Vor Kurzem habe ich darüber geschrieben, dass Pilze als beliebter Fleischersatz verwendet werden. Bei der Recherche stieß ich auf einen spannenden Fakt: die Pilzbranche boomt! Dafür gibt es gute Gründe, nicht nur kulinarische – und darum geht es im heutigen Artikel.
Das Tolle an Pilzen
Mein Opa konnte im Wald zwischen köstlich, ungenießbar und giftig unterscheiden – ich kann das leider nicht mehr, wie die wenigsten Menschen meiner Generation. Dabei gelten Pilze weltweit als “Rettung der Menschheit”, wenn die Weltbevölkerung ständig wächst und es irgendwann zu wenig Nahrung für alle gibt.
Pilze gedeihen nämlich auch auf Sägespänen, Kaffeesatz, Maiskolben, Bananenblättern, Brauereiabfällen oder Baumwollresten – dem sogenannten Substrat. Wenn die Bedingungen passen – also Substrat, die Feuchtigkeit von Luft und Boden sowie die Temperatur – dann wachsen Pilze wirklich überall. Damit sind sie auch wie geschaffen für das Prinzip von Vertical Farming mit seiner hermetisch von natürlichen Kreisläufen abgegrenzten Lebensmittelproduktion und ein Zeitalter, in dem der Boden allerorts knapp wird. Weil sie nur in einer kurzen Phase Licht brauchen und dabei auch mit künstlichem Licht auskommen, lassen sich Pilze ideal in Etagen übereinander kultivieren. Theoretisch können auf einem Quadratmeter Boden zig Etagen übereinander reifen und später geerntet werden.
Pilze sind generell einfach ganz tolle Geschöpfe, denn sie sind Mischwesen zwischen Pflanze und Tier und bilden unter den Lebewesen ein völlig eigenständiges Reich. Sie sind zwar sesshaft wie die Pflanzen, atmen aber – wie Tiere und Menschen – Sauerstoff und ernähren sich von organischem Material (z. B. Holz, Insekten). Des Weiteren haben Pilze Zellwände wie die Pflanzen. Doch bestehen die Zellwände der Pilze nicht aus Cellulose, sondern aus Chitin wie beispielsweise der Panzer von Insekten.
Zudem gibt es unzählige Sorten von Pilzen (an die 100.000 sind bisher bekannt), viele wohlschmeckend, sättigend und reich an Protein und Mineralstoffen.
Wie Pilze die Welt retten könnten
Schon 2009 schrieb die Food and Agrikultur Organization der Vereinten Nationen (FAO): “Make money by growing mushrooms.” Vor allem Kleinbauern in armen Gegenden können sich die Pilzproduktion gleich in mehrfacher Hinsicht zunutze machen. Man benötigt wenig Platz und wenig Startkapital und kann Pilze sowohl in ländlichen als auch urbanen Gegenden kultivieren. Dabei können organische Abfälle als Substrat recycelt und mit verhältnismäßig wenig Arbeitseinsatz ein nahrhaftes Lebensmittel erzeugt werden. Weil Pilze sich gut trocknen lassen, können damit Inhaltsstoffe und Geschmack auch leicht konserviert werden.
Auch die Finanzbranche hat mittlerweile die Bedeutung der Pilzbranche für die Zukunft entdeckt und es ist bereits einiges an “Big Money” im Spiel. Weltweit steigen die mit Pilzen geschaffenen Umsätze um zehn Prozent pro Jahr. Pilze gehören neben Avocado und Nüssen eindeutig zu den Shooting-Stars der “plant-based” Ernährung. Es gibt rein ernährungsphysiologisch zwar Besseres, aber wenn es um Nachhaltigkeit geht, spricht alles für die Pilze. Vor allem, wenn man mit Fleisch vergleicht: durchschnittlich 20 Kilo CO2 werden für ein Kilogramm Fleisch ausgestoßen – für ein Kilogramm Pilz nur ein Kilo CO2.
Was man aus Pilzen alles machen kann
In Asien sind Pilze nicht ohne Grund seit jeher beliebt. Dort werden Pilze auch fermentiert und sogar zu Pilzmehl verarbeitet. In Europa werden Pilze noch eher konventionell zubereitet, langsam schnappt aber etwas Know-How aus dem asiatischen Raum zu uns.
Pilze bringen nämlich eine enorme Geschmackstiefe mit. Neben vielen Wildpilzen sind etwa Shiitake-Pilze, deren krebsvorbeugende Wirkung nachgewiesen wurde, eine Quelle für die Geschmacksrichtung Umami – herzhaft und würzig. Wenn tierische Umami-Quellen wie Parmesan oder Sardellen weniger werden, gewinnen pflanzliche an Bedeutung. Aber auch andere Sorten haben es in sich: der Kräuterseitling schmeckt zum Beispiel nicht zu stark nach Pilz, bietet Umami Geschmack und einen fasrigen, guten Biss. Der Steinpilz liefert mit 5,5 Prozent am meisten Protein, bei Ballaststoffen sind Champignons die Spitzenreiter und Kalium findet man am meisten in Pfifferlingen. All diese Nährstoffe sind aber in allen Speisepilzen zu finden, zudem eine Vielzahl an anderen Mineralstoffen wie Selen, Eisen, Kalium, Zink und allerlei Vitamine.
Die Zubereitungsarten von Pilzen sind ebenso vielfältig wie die Arten: Man kann die Pilze roh essen, sie braten, schmoren oder auch kochen. Ausserdem werden in der Küche auch in Öl oder Essig eingelegte, sowie zu einem Pulver zermahlene Pilze verwendet. Getrocknete Pilze kommen ebenfalls in Frage, müssen allerdings vor dem Verzehr bzw. der Weiterverarbeitung zuerst eingeweicht werden. (Was sich durchaus auszahlt – die Geschmacksexplosion ist einfach unbeschreiblich!)
Ich überlege schon, mir ein “Homegrowing-Kit” für Pilze zu besorgen, jetzt hat mich irgendwie die Neugier gepackt. Sollte ich so etwas ausprobieren, werde ich euch berichten!
Quellen:
Biorama Printausgabe #53
https://www.zentrum-der-gesundheit.de/pilze.html
https://www.lifeline.de/ernaehrung-fitness/gesund-essen/vier-gruende-oefter-pilze-zu-essen-id51375.html
Bilder/Fotograf:
Photo von Mari-Liis Link-A bei Unsplash
Photo von Nick Grappone bei Unsplash
Die nebenberufliche Fitness- und Ernährungstrainerin beschäftigt sich schon seit ihrer Jugend mit gesunder Ernährung und alternativen Lebensweisen. 2010 begann die begeisterte Hobbyköchin ihren Foodblog „Fit & Glücklich“. Dort vereint sie ihre Liebe zu gutem Essen und Sport mit dem Versuch, die Balance im Leben zu finden. 2015 hat sie auch ein Kochbuch zum Thema „Clean Eating“ geschrieben.