Der Autohersteller Audi arbeitet an CO2-neutralen Kraftstoffen, die die gleichen Eigenschaften wie ihre klimaschädlichen Vorbilder haben. 2014 sollen erste Produktionsstätten hochgefahren werden.
Dieser Artikel wurde am 6. Februar 2013 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Man kennt das Hauptproblem aller bestehender Elektrofahrzeuge zur Genüge: die Reichweite ist zu klein. Da kann man noch so oft hören, dass fast alle Strecken, die man fährt, kürzer sind als die etwa 150km, die Elektroautos momentan schaffen. Wir sind gewohnheitsmäßige Quartett-Spieler: die größere Zahl gewinnt immer. Was sind 150km oder 200km gegen 850km!

Also: das Elektroauto hat verloren, scheints. Ein anderes Antriebs-Konzept muss her, zumindest zwischenzeitlich, bis Batterien eine so hohe Speicher-Kapazität haben, dass das Elektroauto auch bei der Reichweite sticht.

Während einige Auto-Hersteller mit Wasserstofffahrzeugen experimentieren, versuchen andere, einen synthetischen Kraftstoff herzustellen, der nicht aus abgestorbenen und hoch komprimierten Pflanzen und Tieren besteht, sondern frisch gewachsenes Pflanzen-Material als Rohstoff nutzt. Das Antriebskonzept muss dann nicht geändert werden. Wer jetzt an die E10-Debatte denkt, liegt nicht falsch.

Audi geht zwei Wege (am E10 vorbei): einen europäischen mit eGas und einen amerikanischen mit eEthanol und eDiesel. Ich möchte mich auf den ersten konzentrieren.

eGas

eGas ist nichts anderes als klimaneutral und regenerativ produziertes Methan, chemisch gesehen ident mit Erdgas (CH4). In Deutschland betreibt die Deutsche Energie-Agentur (dena) eine Strategieplattform unter dem Namen »Power to Gas«, die genau das Prinzip umfasst, welches Audi hier umgesetzt hat. Die Volkswagen AG, Muttergesellschaft von Audi, ist Partner von »Power to Gas«.

Wie wird vorgegangen?

Eine mit Abfällen beschickte Biogas-Anlage produziert CO2, welches aufgefangen und in einen Methanisierungsreaktor geleitet wird. Dort reagiert das CO2 mit Wasserstoff zu Methan und Wasser. Der Wasserstoff wird über Elektrolyse gewonnen: diese wird ausschließlich mit regenerativ produziertem Strom betrieben. Das eGas kann problemlos in das vorhandene Erdgas-Netz eingespeist werden, dessen Speicherkapazität mehr als ausreicht, um das produzierte Gas aufzunehmen; oder auch für den Antrieb von Gas-Fahrzeugen dienen, wie sie kommerziell schon verbreitet sind.

Audi präsentiert hier ein Konzept, welches als Idee schon länger existiert und in der Industrie etabliert ist. Wichtigster Schritt des Projekt ist die erste industrielle Anlage, die Audi gerade im Emsland baut und bald in Betrieb nehmen möchte. Die Kapazität wird mit 1.000t eGas pro Jahr angegeben; die Maximalproduktion liegt bei 218kg eGas pro Stunde oder ~1.900t/Jahr oder 2,85 Millionen m3/Jahr. Das wären 3083t SKE.

Deutschland verbrauchte 2011 93,3 Millionen t SKE an Erdgas (pdf). Um den gesamten Verbrauch regenerativ zu decken, bräuchte man etwa 50.000 solcher Kraftwerke, wenn man wie Audi ausgeht von etwas mehr als 50% Realproduktion im Verhältnis zur Maximalproduktion. Das wären 24 Kraftwerke pro deutscher Stadt und eine verbaute Fläche von 205 km2, etwas weniger als die Insel Malta oder halb so viel wie Bremen.

Die Elektrolyseure der Kraftwerke hätten gemeinsam eine Maximalleistung von 300 GW.

Will man das Konzept flächendeckend umsetzen, haben wir noch einen weiten Weg vor uns. Um regenerative Überkapazitäten zu Produktions-Hochzeiten aufzufangen, könnte ein solcher Kraftwerkspark aber erheblich zur Stromnetzstabilität beitragen.

Fast hätte ich es vergessen: ein Video gibt’s natürlich auch.