Franz Nahrada
Franz Nahrada
Ein Interview mit Zukunftsforscher Franz Nahrada.
Dieser Artikel wurde am 30. Oktober 2017 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Wie kann man einen nachhaltigen Wandel unterstützen und fördern? – Diese Frage hat sich nicht nur der Zukunftsforscher und Mitinitiator von Transition Austria Franz Nahrada schon vor langer Zeit gestellt. Als Antwort darauf sind speziell in den letzten paar Jahrzehnten sehr viele Initiativen entstanden, die unterschiedliche Bereiche dieser Frage behandeln. Es geht dabei darum, die Forschung nicht auf einer theoretischen Ebene zu belassen, sondern in die Praxis und Umsetzbarkeit zu bringen.

Eine sich auf internationaler Ebene inzwischen stark verbreitete Initiative ist 2006 in Totnes in England als erste Transition Town entstanden. Inzwischen wurde daraus eine ganze Bewegung, die sich auf 50 Länder ausgeweitet hat.

Transition Bewegung

„Transition ist eine Bewegung von Gemeinschaften, die zusammen kommen um unsere Welt neu zu denken und aufzubauen.“ – So heißt es auf der Seite des Transition Networks, das sich zum Ziel gesetzt hat, lokale Gemeinschaften und Gruppen international zu vernetzen, wobei hier zwei wesentliche Aspekte eine Rolle spielen.

Einer davon ist es, dass sich die Menschen – sowohl in Dörfern als auch Städten –  wieder zusammenschließen, um gemeinsam Lösungen für ihre ganz direkten Probleme zu finden. Das kann sowohl eine Food-Coop, ein Co-Working Space, eine Car-Sharing Gruppe, ein Gemeinschaftsgarten, als auch eine größere Wohngemeinschaft sein, die mehrere dieser Elemente für sich aufbaut. Es geht dabei darum, dass sich die einzelnen lokalen Projekte zunehmend wechselseitig unterstützen, wodurch das Ganze größer wird als die Summe der Einzelteile. Dadurch kann eine Dynamik entstehen, die die gesamte Gemeinde mit einschließt, nicht nur die einzelnen Projekte. Im Unterschied zu vielen anderen Organisationen gibt nicht die Verwaltung Ziele vor, die die Menschen verfolgen sollen, sondern die Menschen organisieren sich autonom und vernetzen sich, um letztendlich auch die Verwaltung als Unterstützer zu gewinnen.

Der zweite Aspekt – das internationale Netzwerk – soll vor allem dabei helfen, Informationen und Erfahrungen, Erfolge und Misserfolge dieser Gruppen zu sammeln und auch anderen Initiativen zur Verfügung zu stellen, damit nicht jeder das Rad neu erfinden muss. Es geht darum, dass neue Ideen und Möglichkeiten entdeckt, kommuniziert, und Erfahrungen darüber geteilt werden. Dabei ist es wichtig, dass Menschen wieder unterstützend miteinander zusammenarbeiten und sich gegenseitig helfen. Ein Teil der Unterstützung ist hierbei vor allem auch, dass das Bewusstsein über die anderen Gruppen den lokalen Initiativen und Menschen neue Kraft gibt.

Transition Austria

Auch in Österreich entstand 2009 mit Transition Austria ein virtueller Knotenpunkt für die Transition Bewegung. Es geht darum, dass jeder, der eine gute Idee für ein Projekt hat, online nach Gleichgesinnten suchen kann. Wichtig ist dabei, dass die unterschiedlichen Gruppen autonom arbeiten, sich aber gegenseitig unterstützen können. Eine dezentralisierte Vernetzung ermöglicht es, dass Menschen mit Ideen unabhängig und schnell andere erreichen und Initiativen ins Leben rufen können.

Derzeit gibt es acht aktive Transition Gruppen in Österreich. Einige haben sich aufgelöst, andere neu gegründet. Über die Jahre hat die Aktivität in den Online-Foren abgenommen, die direkte Zusammenarbeit vor Ort hat sich aber verstärkt. Außerdem haben sich parallel dazu auch diverse andere Gruppen, Gemeinschaften, Initiativen und Projekte mit sehr ähnlichen Intentionen entwickelt, die sehr unterschiedlich stark in Austausch miteinander sind. Es ist nun die Frage, wie sich diese Gruppen wieder mehr untereinander austauschen können.

Resümee aus acht Jahren Transition Austria

Franz Nahrada, Zukunftsforscher und Mitinitiator von Transition Austria, hat in den Jahren seit der Entstehung von Transition Austria einiges über die Vernetzung von Initiativen des Wandels gelernt. Laut seinen Beobachtungen haben sich zwei wesentliche Erkenntnisse herauskristallisiert.

Jeder kocht seinen Teil der Suppe, aber schaut wenig auf die anderen

Die Initiativen legen logischerweise einen starken Fokus auf ihr lokales Wirken. Oft waren und sind dann weder Ressourcen noch ein starker Wunsch da, ihre Erfahrungen und Erkenntnisse in die Welt zu tragen, um sie anderen zur Verfügung zu stellen. Es hat sich jedoch gezeigt, dass speziell auch das Kommunizieren nach Außen, der Austausch von Erfahrungen und Erkenntnissen ein sehr wichtiger Aspekt, nicht nur der globalen Bewegung, sondern auch des Agierens vor Ort, ist. Transition Austria sieht hier die Notwendigkeit, dass diese Lösungen optimal kommuniziert werden. Dafür braucht es eine Struktur, die dabei hilft, dass sich die bereits existierende Bewegung als solche wahrnimmt und weiter wachsen kann.

Gestalterischer Freiraum trotz Struktur

Die zweite Erkenntnis war, dass es wichtig ist, den Menschen sowohl in den Initiativen, als auch bei der Vernetzung viel gestalterischen Freiraum zu lassen und nur sehr wenig vorzugeben. Dadurch entsteht evolutionäre Vielfalt und immer lebendigere Lösungen. Dies hat vor allem auch die Entwicklung vom Transition Netzwerk der Gründergeneration, hin zur globalen Transition Bewegung der nachfolgenden Generation, gezeigt. Die Bewegung besteht nicht aus einem zentralen Netzwerk, sondern aus nationalen Hubs, die sich dezentral und individuell organisieren.

Diese Hubs sind zunächst nicht geplant entstanden, sondern waren eine Initiative einer jungen Generation von Interessierten, die aus der ganzen Welt auf die Entwicklungen in den Transition Towns geschaut und sich selbst für einen möglichst effektiven Austausch neu aufgestellt haben.

Transition Hubs

Hubs oder Knotenpunkte sind Organisationen, die die Initiativen in den jeweiligen Regionen oder Ländern unterstützen und zugleich intensiven Kontakt zu den anderen Knotenpunkten auf der ganzen Welt haben sollen, Materialien übersetzen, Erfahrungen austauschen usw. Diese Hubs verstehen sich als Dienstleister, um zu helfen die Erfahrungen der lokalen Initiativen zu teilen und umgekehrt Lösungen zu vermitteln. Das ist eine große Aufgabe, die unmöglich eine Person alleine tun kann. Nur in Österreich bräuchte es hierfür wahrscheinlich mindestens zehn Menschen, die sich nur dieser Aufgabe der Vermittlung widmen. Aber wer soll das machen?

Bevor ein Transition Hub in Österreich entstehen kann, startet Transition Austria daher jetzt einen Aufruf für zusätzliche Mitwirker. Der Aufruf gilt speziell denjenigen, die sich mit der Frage “Welche Struktur unterstützt unsere Bedürfnisse, und was müssen wir tun, damit soetwas entsteht?” bereits auseinander gesetzt haben. Das erste Treffen hierfür fand am Sonntag, 8. Oktober 2017 in der Bibliothek für Zukunftsfragen in Salzburg statt. Die Idee der Zusammenkunft war es zu besprechen, wie die Transition Bewegung helfen kann diese Prozesse weiterzuentwickeln. Wie es weitergeht wird sich zeigen.

Fazit

Je mehr man sich damit beschäftigt, desto klarer sieht man, dass viele Initiativen bereits da ist, und auch viel Neues entsteht. Es zeigt aber auch, dass Infrastruktur zur Vernetzung und zum Austausch für die Initiativen eine sehr wichtige Aufgabe darstellt, damit die Arbeit dieser Bestand haben kann.

 

Weiterführende Links

https://transitionnetwork.org/
http://transitionaustria.ning.com/
https://jungk-bibliothek.org/2017/10/09/transition-oesterreich-treffen-von-pionieren-in-der-jbz-kongress-kommunale-intelligenz/