Derzeit gibt es 22 Solarkraftwerke und zwei Windkraftwerke in Wien und Niederösterreich, die von Wien Energie als Bürgerbeteiligungskraftwerke betrieben werden. Klemens Neubauer ist Wien Energie-Experte im Geschäftsfeld Regenerative Erzeugung. Im Interview spricht er über Beteiligungskraftwerke und darüber, wie man sich beteiligen kann.
Wie entstand die Idee zu den Bürgerbeteiligungskraftwerken?
Bürger, die den Ausbau der Erneuerbaren fördern wollten, hatten den Wunsch geäußert, sich an Photovoltaikanlagen in der Stadt zu beteiligen, weil sie selber keine Möglichkeit haben, eine zu errichten. Zugleich gab es vonseiten der Stadtpolitik den Wunsch, dass Beteiligungsprojekte angeboten werden. Wien Energie ist dem nachgekommen. Die erneuerbaren Energien sind zukunftsträchtig und zugleich ein wirtschaftliches Thema, bei dem Wien Energie die Chance gesehen hat, mithilfe der Bürgerbeteiligung etwas voranzutreiben.
Wie wird ein Kraftwerksprojekt zum Bürgerbeteiligungskraftwerk?
Letztlich ist das eine strategische Entscheidung. Meist gibt es Partner, die ein solchesModell verwirklichen möchten. Wien Energie entscheidet darüber nicht allein, aber natürlich hat es auch mit einer gewissen Außenwirkung und dem Imagewert zu tun.
Wie kann man sich über Beteiligungsprojekte informieren?
Wir schicken einen Newsletter aus, in dem wir regelmäßig über geplante Projekte informieren. Auch über die Presse kann man sich informieren. Auf der Webseite www.buergerkraftwerke.at kann man sich registrieren. Wird ein Kraftwerk angeboten, kann man sich unverbindlich anmelden. Per Post bekommt man dann das Angebotsschreiben mit dem Vertrag und Zahlschein zugeschickt. Mit der Einzahlung des Betrages wird der Vertrag wirksam. Maximal können pro Kraftwerk zehn Anteile zu je 950 Euro gekauft werden. Man kann sich an mehreren Kraftwerken beteiligen. Voraussetzung sind ein Konto in Österreich und die österreichische Staatsbürgerschaft.
Welche Vertragsmodelle gibt es?
Das häufigste Modell ist das Sale-and-Lease-Back-Modell bei Solarkraftwerken. Der Bürger kauft Paneele, die ihm dann gehören. Wien Energie least die Paneele zurück, der Bürger bekommt dafür Miete. Das zweite Modell ist ein Gutschein-Modell. Der Bürger kauft ein Gutschein-Paket, mit dem die Paneele errichtet werden. Über die Gutscheine bekommt er über eine Laufzeit von 25 Jahren eine monetäre Vergütung. Das dritte Modell wird bei Windkraftwerken angewandt: Hier ist der Bürger am gesamten Projekt beteiligt – er ist also Miteigentümer, das Investment wird geteilt. Auch dafür gibt es eine monetäre Vergütung. Ein wichtiges Entscheidungskriterium des Bürgers stellt auch das Thema der Besicherung seines Investitionsanteils dar. Dadurch, dass der Bürger rechtlicher Eigentümer des Paneels ist, besteht für den Bürger eine ausreichende Sicherheit.
Wer profitiert von einem Bürgerbeteiligungskraftwerk?
Es ist eine Win-Win-Situation für alle drei Parteien – den Bürger, Wien Energie und den Partner, der das Kraftwerk errichtet. Der Bürger, der ja freiwillig mitmacht, kann sich an Erneuerbare-Energie-Projekten beteiligen – eine Chance, die er sonst nicht hätte – und bekommt dafür eine monetäre Vergütung. Das Risiko ist für ihn eliminiert, Einlagensicherung gibt es aber natürlich keine.
Wie ist die Resonanz auf die Möglichkeit zur Beteiligung?
Das Interesse ist sehr, sehr groß. Wenn wir ein Beteiligungsprojekt auf der Plattform veröffentlichen, sind die Anteile meist binnen weniger Minuten ausverkauft. Der Vergabemodus kann zwar nicht garantieren, dass alle Interessenten tatsächlich einen Anteil bekommen. Aber dadurch hat so jeder die gleiche Chance einen Anteil zu erwerben – man muss nur schnell genug sein..
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Quellen: Energieleben Redaktion
Foto: Daniel Bointner – Fotografie Wien