Klimaforscher sind verunsichert und Erwärmungsleugner fühlen sich bestätigt: Die Erwärmung scheint zu stagnieren. Doch ist die unbestrittene Erwärmung der letzten Jahrzehnte das einzige Problem auf dem Weg zu Nachhaltigkeit?
Die Klimaerwärmung ist nur ein Indikator
Seit fast 5.000 Jahren ist der Mensch auf einem Irrweg, auf dem seine kulturelle Entwicklung in den letzten 200 Jahren ein exponentiell zunehmendes Tempo aufgenommen hat. Seit der Homo sapiens sich entschlossen hat, es zuzulassen, dass „Mutter Erde“ enteignet wird, seit Privateigentum von Grund und Boden den Bruch aus der in Millionen Jahren gelebten altruistischen Gemeinschaft markierte, ist diese kulturelle Mutation dabei die Lebensgrundlage der Menschen und damit diesen selbst zu zerstören. Die gesamte „Umgebung“, die wir Natur nennen, oder einfach unseren Planeten, ist Grundlage der Existenz allen Lebens auf diesem Planeten, also Allgemeineigentum, will man überhaupt von Eigentum reden. Teile davon, ja inzwischen die gesamte Oberfläche als erwerbbares Eigentum zu betrachten ist grotesk. Wer soll der „Vertragspartner“ gewesen sein?
Von diesem Zeitpunkt an folgte nun aber eine Entwicklung, welche am Ende zu all den heutigen Problemen führte. Eine egoistische Gesellschaft organisierte sich nur noch so, dass Herrschaftskasten das Gemeineigentum, das bei den Germanenstämmen noch Allmende hieß, nur noch unter der Prämisse der Mehrung von Ertrag, also Gewinn für Einzelne zu betrachten. Dabei wurden und werden erst einmal alle Bedenken ausgeklammert und allein ökonomische Indikatoren berücksichtigt. Fristen für diese Renditen gehen selten über 10 Jahre hinaus, schon gar nicht weiter, vielleicht für Generationen. So werden alle Zerstörungen der Umgebung, wie zum Beispiel unter anderen die Erwärmung des globalen Klimas als Schäden angesehen, die die augenblicklichen Renditeerwartungen nicht beeinflussen.
Das Lindern von Symptomen hat noch niemanden geheilt
Da die Menschen in den letzten hundert Jahren dazu gebracht wurden nur noch in kleinsten Schachteln zu denken und sich in der unübersehbaren Flut von Entwicklungen eines immer komplexeren Systems in ihre Fachgebiete verkriechen, haben sie offenbar verlernt einfach ihr Gefühl zu befragen, ob eine Entwicklung richtig sei. Alle Wesen haben mit Sicherheit das über Millionen Jahre eingespeicherte Gefühl der All-Einheit, der Verwandtschaft mit der Umgebung in sich. Es wird leider unter dem Wust der Informationen, Anforderungen und Probleme des Alltags verschüttet. So arbeiten sich eifrige Fachidioten an Detailproblemen ab und melden sofort Erfolge, sobald ein Teilindikator, ein kleines Zahnrad im Gesamtgetriebe wieder greift. Dabei ist das ganze Werk von Übel, muss grundsätzlich nachgedacht, besser nachgefühlt werden.
Dieser Planet gehört uns nicht, wir können ihn allenfalls pachten und müssen ihn für alle Verwandten Lebewesen und unsere eigenen Nachkommen pflegen und erhalten. Unsere eigene aufgeblähte und komplexe Kultur muss sich der Umgebung anpassen und nicht umgekehrt. Das braucht ein grundsätzliches Heilungskonzept und nicht eine zeitweise Verringerung von CO2 in der Luft. Die Gefahr ist doch, dass, sobald dieses Ziel erreicht wäre, die Menschen denken, nun sei alles gut. Genau so eine Gefahr ist die Feststellung, dass die Erwärmung gerade nicht mehr zuzunehmen scheint (http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/stillstand-der-temperatur-erklaerungen-fuer-pause-der-klimaerwaermung-a-877941.html).
Wissenschaft und Ingenieure machen sofort wieder neue Fehler
Schon Carl Friedrich von Weizsäcker warnte davor, „Fachleute“ damit zu beauftragen, eigene Fehler zu beheben. Sie würden nur neue Fehler produzieren. Genau das ist in den letzten Jahrhunderten immer wieder passiert und hat Kulturen wie die Maya oder die Khmer zu Grunde gehen lassen. Hinzu kommt, dass wir heute an einem kritischen Punkt angelangt sind, wo selbst die Beseitigung der eigenen Fehler nach ökonomischen Maßstäben erfolgt. Wenn sich die Reparatur nicht rentiert, wird es eben gelassen. Dabei werden die Schäden an der Umwelt nicht bemessen. Das gesamte Gebaren hat dann auch Züge einer absolut grotesken, kriminellen Handlung.
Wir nehmen seit fast 500 Jahren hin, dass unsere Kultur davon lebt, dass Millionen Menschen dafür sterben, versklavt werden oder unter unmenschlichen Bedingungen arbeiten. Wir nehmen hin, dass Millionen Kinder Hungers sterben, weil wir es uns leisten die Hälfte der Nahrungsmittel auf den Müll zu werfen und eine Landwirtschaft betreiben, die mit horrenden Kosten systematisch den Boden – der uns nicht gehört – zerstört.
Das alle hat Züge der „Banalität des Bösen“, wie es Hannah Arendt – in einem ausgezeichneten aktuellen Filmportrait von Margarete von Trotta – bei ihrem Report über den Eichmannprozess konstatierte. Die Menschen handelten und handeln angeblich „Alternativlos“ und damit mit einem reinen Gewissen Gewissenlos. Hannah Arendt nannte es die Dummheit der Massen.
Das Klimaproblem darf nur der Anstoß sein für eine Generaldebatte
Die Probleme der Klimaerwärmung, ob nun zeitweise nicht mehr zunehmend oder nicht, müssen der Anstoß sein, zumal dieses für alle Menschen spürbar ist, die kulturelle Situation grundsätzlich zu reformieren. Wird dieses rücksichtslose System, dass sich fast nicht mehr von dem Faschismus unterscheidet beibehalten, wird sich die Mutation „Homo oeconomicus“ als nicht lebensfähig in Kürze verabschieden müssen und dabei Millionen andere Arten mit ins Verderben genommen haben. Wenn wir nicht kurzfristig wieder beginnen, eine allgemeine Harmonie, einen ausgeglichenen Haushalt mit der gesamten Umgebung herzustellen, fällt der Ast auf dem wir sitzen unweigerlich in den Abgrund.
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