Stell dir eine Welt vor, in der alle Menschen gut leben können ohne den Planeten zu überlasten. Genau das beschreibt das Modell der Doughnut Economics.

Stell dir vor, unsere Welt wäre ein Donut. Nicht zum Essen, sondern als Denkmodell. Außen die planetaren Grenzen, innen die sozialen Grundlagen. Dazwischen liegt der „sichere und gerechte Handlungsraum“ für die Menschheit. Genau dort wollen wir leben. Dieses Bild stammt von der britischen Ökonomin Kate Raworth, die mit ihrer Theorie der Doughnut Economics eine neue Perspektive auf Wirtschaft und Nachhaltigkeit eröffnet hat.

Was ist Doughnut Economics?

Doughnut Economics ist ein wirtschaftlicher Denkrahmen, der klassische Wachstumslogik hinterfragt. Statt auf endloses Bruttoinlandsprodukt (BIP)-Wachstum zu setzen, fragt das Modell: Wie können wir das gute Leben für alle ermöglichen, innerhalb der ökologischen Belastungsgrenzen des Planeten?

Das Modell besteht aus zwei konzentrischen Ringen:

  • Der innere Ring steht für die soziale Basis, also Grundbedürfnisse wie Nahrung, Bildung, Gesundheitsversorgung, Gleichstellung und politische Teilhabe.
  • Der äußere Ring markiert die planetaren Grenzen, etwa in Bezug auf Klimawandel, Artenvielfalt, Luftverschmutzung oder Süßwasserverbrauch.

Der Raum dazwischen – der Doughnut – ist der Bereich, in dem Menschen gedeihen können, ohne den Planeten zu überlasten.

Von der Theorie zur Praxis: Tomelilla zeigt, wie’s geht

Die schwedische Kleinstadt Tomelilla ist ein Pionier: Seit 2021 nutzt sie das Doughnut-Modell, um Stadtplanung, Monitoring und Nachhaltigkeitsberichte neu zu denken. 2024 veröffentlichte die Stadt ihr erstes „City Portrait“, eine Art Nachhaltigkeitsbericht, der soziale, ökologische und wirtschaftliche Aspekte integriert.

Ein konkretes Beispiel: Der geplante Schulneubau in Tomelilla basiert auf vier Prinzipien des Doughnut-Modells: regenerative Architektur, technologische Innovation, ökologische Erneuerung und soziale Teilhabe. Damit wird das Modell zur praktischen Richtschnur für kommunale Entscheidungen.

Amsterdam: Doughnut als Leitbild für die Stadtentwicklung

Amsterdam war 2020 die erste Stadt weltweit, die Doughnut Economics als strategischen Rahmen für ihre Stadtentwicklung übernommen hat. Die Stadt fragt nicht nur, wie sie CO₂-neutral werden kann, sondern auch, wie sie soziale Gerechtigkeit, Kreislaufwirtschaft und Bürgerbeteiligung fördern kann. Das Modell hilft dabei, Zielkonflikte sichtbar zu machen, z.B. zwischen Wohnraumbedarf und Flächenverbrauch und systemische Lösungen zu entwickeln. So wird Doughnut Economics zur praktischen Orientierung für Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft.

Auch für Wien und den Alltag nachhaltiger Lebensstile bietet das Modell Inspiration: Reparieren statt Wegwerfen, Teilen statt Besitzen, lokal statt global. Alles Doughnut-kompatible Strategien.

Warum das Modell so kraftvoll ist

  • Es ist visuell eingängig: Der Doughnut als Bild ist leicht verständlich und emotional wirksam.
  • Es ist systemisch gedacht: Es verbindet soziale Gerechtigkeit mit ökologischer Verantwortung.
  • Es ist offen für lokale Umsetzung: Städte wie Amsterdam, Brüssel oder Tomelilla zeigen, wie das Modell konkret angewendet werden kann.

Und die Kritik?

Kritiker bemängeln, dass das Modell keine konkreten politischen Instrumente bietet. Es sei eher ein Kompass als ein Werkzeugkasten. Doch genau darin liegt seine Stärke: Es lädt zum Mitdenken und Mitgestalten ein, von der Stadtplanung bis zum individuellen Lebensstil.

Doughnut Economics – Ein Modell für unsere Zeit

Doughnut Economics ist mehr als ein Wirtschaftsmodell. Doughnut Economics ist ein ethischer Kompass für das 21. Jahrhundert. Wir leben nicht nur im Doughnut, vielmehr gestalten wir ihn mit. Durch bewussten Konsum, Kreislaufdenken und soziale Verantwortung können wir alle dazu beitragen, innerhalb der planetaren Grenzen gut zu leben.


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Bild: doughnuteconomics.org