Auf der Erde leben so viele Menschen wie nie zuvor. Und wir verlangen ihr viel ab. So viele Menschen zu ernähren beziehungsweise unterzubringen ist eine Herausforderung, der wir uns nun stellen müssen. Nachdem ein Großteil unserer Nahrungsmittel im fruchtbaren Boden angebaut werden, ist dieser quasi unsere Lebensgrundlage – die wir uns mit unserem derzeitigen Lebensstil buchstäblich unter den Füßen wegziehen.
Unser Boden ist in Gefahr
Alleine der Anbau von Roggen, Gerste, Mais, Weizen und Reis deckt 90 Prozent des globalen Kalorienbedarfs. Die größte Gefahr für unseren Boden ist derzeit die Degradation. Das heißt Versalzung, Erosion, Auswaschung von Nährstoffen, Humusabbau oder Kontamination mit Schadstoffen. Gerade die konventionelle Landwirtschaft mit all ihren Pestiziden bedrohen die Artenvielfalt und die nachhaltige Fruchtbarkeit der Böden. Gleichzeitig gehen aufgrund der Flächenversiegelung immer mehr Böden für die Landwirtschaft verloren. In Österreich werden etwa derzeit circa 20 Hektar täglich verbaut. Das entspricht ungefähr der Fläche eines landwirtschaftlichen Betriebs, die pro Tag verloren geht. In Deutschland sind es sogar knapp 60 Hektar pro Tag.
Es gibt allerdings nicht nur diese negative Seite. Wie immer gibt es zum Glück auch engagierte Projekte und Menschen, die sich für die Bewahrung und Vermehrung von fruchtbarem Boden einsetzen. Einige davon stelle ich euch heute hier vor.
Vom WC aufs Feld
In Haiti gibts ein Projekt welches in doppeltem Sinne sinnvoll ist: die Non-Profit-Organisation Soil stellt seit 2006 Menschen in den städtischen Gebieten mobile Toiletten zur Verfügung. Drei Viertel der Bevölkerung haben hier keinen Zugang zu hygienischen Sanitäranlagen und der Abfall derselben wird selten hygienisch verwertet. Durch schlechte Hygiene verursachter Durchfall ist die häufigste Todesursache bei Kindern unter fünf Jahren.
Die Toiletten sind aus lokaler Produktion und gegen eine geringe Monatsgebühr, welche auch die Kosten für die Einsammlung und Behandlung der Fäkalien abdeckt, zur Miete erhältlich. In Aufbereitungsanlagen werden die Abfälle dann acht Tage lang auf 50°C erhitzt, um eventuelle Keime unschädlich zu machen (dies deckt sich mit den WHO-Richtlinien). Nach sechs bis acht Monaten entsteht dann daraus ein nährstoffreicher, organischer Dünger, der dann der Landwirtschaft und der Aufforstung der Insel zugut kommt. So trägt das Projekt nicht nur zur Gesundheit der Bevölkerung bei, sondern auch zu jener der Böden.
Power-Bäume schützen den Boden
In der Region rund um den Lake Tana in Äthiopien sind die Böden erosionsgefährdet und wenig fruchtbar. Die BOKU Wien arbeitet gemeinsam mit der Universität Bahia Dar und lokalen Bauern an nachhaltigen, effektiven und kostengünstigen Landwirtschaftsstrategien für die Region, um diese Böden in wertvolles Ackerland zu verwandeln. Dabei setzt man auf wassersparende Anbaumethoden, den Einsatz von Stallmist und den Anbau von Klee. Außerdem auf rasch wachsende Bäume aus der sogenannten Agrarforstwirtschaft. Dazu gehören zum Beispiel der Sesbania sesban aus der Familie der Hülsenfrüchte, die wahre Zauberkünstler sind. Sie können Stickstoff im Boden fixieren, ihre Blätter schützen den Boden bei Starkregen und können außerdem zur Düngung oder als Viehfutter verwendet werden. Das Stammholz dient als Brennmaterial zum Kochen. So kann der Stallmist, der sonst dafür verwendet wird, wieder dem Boden zur Verfügung gestellt werden.
Ein Moor das wächst
Moore erfüllen eine wichtige Aufgabe im globalen Klimasystem: 15cm Torfschicht binden in etwa so viel CO2, wie ein hundertjähriger Wald. Leider sind sie in weiten Teilen der Welt von der Landkarte verschwunden und das CO2 wurde freigesetzt. Nur in den Niederlanden gibt es ein Moor das wächst. Zufall? Nein. Das Naturschutzgebiet ist das Überbleibsel eines 3.000km2 großen Moorkomplexes, das sich bis nach Deutschland erstreckt hat. Dank Wasserbecken und Dämmen, die die Torfbildung begünstigen, wächst die Torfschicht im Bargerveen wieder. Sehr langsam, ungefähr einen Millimeter im Jahr, aber immerhin.
Ackern im Klimawandel
Der Temperaturanstieg liegt mittlerweile in Österreich deutlich über dem globalen Mittel und damit gewinnen Probleme wie Starkregen oder Dürren an Bedeutung. Genau damit beschäftigt sich seit 2003 Jürgen Friedel mit seinen Kollegen auf seinem 140 Hektar großen Betrieb im Marchfeld im Zuge des Projekts MUBIL. Das Besondere am Projekt: Biologischer Landbau setzt traditionell auf einen geschlossenen Betriebskreislauf und damit auf Viehhaltung. Im Biobetrieb in Rutzendorf wird darauf verzichtet. Dort bleiben die Böden aufgrund spezifischer Fruchtfolgen mit der Futterpflanze Luzerne und der Zufuhr von Kompost aus dem kommunalen Bereiche fruchtbar. Da das Projekt nun schon seit 15 Jahren läuft lassen sich auch schon einzelne Langzeittrends beobachten: die Fruchtbarkeit der Böden und die Artenvielfalt nehmen wieder zu, man kann also durchaus von einem Erfolg sprechen.
Lebendige Böden retten Leben
Die Region um die fünf Bundesstaaten Maharashtra, Punjab, Orissa, Chhattisgarh und Kerala in Indien erlangte als “Suizid-Gürtel” traurige Berühmtheit. Seit Mitte der 1990er Jahre haben sich hier hunderttausende Kleinbauern aufgrund der ökonomisch angespannten Situation das Leben genommen. Mit ihrem Projekt “The Hummingbird Project” möchten Chris Kennedy und seine Frau Marilyn McHugh dieser tragischen Entwicklung entgegen treten. Hauptfokus liegt auf Schulungen der lokalen Bauern. Das Wissen um das Ökosystem Boden und Techniken, um dieses nachhaltig bestellen zu können, hilft auf Chemikalien zu verzichten und ihr Einkommen durch den Verkauf ökologischer Produkte aufzubessern. Bis heute wurden durch das Projekt 2.500 indische Bauern in Permakultur unterrichtet und es konnten bereits erste Erfolge verbucht werden.
All diese Projekte zeigen, dass es viele Menschen gibt, die unsere Böden schützen und erhalten wollen. Ich finde das sehr schön und versuche meinen Kindern auch zu lernen, wie wertvoll Boden ist. Die Erde ist unsere Lebensgrundlage – gehen wir also sorgsam damit um!
Quellen:
Sonnentor, Freude Magazin 12, Werner Sturmberger, “Land gewinnen“
Mubil, “Monitoring der Umstellung auf biologischen Landbau“
Our Soil Haiti
Boku, CO2 Kompensationssystem
Naturpark Moor
The Hummingbird Project