste.
Hier kommt auch gleich der erste BeginnerInnen-Tipp: Werde zum/r KompostiererIn
Mit einem (Heim-)Kompostierer hat man einen Teil des Zero Waste Kreislaufs direkt abgedeckt: Werfe ich etwas in die Wurmkiste, macht das eigene kleine Ökosystem daraus fruchtbare Erde, aus der dann wiederum Leben entstehen kann.
- Recycle = nun ja recycle
Praktisch heißt das: Zum einen Mülltrennung, zum anderen beim Kauf explizit darauf zu achten, dass Verpackungen recycelt werden können.
Der zweite BeginnerInnen-Tipp: Pfand ist Trumpf.
Mehrweg-Pfand macht nicht nur weniger Müll, sondern ist auch deutlich ökologischer als Einweg-Verpackungen. Selbst viele Supermärkte setzen mittlerweile bei Milchprodukten auf Pfandsysteme. In Bio-Läden oder beim Biokistl ist das schon länger gang und gäbe. Auch die 0,5 l Bierflaschen gibt es im Supermarkt in Pfandflaschen. Statt also Einweg zu kaufen, lieber auf Mehrweg setzen und schon ist man auf seiner Reise am nächsten Ort angekommen. - Reuse = wiederverwenden
Praktisch heißt das: Wenn du Müll machst, versuche ihn so lange wiederzuverwenden bis du ihn wirklich nicht mehr gebrauchen kannst.
Der dritte BeginnerInnen-Tipp: Werde kreativ!
Ein Brot-Sackerl kann man zum Beispiel für den unverpackten Einkauf nutzen, das Plastik vom Toilettenpapier als Müllbeutel, den Kaffeesatz als Hautpeeling und so weiter und so fort. Genau so heißt reuse, suche nach Upcycling-Ideen: Ein altes Shirt wird ein Putzlappen oder ein Stoffbeutel, das TetraPak wird zum Pflanzkübel, das alte Glas zum Aufbewahrungsbehälter…hier sind wirklich keine Grenzen gesetzt. - Refuse/Reduce = ablehnen/reduzieren
Praktisch heißt das, nein zu sagen. Nicht nur zu Produkten, die verpackt sind, sondern auch zu Dingen, die unter unfairen, nicht ökologischen Bedingungen produziert werden. Vielleicht sogar zu Dingen, die nicht regional oder lokal hergestellt werden.
Der vierte BeginnerInnen-Tipp: Schritt für Schritt!
Nicht gleich alles auf einmal, sonst steht man, wie ich, heulend im Supermarkt. Am besten man nimmt sich einzelne Bereiche vor, um das eigene Leben müllfreier zu gestalten. Mein Tipp ist immer: Starte im Badezimmer. Hier kann man ganz leicht aufgebrauchte Produkte nach und nach mit nachhaltigen Alternativen ersetzen. Die Plastikzahnbürste hat ihre beste Zeit hinter sich? Einfach als Nächstes zur Bambuszahnbürste greifen. Shampoo und Duschgel sind leer? Die Alternativen sind festes Shampoo und Seife. So tastet man sich langsam an ein verpackungsfreies Badezimmer heran. Hat man das umgesetzt, kann es weitergehen.
Von Zero Waste zum Klimaschutz
Beschäftigt man sich mit der Zero Waste Bewegung und einem verpackungsfreien Lebensstil, kommt man um die Ökobilanz und den Klimaschutz nicht herum.
Zero Waste ist am Anfang etwas Fassbares, etwas das man konkret angehen kann.
Im weiteren Verlauf geht es aber um so viel mehr: Es ist eine ganzheitliche Philosophie, bei der es darum geht, Dinge zu hinterfragen und achtsam mit sich, der Umwelt und seinen Mitmenschen umzugehen.