Dieser Artikel wurde am 10. Juli 2011 veröffentlicht und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!Mit Holz hat der Mensch das erste Feuer entfacht, es als Werkzeug genutzt und erste Unterkünfte errichtet.…
Dieser Artikel wurde am 10. Juli 2011 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Mit Holz hat der Mensch das erste Feuer entfacht, es als Werkzeug genutzt und erste Unterkünfte errichtet. Im späten Mittelalter waren alle Bäume in Ländern wie Preußen verschwunden, so dass ein Umdenken verordnet wurde, dass wir heute Nachhaltigkeit nennen. Heute beginnt die Renaissance der Holznutzung, weil ein anderer Rohstoff verschwindet, das Öl.

 

Ein universeller Rohstoff, der ständig nachwächst

 

Zellulose und Lignin sind die Hauptbestandteile von Holz und der Zellwände der meisten anderen Pflanzen. Beide Moleküle bestehen aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff, sind damit Vielfachzucker (Polysaccharide). Sie unterscheiden sich dabei durch die Größe der Monomere oder die Art der Bindung zwischen den einzelnen Molekülgruppen. Im Prinzip weist ein ausgewachsener Baum ein einziges Ligninmolekül auf, das ihn stabilisiert, mit einem Gewicht von mehreren Tonnen. Ein Monomer (griech. Einzelteil) ist in der Biochemie die kleinste Untereinheit eines komplexen Moleküls.

Zellulose (C12H22O11) ist mit einem Anteil von 50 Prozent in allen Pflanzen und bis zu 90 Prozent in Holz die wesentliche Struktursubstanz der Pflanzenzelle. Diesen Bio-Rohstoff nutzen wir heute in Form von Baumwolle, Leinen und weiteren Produkten wie Zelluloid, Zellophan oder auch als Nahrungsmittelzusatzstoffe E460 bis E466.

Lignin (lat. Lignum = Holz) ist der stabilisierende Teil im Holz oder einer verholzten Pflanze und in Baumholz mit bis zu 20 Prozent enthalten. Es unterscheidet sich von der Zellulose durch die in der Regel endlose Vernetzung der Moleküle zu einem einzigen „Mega-Makromolekül“. Diese Struktur erschwert die technische Aufspaltung von Lignin. Es wird daher vorwiegend als Energierohstoff genutzt und verbrannt. Erst seit kurzem wird es als Holzwerkstoff zur Herstellung verschiedener Biopolymere eingesetzt, vorwiegend aus den Abfällen der Zelluloseherstellung.

Sehr vereinfacht gesagt, ist Erdöl Holz ohne Sauerstoff, also nur ein Kohlenwasserstoff. Chemisch kann Holz letztlich nachwachsende Biomasse das Erdöl (abgestorbene Biomasse) komplett ersetzen, mit dem Vorteil, dass es unerschöpflich und ständig nachwachsend ist. Die Energiezufuhr für diesen Wachstumsprozess kommt von der Sonne. Mithin ist Holz, wie alle Biomasse, gespeicherte Sonnenenergie, nach Bedarf einsetzbar.

 

Holz, das Erdöl ohne Lobby

 

Benzin wurde als Treibstoff aus Erdöl für den gerade entwickelten Otto-Motor eingeführt, weil die Familie Rockefeller als Mitbegründer der Standard Oil Company und Inhaber verschiedener Banken dies gegen den Autohersteller Henry Ford durchsetzte, der eigentlich Ethanol als Treibstoff einsetzen wollte. Ethanol wurde damals aus dem Lignin des Weizenstrohs hergestellt und hätte von der Zielgruppe des gerade entwickelten Ford–T–Modells – den amerikanischen Farmern – selbst produziert werden können. Damals wie heute war die Monopolmacht einzelner Konzerne – und ihrer angeschlossenen Banken – größer, als die der Bürger. Der Siegeszug des schmutzigen – und nicht allgegenwärtigen, nachwachsenden – Kohlenwasserstoffs begann und führte nach gut einhundert Jahren zu den Katastrophen, die die Menschen heute global beschäftigen. Erdöl ist zu einem universellen Rohstoff geworden, der nun in all seinen Anwendungen ersetzt werden muss, da sein Vorkommen inzwischen erschöpft ist. Ganz nebenbei sind die immensen Schäden an der Umwelt, die durch die Gewinnung und Nutzung dieses Rohstoffs entstanden sind zu beseitigen. Wie immer hat eine skrupellose Machtpolitik, die allein eine Gewinnmaximierung und nicht eine allgemein nachhaltige Entwicklung zum Ziel hat, der Allgemeinheit, ja diesem Planeten, nur Schaden zugefügt. Die alternativen Rohstoffe, in diesem Fall Pflanzen, waren allgemein verfügbar und nicht zu monopolisieren.

 

Die Sozialisierung der Rohstoffe kehrt wieder

 

Besonders erfolgreich hat Österreich, als Land ohne fossile Energierohstoffe das Holz als Grundstoff für vielfache Anwendungen und universellen Ersatz von Erdöl entdeckt. In der Universität für Bodenkultur (Boku) in Wien und vielen weiteren Innovations- und Kompetenzzentren für Holz und dessen Nutzung werden immer einfachere und wirtschaftlichere, dabei besonders umweltschonende Verfahren entwickelt, diesen Rohstoff zu nutzen. Aus Holz werden nicht nur Möbel und Häuser gebaut, sondern auch Erdgas (Methan) und Treibstoff (Ethanol) hergestellt. Außerdem wird es wieder als Rohstoff für Kleidung (Baumwolle, Viskose, Tencel®), Kunststoffe und Keramik genutzt. Dass wir längst Nebenprodukte aus der Viskose in Form von Essig, Süßstoff, zuckerfreies Kaugummi oder Vanilleersatz nutzten, ist den Meisten nicht geläufig. In Zukunft werden wir aber auch T-Shirts, Jeans, Strickwaren, Bettwäsche und Babywindeln aus Buchenholz schätzen lernen. Dieses Buchenholz ist dabei nicht extra zur Faserproduktion geschlagen worden, sondern besteht nur aus den Abfällen der Holznutzung, aus kranken, ja faulen Bäumen und deren Bestandteilen. Seit über 400 Jahren ist in Europa eine nachhaltige Nutzung der Wälder Usus, was dafür gesorgt hat, dass seit dem späten Mittelalter, in dem zum Beispiel das Land Brandenburg – ja ganz Preußen – weniger Baumbestand aufwies als Libyen, der Waldbestand wieder stetig zugenommen hat und trotz intensiver Nutzung weiter zunimmt. Und letztlich: Jeder Bürger kann ein Bäumchen pflanzen, Holz ist Allgemeingut.

 

Zurück zu den Wurzeln

 

Die Wirtschaftsform, die mit dem ungeliebten „K“ beginnt und allein auf einer Monopolisierung der Wirtschaft – und deren universeller Macht – basiert (dabei scheint es einerlei, ob das „K“ für Kapitalismus oder Kommunismus steht) hat sich, als nahtlose Fortsetzung der feudalistischen Gesellschaften offenbar endlich überlebt. In Österreich und langsam auch der Bundesrepublik Deutschland entdecken tausende mittelständischer Betriebe mit einigen hunderttausend Mitarbeitern den neuen Markt, das unerschöpfliche Reservoir an Möglichkeiten des Einsatzes von Pflanzen als Grundstoff für alle Produkte des täglichen Lebens – neben der Nutzung als Nahrungsmittel. Die Holzfeuer der gerade angebrochenen Zukunft sind wesentlich effizienter als damals und liefern nicht nur Wärme, sondern auch Strom oder treiben Fahrzeuge an. Die Werkzeuge sind den heutigen Lebensbedingungen angepasst und Holz ist als Baustoff inzwischen universeller einsetzbar als die einstigen Baustoffe der Moderne – Stahl und Beton. Es werden nun wieder auch Fahrzeuge, Fahrräder aus Holz gebaut, seit der Entwicklung hochfester Holzwerkstoffe auch vollständig ohne Verbindungs- und Hilfsmittel aus Metall. Durch die Nutzung wirklich aller Nebenprodukte, Abfälle und Reste sowie die Rückführung in den Kreislauf nach Ende der Nutzungsdauer ist dieser Weg wirklich nachhaltig, also dauerhaft gangbar zu nennen.

 

 „So lasst uns denn ein Bäumchen pflanzen“.

 

Dies war und ist wieder eine der Aufgaben eines jeden Menschen. Wie im einundzwanzigsten Jahrhundert nicht anders zu erwarten, wird diese Pflicht gleich im industriellen Maßstab, allerdings auf mittelständischem Niveau erledigt. In riesigen Gewächshallen werden unter optimalen Bedingungen Bäume aus Samen aus aller Welt gezogen und später, wenn sie eine entsprechende Größe erreicht haben, an dem jeweiligen Ort ihrer Herkunft eingepflanzt. Durch die sorgfältige und Stand- = Herkunftsort-spezifische Pflege während der Anzucht, zum Beispiel in Österreich, haben diese kleinen Bäumchen später in den Hochlagen der Gebirge, den sandigen Ebenen der Küste oder den Urwäldern der Tropen eine fast hundertprozentige Überlebensgarantie. Die Chance, das Waldsterben auch außerhalb Europas zu stoppen, ist groß. Es muss nur an einigen Standorten noch die zerstörerische Macht der Konzerne und Großgrundbesitzer gebrochen und deren krimineller Raubbau beendet werden.

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