Nachhaltig reisen
Nachhaltig reisen
Es sind eine Vielzahl an Faktoren zu beachten, wenn man nachhaltig reisen möchte!
Dieser Artikel wurde am 30. Juli 2021 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Wir sind gerade vom Campingurlaub in Österreich zurück gekommen und während unseres Roadtrips habe ich mir viele Gedanken dazu gemacht, was nachhaltig reisen als Familie eigentlich bedeutet. Das Thema umweltfreundliches Reisen (nicht nur mit Kindern) ist ungefähr so einfach wie das globale Wirtschaftssystem zu ergründen. Information ist allerdings Trumpf und daher habe ich heute ein paar Tipps und Ideen dazu aufgeschrieben, die euch bei der Planung eures nächsten Urlaubs helfen können. Ich möchte dabei nicht nur auf Klassiker zurückgreifen, die mittlerweile schon die Kinder wissen – z.B. Fliegen ist nicht so gut – sondern auch ein bisschen tiefer gehen.

Nachhaltig Reisen – die Faktoren

Bei der Nachhaltigkeit gibt es so viele Faktoren, die zum Teil nicht alle miteinander vereinbar sind, und ebenso viele Meinungen und Definitionen. Es gibt in vielen Fällen nicht nur schwarz und weiß, keine magische Grenze, ab der etwas als nachhaltig zu bezeichnen ist. Für mich fängt jedenfalls nachhaltiges Reisen bereits mit der Reiseplanung an. Die Wahl der Destination ist eine der ersten Fragen die sich stellt, und bereits dabei gibt es viel zu beachten. Einen Teil dazu gibt es weiter unten bei der Anreise, doch auch andere Faktoren als ein weiter Weg spielen eine Rolle: beispielsweise haben viele Orte in fernen Ländern kein Müll- und Abwassersystem (wie etwa Bali oder die Malediven). Früher war das kein Problem, denn die Bevölkerung produzierte fast nur Naturabfälle. Mit dem Tourismus kommt allerdings auch der Müll, der dann einfach im Meer landet oder verbrannt wird.

Die Welt ist groß, doch meist ist auch das eigene Land noch viel zu wenig entdeckt. Wir haben heuer Campingurlaub in Österreich gemacht und so viele schöne Plätze in unserer Heimat gesehen! Manchmal liegt das Gute so nah. Camping ist generell sehr naturverbunden und ökologisch top – wir schlafen im Zelt, da ist der ökologische Fußabdruck minimal. Doch selbst wer im Sommer eine Nacht im Wohnmobil verbringt, verbraucht nur ca. 1,5kg CO2-Äquivalente, während eine Hotelübernachtung mit 17,2kg schon schwerer zur Buche schlägt. Damit sind wir auch schon beim nächsten Thema:

Photo von Patrick Robert Doyle auf Unsplash

Wahl der Unterkunft

Cluburlaub mit Programm rund um die Uhr, damit die Kinder beschäftigt sind und die Erwachsenen einmal ihre Ruhe haben – das klingt verführerisch, hat aber auch seine Tücken. Immer noch werden in vielen Hotels die Handtücher und das Bettzeug täglich gewechselt und auch an anderer Stelle die Umwelt belastet. Viele Unterkünfte haben mittlerweile auch einen Pool. Das ist selten nachhaltig, da dieser gereinigt und oft sogar geheizt wird und der Wasserverbrauch sehr hoch ist. Es gibt aber auch Naturteiche, Naturpools oder Salzwasserpools, die eine nachhaltigere Alternative darstellen (und noch dazu hautschonender sind). Wählt ihr eine Destination am Meer oder einem See ist ein Pool ohnehin hinfällig.

Wir sind wie gesagt Camper, doch auch da gibt es große Unterschiede. Unser Zelt ist sicher eine der nachhaltigsten Möglichkeiten. Heutzutage gibt es allerdings so viele praktische Gadgets für den Campingurlaub, viele mit Strom oder Batterie. Solarbetriebene Geräte sind ein bisschen umweltfreundlicher, doch auch hier ist die Herstellung und vor allem die Entsorgung problematisch.

Mein Tipp zur Wahl der Unterkunft: es gibt viele verschiedene Siegel und Zertifikate die belegen, dass eine Unterkunft bestimmte Nachhaltigkeitskriterien erfüllt. Ich achte aber auch gerne auf mein Gefühl beim nachhaltigen Riesen, denn echtes Engagement ist spürbar! Eine eigene Energie- und Wärmeversorgung, regionale und/oder Bio-Lebensmittel, veganes/vegetarisches Angebot, ökologische Bauweise, ein Pool ohne Chemie… all diese Kriterien sprechen dafür.

Der Weg zum Ziel

Hier habe ich ein paar Zahlen für euch, denn ich fand es wirklich spannend, wie viel der CO2 Emission einer Reise die Anreise ausmacht. Mit ungefähr 75% der Gesamtbelastung könnt ihr euch später vor Ort im Grunde benehmen wie ihr wollt und Plastikstrohhalme ohne Ende verwenden – wenn ihr davor lange im Flieger gesessen habt, macht das am Ende wenig Unterschied. (Bitte das mit den Strohhalmen nicht zu ernst nehmen, es zahlt sich natürlich trotzdem aus sie zu vermeiden, denn es geht nicht immer nur ums CO2.) Es gibt im Internet übrigens viele CO2 Rechner, mit denen ihr euch das alles selbst ausrechnen könnt, zum Beispiel hier.

Im Idealfall werden öffentliche Verkehrsmittel benützt, denn diese fahren sowieso und durch die Benutzung löst man nicht noch zusätzlichen CO2 Ausstoß aus. Ich weiß natürlich, dass das mit Kindern (und viel Gepäck) oft nicht so einfach ist, war aber selbst schon mit dem Zug und zwei Kindern auf Reisen – mit ein bisschen Planung ist alles möglich. (Hier gibt es 5 Tipps für Zugreisen mit Kindern.) Das Reisen mit öffentlichen Verkehrsmitteln hat viele Vorteile, beispielsweise, dass Kinder während der Fahrt aufstehen können (und die Eltern natürlich auch). Viele Züge haben auch separate Abteile für Familien, in denen etwas Unterhaltung angeboten wird. Zusätzliche Plus: ein Zug steht niemals im Stau!

Photo von JK auf Unsplash

Es ist alles relativ

Übrigens macht es natürlich auch einen großen Unterschied wie viele Personen ihr seid. Ist ein Auto voll, kann es tatsächlich sogar eine bessere Umweltbilanz aufweisen als eine Reise mit dem ICE.

Manche Destinationen sind allerdings nur (oder zu mindestens viel einfacher) mit dem Flugzeug erreichbar. Auch dafür gibt es mittlerweile Möglichkeiten, beispielsweise über Anbieter wie atmosfair das ausgestoßene CO2 in weltweite Klimaschutzprojekte zu investieren. Viele Ziele sind mit öffentlichem Verkehr generell schlecht erreichbar. Das sind oft jene, die als besonders naturbelassen und voller Artenvielfalt sind – in Naturschutzparks gibt es leider nicht unbedingt immer einen Bahnhof.

Bewegung am Ziel

 Auch über die Fortbewegung am Zielort gilt es sich Gedanken zu machen. Öffentliche Verkehrsmittel punkten auch hier gegenüber dem Mietauto, zu Fuß zu gehen noch mehr.

Doch es gibt noch eine weitere Möglichkeit: an vielen Orten könnt ihr schon Fahrräder ausborgen! Radfahren ist nicht nur gut für die Gesundheit, sondern auch großartig für die Umwelt. Großer Pluspunkt: ihr entdeckt die Umgebung viel intensiver als mit dem Auto.

Faires Reisen

Faire Preise für erbrachte Leistungen zu bezahlen, also der soziale Faktor, ist auch beim nachhaltigen Reisen mit einzubeziehen – faire Löhne, faire Arbeitsbedingungen etc. Leider gibt es auch in diesem Fall einen Konflikt, da häufig gerade in ärmeren Ländern und Regionen Tourismus einer der wichtigsten ökonomischen Faktoren ist (Afrika, Asien…) Würden wir aus den reichen Ländern aufhören, dorthin zu fliegen, ginge es den Menschen vor Ort viel schlechter.

Photo von Annie Spratt auf Unsplash

Verhalten vor Ort

Nach der Anreise ist natürlich auch das Verhalten vor Ort von zentraler Bedeutung. Mülltrennung (beziehungsweise –vermeidung), Schonung von knappen Ressourcen (beispielsweise Wasser in trockenen Gebieten), Unterstützung der lokalen Geschäfte und Restaurants. Im Prinzip könnte man sagen genau das Gegenteil des beliebten Pauschaltourismus.

Im Urlaub gerne besucht sind auch allerhand Attraktionen mit Tieren. Es ist dabei oft schwer, sich ein Bild von den Tierschutzstandards zu machen, und dabei geht es nicht nur um die berüchtigten Elefantenritte in Thailand. Auch in vielen Zoos oder Wasserparks werden Affen, Eulen oder Schildkröten gegen einen geringen Preis herumgereicht, um bestaunt und fotografiert werden zu können. Behaltet das Thema bitte einfach im Hinterkopf und achtet auch auf solche versteckten Dinge beziehungsweise besucht im Zweifel lieber tierfreie Attraktionen. (Wir besuchen gerne Organisationen, die sich der Rettung von Tieren verschrieben haben. So waren wir in Thailand zum Beispiel gerettete Gibbons besuchen, die, wie oben beschrieben, als Baby ihren Müttern weg genommen und für Fotos mit Touristen missbraucht wurden. Die Kinder lernen dabei so viel, und wir spenden für einen guten Zweck.)

Das Essen

Habt ihr eine Unterkunft ausgewählt die auf Nachhaltigkeit achtet, ist das beim Essen üblicherweise auch so. Es ist dann fast immer aus der Region, manchmal aus der eigenen Landwirtschaft oder dem eigenen Garten und häufig noch bio-zertifiziert (zumindest das, was zugekauft wird)

Ihr könnt euch den Urlaub übrigens auch nach Hause holen – hier habe ich schon einmal darüber geschrieben.

Photo von Scott Goodwill auf Unsplash

Sonstige Faktoren

Wie gesagt gibt es so viele Faktoren zu beachten. Hier noch ein paar, an die ihr vielleicht nicht gleich denken würdet:

Die meisten Sonnencremes sind schädlich für Pflanzen und Tiere im Meer. Gerade Korallen leiden sehr unter den Tonnen an Chemie, die Schwimmer regelmäßig ins Meer spülen (und die auch beim Menschen in Verdacht stehen Krebs auszulösen, nur so als Nebensatz…) Leider sind mineralische Sonnencremes ohne chemische Filter auch nicht die Lösung, denn diese verwenden oft Plastik-Nanopartikel um den Weißschleier der Mineralien zu verhindern. Aber dieses Thema schreit fast nach einem eigenen Artikel.

Ich packe in meinen Koffer… am besten so wenig wie möglich! Je weniger Gepäck desto weniger ist der Kraftaufwand, den das Auto, der Camper oder sogar das Flugzeug zu leisten hat. Dadurch wird weniger Kraftstoff verbraucht.

Mein Packtipp: nehmt auch in den Urlaub eine Einkaufstasche und wiederauffüllbare Wasserflaschen mit, um unnötigen Plastikmüll zu vermeiden. Auch Aufbewahrungsdosen für das Picknick am Strand oder die Wanderjause haben sich bewährt. Auch im Kosmetikbeutel könnt ihr auf die Umwelt achten und fest Seife statt flüssigem Duschgel und Shampoo zu nehmen. Dadurch schont ihr die Umwelt und vermeidet gleichzeitig die ungewohnte Shampoo-Explosion im Gepäck.

Urlaub wie früher

Ich kann mich an meine Sommerferien erinnern, endlose Wochen bei meinen Großeltern, im alten Haus zwischen Bach und Wald im 60-Seelen-Dorf. Wir hatten keinerlei Entertainment, dafür so viel natürliche Unterhaltung in der Natur. Ich versuche auch meinen Kindern diese Zeiten der Langeweile und viel Zeit im Freien zu bieten, denn so können auch sie gut entspannen und nach dem intensiven Schul- und Kindergartenjahr wieder in ihre Mitte kommen. Im Grunde ist es fast egal, wo man die gemeinsame Zeit verbringt – das Ausbrechen aus dem getakteten Alltag und das Erkunden neuer Gegenden machen schon das Highlight aus!

Quellen:
Lunamag.de, Uli Morant, 05/2018, „Nachhaltig reisen mit Kindern – die besten Tipps
Little Travel Society, „Nachhaltig reisen mit Kindern – Tipps, Fakten und Ideen
Camping.info, 05.01.2021 „9 Tipps für Nachhaltiges Camping