Warum aber ist es so, dass selbst, bzw. von Hand gemachte Dinge uns auf eine ganz andere Weise erfreuen als maschinelle Erzeugnisse? Was haben Kunsthandwerk und selbst gemachte Basteleien, sowohl von Kindern, als auch Erwachsenen gemeinsam? Welche Auswirkungen hat es auf die Einzelnen und die Bevölkerung? Diesen Fragen habe ich mich in diesem Beitrag näher gewidmet.
Unikat
Seit die maschinelle Erzeugung es ermöglicht hat, viele Gegenstände vollkommen identisch herzustellen, sind wir es gewohnt, die exakt selben Formen und Muster an den unterschiedlichsten Orten wiederzufinden. Die Einheitlichkeit ist zur Normalität geworden. Um also dann noch als „besonders“ betrachtet zu werden, sind viele Menschen ganz bewusst auf der Suche nach Unikaten.
Zu wissen, dass sonst niemand auf dieser Welt etwa genau diese Vase in der Form mit dem Muster hat, gibt einem das Gefühl, auch selbst als Mensch ein bisschen mehr einzigartig zu sein. Auch wenn wir uns sonst vielleicht nicht trauen, als Unikat hervorzustechen, weil es sich sonst negativ auf unsere Karriere oder bestimmte Beziehungen auswirken könnte, ist der Erwerb eines handwerklichen Unikats oft der Versuch, den persönlichen Individualismus dennoch im sicheren Rahmen auszudrücken.
Charakter
Der Charakter ist etwas, das wir als Menschen zwar oft schwer in Worte fassen, aber auf den ersten Blick in per Hand erzeugten Produkten erkennen können, wenn wir die Produzentin oder den Produzenten etwas näher kennen. Dies ist in jeder Form der Kunst möglich, nicht nur im Handwerk.
Kunsthandwerk, das manuell von einem Menschen direkt erschaffen wurde, kann kleine „Fehler“, oder Eigenheiten enthalten. Gerade das ist es aber, was es oft speziell oder einzigartig macht. Oder aber wir erkennen an bestimmten Stilelementen sofort, dass ein Erzeugnis von einer ganz spezifischen Künstlerin oder einem spezifischen Künstler stammen muss.
Freiheit, aus der Reihe zu tanzen
Im Zusammenhang mit dem Wunsch, seine Einzigartigkeit über den Besitz von Unikaten auszudrücken, besteht oft auch der Sog nach der Freiheit, aus der Reihe zu tanzen. Und je mehr wir uns mit ungewöhnlichen Formen und Farben, mit unorthodoxen Verwendungen bestimmter Erzeugnisse umgeben, umso mehr regt es auch den Wunsch nach noch mehr Freiheit für den eigenen, individuellen, authentischen Weg an.
Selbstgemacht und Geschenkt
Es kann auch einen Unterschied machen, ob man ein Teil selbst und für sich gemacht hat, oder geschenkt bekommen hat bzw. selbst verschenkt hat. Es regt die Kreativität an, sich ganz genau zu überlegen, wie wir etwas haben wollen und wie wir das umsetzen können. Egal ob nun für uns oder für jemand anderen.
Etwas selbst Gemachtes geschenkt zu bekommen, hat – abgesehen vom fünfzigsten Haus-Bild des eigenen Kindes – oft eine ganz besondere Qualität. Der Schenker hat seine Energie in die Erschaffung gesteckt, und die Beschenkte bekommt mehr als nur das Endprodukt. Sie bekommt die ganze Liebe, Zeit und Zuwendung, die in die Entstehung dieses Gegenstandes geflossen sind.
Speziell in den letzten Jahrzehnten bleibt diese Erfahrung immer öfter aus, könnte aber durch die in manchen Kreisen steigende Wertschätzung von Einzigartigkeit und persönlichem Charakter eine Wiedergeburt erleben.
Handwerk beleben
Gesellschaftlich betrachtet ist es außerdem sehr wertvoll, unterschiedliches Handwerk, Techniken und Spezialfähigkeiten zu erhalten und an nächste Generationen weiterzugeben. Speziell bei künstlerischem Ausdruck eines Handwerks steckt so viel Detail, Wissen über die Materialien und deren Eigenschaften, dass dies zu einem wichtigen Kulturgut zählt.
Selbstausdruck unterstützen
Zusätzlich zum Nutzen für Produzenten, Konsumentinnen und die Gesellschaft ist es auch eine Wertschätzung auf vielen Ebenen. Die Künstler schätzen ihre Fähigkeiten und Zeit, und stecken ihr Herzblut in die Umwandlung einfacher Rohstoffe in einer neuen Form. Der Konsument drückt seine Wertschätzung über den Erwerb und das fließende Geld aus. Und zwar nicht nur für das Erzeugnis selbst, sondern auch dafür, dass die Künstler all diesen Aufwand betrieben haben, dieses Kunstwerk zu schaffen.
Fazit
Oft sehen wir auf den ersten Blick nur die Vorteile für uns selbst. Wenn ganz nebenbei jedoch noch diverse zusätzliche Vorteile auch für andere entstehen, schaffen wir damit eine Wertschöpfungskette, die weit über die Ware und den Preis hinausgeht. Im Falle des Kunsthandwerkes wird eine Geschichte erzählt und weitergegeben. Und Geschichten sind ein wesentlicher Kern von der Verbindung zwischen Menschen. Also lasst uns gerade in der jetzigen Zeit diese Geschichten, diese Verbindung wieder stärken und unterstützen.