Tracht hat in Österreich Tradition und gehört eben einfach dazu. -Fotocredits: Salzburger Heimatwerk
Tracht hat in Österreich Tradition und gehört eben einfach dazu. -Fotocredits: Salzburger Heimatwerk
Der September steht ganz im Zeichen von Kirtag, Wiesn & Co. Und daher natürlich auch von Trachtenmode. Eine Auswahl an den schönsten Fair Fashion Trachten-Labels findest du in diesem Beitrag.
Dieser Artikel wurde am 17. September 2019 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Dirndl und Lederhose gehören in Österreich dazu. Was früher ein Arbeitsgewand war, ist in den letzten Jahren zum Verkaufsschlager und – mancherorts – geradezu zu einem Hype geworden, der nur noch wenig mit der Tradition des Kleidungsstücks zu tun hat.

In Hallstatt etwa besteht neuerdings sogar die Möglichkeit, ein Dirndl oder eine Lederhose auszuborgen, nur um sich darin fotografieren zu lassen. Dazu passt, dass Trachten heute immer häufiger in Ländern des globalen Südens produziert werden, um sie in Europa billig zu verkaufen.

Hallstatt im Salzkammergut ist ein beliebtes Fotomotiv. -FOtocredits: Daniel Frank/Unsplash
Hallstatt im Salzkammergut ist ein beliebtes Fotomotiv. -FOtocredits: Daniel Frank/Unsplash

Dabei kann und sollte das Trachtengewand doch ein sehr nachhaltiges Kleidungsstück sein. Das zeigt auch der Blick auf seine Geschichte.

Eine kurze Geschichte der Tracht

Ursprünglich war das Dirndl ein schlichtes Arbeitsgewand aus Baumwolle. An Sonn-, Feier- oder Festtagen trug man ein sogenanntes Festtagsdirndl. Die wohlhabenden Gesellschaftsschichten fertigten das zum Beispiel aus Brokat, Seide oder Samt. Bei der breiten Masse der Bevölkerung war das Festtagsdirndl jedoch aus einem anderen, etwas schöneren Baumwollstoff, oder nur die Schürze wurde ausgetauscht. In der Mitte des 19. Jahrhundert ist die Trachtenmode erstmal kultiviert worden und auch vom reichen Bürgertum und den Monarchen getragen – dadurch veränderte sich Tracht hin zur Mode. Kaiser Franz Josef I., Erzherzog Johann, aber auch Maximilian von Bayern waren bekennende Trachtenträger.

Einen ersten Hype hat die Trachtenmode zur gleichen Zeit erfahren, in der auch der Begriff „Nation“ entstanden ist. Die Sehnsucht nach romantischer Idylle und Heimatgefühl schuf Heimatwerke und bundesländerspezifische Trachten.

Später, zur Zeit des Nationalsozialismus, ist Trachtenmode stark instrumentalisiert und für propagandistische Zwecke missbraucht worden. Die Tirolerin Getrud Pesendorfer hat für die Nationalsozialisten die sogenannte „erneuerte Tracht“ erschaffen, die die Vorzüge der deutschen Frau betonen sollte. 1938 haben die Nazis das Trachtenverbot für Juden ausgesprochen.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs nahmen viele Abstand von der Tracht – aus Angst, damit mit dem Nationalsozialismus in Verbindung gebracht zu werden. Heute werden Dirndl und Lederhose wieder als Mode betrachtet, die losgelöst von Politik steht.

Wieso braucht es Fair Fashion bei Trachtenmode?

Gerade dann, wenn ein breites Angebot – zum Beispiel ein Discounter – bedient werden muss, kommt Trachtenmode heutzutage oft aus China. Aufgrund der geringen Produktionskosten kann die Ware günstig in Europa verkauft werden. Qualität oder faire Arbeitsbedingungen spielen dabei jedoch keine Rolle.

Vor allem bei der Herstellung von Lederhosen leiden nicht nur die Arbeiter und Arbeiterinnen, sondern auch die Umwelt. Leder wird mit Hilfe von Chrom, einem hochgiftigen Stoff, gegerbt. Die Dämpfe der Chrom-III Salze sind krebserregend. Die meisten Arbeiter und Arbeiterinnen in den Gerbereien des globalen Südens arbeiten jedoch vollkommen ohne Schutzkleidung. Der Schlamm, der beim Gerben entsteht, wird in die Gewässer geleitet. Dadurch gerät er in die Felder, und im Endeffekt auch wieder in die Nahrung – ein Teufelskreis. Umso wichtiger ist es, dass regionale Hersteller Trachtenmode fair und ökologisch bedacht produzieren.

Fair produzierte Trachtenmode für Männer und Frauen

  • Jürgen Brand: Jürgen Brand macht eigentlich fahrradtaugliche Businessmode für Männer. Diese lässt er in Österreich produzieren. Zudem achtet Jürgen darauf, dass auch alle Materialien – wenn möglich – aus Österreich kommen. Seine Jacken und Westen haben einen trachtigen Touch, ohne sich dabei aufzudrängen. Wer es also lieber etwas dezenter mag, und nicht sofort mit einem Leinenjanker mit Hirschknöpfen auftrumpfen möchte, ist bei Jürgen Brand richtig.

     

    Fotocredit: Jürgen Brand
    Jürgen Brand steht für Qualität made in Austria. Fotocredit: Jürgen Brand

     

Übrigens kannst du hier das Porträt von Jürgen Brand, sowie hier das Interview mit ihm nachlesen.

  • Bergluft: Eva-Maria Naderhirn vereint mit ihrer Mode Traditionelles mit Modernem. Klassische Schnitte gibt es bei Bergluft nicht. Neue Schnittmuster kombiniert sie mit traditionellen Dirndlstoffen. Besonders wichtig ist es der Designerin, dass sich die Trägerinnen in den Kleidern wohlfühlen. „Dirndl“ bedeutet eben für jeden und jede etwas anderes.
  • mein herzblut: Tradition und Moderne kombiniert auch Christina Kronawitter in ihrem Label mein herzblut. Die Niederbayerin verarbeitet ausschließlich Stoffe aus recyceltem Polyester und Retrostoffe, die sie auf Flohmärkten und in Second-Hand-Geschäften kauft. Auch alte Bettwäsche, Vorhänge oder Tischdecken werden zur ein oder anderen Schürze umfunktioniert.
    Bei mein Herzblut werden aus Retrostoffen Dirndl geschneidert. -Fotocredits: mein herzblut
    Bei mein Herzblut werden aus Retrostoffen Dirndl geschneidert. -Fotocredits: mein herzblut
  • Salzburger Heimatwerk: Wer es lieber klassisch und traditionell möchte, ist im Salzburger Heimatwerk richtig. Alle Dirndl werden in Österreich unter der Verwendung von zertifizierten Naturmaterialien gefertigt. Das Hirsch- und Rehleder für die Lederhosen kommt aus der Umgebung und wird durch eine chemikalienfreie Sämisch-Gerbung bearbeitet, die unter strengen Umweltauflagen durchgeführt wird.
Bei den Salzburger Heimatwerken wird besonders auf Regionalität Wert gelegt. -Fotocredits: Salzburger Heimatwerk
Bei den Salzburger Heimatwerken wird besonders auf Regionalität Wert gelegt. -Fotocredits: Salzburger Heimatwerk

Fazit:

Obwohl die Annahme naheliegt, dass es – gerade in Österreich – viele nachhaltige Trachtenlabels gibt, ist dem nicht so. Dirndl und Lederhose bleiben trotz des Hypes ein Nischen- und vor allem Saisonprodukt. Natürlich gibt es die Möglichkeit, sich aus Bio-Stoffen ein eigenes Dirndl oder einen Trachtenjanker schneidern zu lassen – das hat allerdings seinen Preis.

Da qualitativ hochwertige Tracht jedoch sehr langlebig ist, lohnt sich ein Blick in die Second-Hand-Geschäfte. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es auf Tausch- und Flohmärkten eine große Auswahl an wunderschöner Trachtenmode gibt. Wenn es größentechnisch passt, könnt ihr auch in den Kleiderschränken eurer Eltern oder Großeltern stöbern – denn Tracht ist nach wie vor am Schönsten, wenn sie vererbt wurde.

Quellen:
Tracht-Trend-Tradition: Trachten Hödlmoser
Den Antifaschismus an der Tracht ausleben – DerStandard
Trachten sind auch nur eine Mode – DerStandard
Leder-Produktion: Umweltsünde & eine Gefahr für die Gesundheit
Echtes-Leder, Pflanzliches Leder, Bio-Leder – das steckt dahinter. – utopida.de