Peter Peduzzi im Gespräch.
Dieser Artikel wurde am 31. Juli 2015 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Alle möglichen Viren sind in den meisten Lebensräumen allgegenwärtig. Weitgehend unerforscht ist ihre Rolle aber im globalen Wasserkreislauf, das vor allem in Fließgewässern. Peter Peduzzi, tätig am Institut für Limnologie und Bio-Ozeanografie an der Universität Wien, hat zum aktuellen Forschungsstand neulich einen Artikel darüber publiziert. Grund genug, darüber mit ihm zu sprechen.

Wie in allen natürlichen Gewässern ist die Zahl der Viren auch in Fließgewässern extrem hoch, ihr Einfluss ist hingegen nahezu unerforscht. Vor allem im Bezug auf die globale Bedeutung.

Viren in Fließgewässern: Viele haben da wohl sofort Krankheitserreger vor Augen. Was darf man sich darunter wirklich vorstellen?

Normalerweise ist die Zahl von humanpathogenen Viren (Krankheitserreger) in Fließgewässern verschwindend gering! Immer aber gibt es überwiegend Viren, welche Bakterien (auch da sind die meisten keine Krankheitserreger) befallen, sogenannte Bakteriophagen. Da findet man meist so ca. zehn Millionen solcher Viren in einem Milliliter Wasser (ca. ein halber Fingerhut voll). Ihre Wirte, die Bakterien gibt es meist so ca. eine Million pro Milliliter.

Sie kennen den aktuellen Forschungsstand, was weiß man kurz zusammengefasst über diese Viren?

Hier nur kurz ein wichtiger Aspekt: So wie die Bakterien haben auch diese Viren, seit Entstehung allen Lebens auf unserem Planeten, in Gewässern wichtige Funktionen. Z.B. im globalen Kohlenstoffkreislauf (Recycling/Zersetzung/Abbau von organischem Material zu CO2, was ja hauptsächlich durch Bakterien geschieht), sind nach neueren Erkenntnissen auch Viren beteiligt: sie lösen ihre Wirte, die Bakterienzellen, fallweise auf und beschleunigen so die Abbauprozesse und die Freisetzung von CO2. Dies alles sind aber natürliche Prozesse. Wenig bekannt ist allerdings, ob diese Abläufe in veränderten Lebensräumen (z.B. in regulierten und verbauten Fließgewässern) gestört sind. Unsere bisherigen Erkenntnisse weisen darauf hin, dass es hier einen vom Menschen verursachten Einfluss gibt.

Bakterien_Viren

Warum ist es wichtig noch mehr über sie zu lernen?

Aus dem oben Gesagten geht ja hervor, dass es wichtig ist, noch viel mehr über diese Vorgänge und über die Rolle von Viren in Gewässern zu erfahren. Solche Erkenntnisse können für ein modernes Management von Binnengewässern (als wichtigste Süßwasser Ressourcen) einen wesentlichen Beitrag leisten. Durchaus auch im Zusammenhang mit der globalen Zunahme an atmosphärischem CO2.

Wie könnte man in der Zukunft am besten mehr über diese Viren erfahren?

Nur durch verstärkte Investitionen in die Grundlagenforschung können solche hoch komplexen Zusammenhänge besser verstanden werden. Dies ist ein gutes Beispiel dafür, wie wissenschaftliche Grundlagenforschung letztlich auch für angewandte Themen und globale Probleme unverzichtbar ist.

Mehr zum Thema Leben

Diese Kategorie beschäftigt sich mit allem, was das tägliche Leben berührt, um dieses nachhaltiger und umweltfreundlicher zu gestalten. Mit folgenden Links gelangst du der Reihe nach zu mehr Artikel in diesem Themenbereich für Einsteiger bis zu Profis.

Quellen:

Text: Interview und Uni Wien

Fotos: Peter Peduzzi und privat

B_bildleiste_experten_02