Es gab schon immer polarisierende Meinungen. Aber wohl noch nie so viel wie in der heutigen Zeit. Auch die Pandemie hat einen gefühlten Keil zwischen viele Menschen getrieben. Wir kategorisieren und stecken in Schubladen. Und verlieren dabei aus den Augen, dass es sich immer noch um unsere Mitmenschen handelt. Wie können wir also besser mit dieser extremen Polarisierung der heutigen Zeit umgehen, die durch Soziale Medien oft auch noch verstärkt wird?
In diesem Beitrag möchte ich einige Tipps geben, wie wir wieder zueinander finden können, anstatt immer mehr auch emotionale Distanz aufzubauen.
Den Menschen dahinter sehen
Egal ob es nun die beste Freundin ist, der entfernte Verwandte, die eigenen Eltern, oder irgendjemand wildfremdes in den (sozialen) Medien, auf der Straße oder im Geschäft. Im Kern sind wir alle Menschen, mit Gefühlen, Bedürfnissen, Ängsten und Sorgen. Wir wollen, dass es uns und denen, die uns wichtig sind gut geht, auch wenn sich unsere Definition von „denen, die uns wichtig sind“ und „gut geht“ möglicherweise stark unterscheiden. Wenn wir uns aber diese Basis vor Augen halten, können wir mit mehr Empathie in jedes Gespräch gehen.
Gemeinsamkeiten finden
Zusätzlich zu den bereits erwähnten Gemeinsamkeiten, dass wir alle im Kern Menschen mit Bedürfnissen und Ängsten sind, gibt es oft zusätzlich die Möglichkeit, dass wir auch andere Gemeinsamkeiten finden. Egal ob es dabei etwa der gleiche Wohnort, die gleiche Lieblingsfarbe, der gleiche Job, die gleichen Werte oder die gleiche Lebenssituation sind. Wenn wir unsere Aufmerksamkeit darauf richten, finden wir immer irgendwelche kleinen Gemeinsamkeiten.
Das Fokussieren auf Dinge die uns verbinden schafft ein Gefühl von Zugehörigkeit und Vertrauen. Dadurch sind wir dem Gegenüber freundlicher eingestimmt, und das hilft uns wiederum beim offenen zuhören und dem Entwickeln von Verständnis und Empathie.
Wirklich offen zuhören
Eng verknüpft mit Empathie ist auch das wirklich offene Zuhören. Dabei geht es darum, dass wir unvoreingenommen, ohne zu bewerten oder zu verurteilen dem anderen zuhören. Und zwar sowohl ihre/seine Worte, als auch was sie/er sonst noch sagen mag. Welche Gefühle und Emotionen liegen hinter dem Gesagten? Was wird nicht in den Worten ausgedrückt, aber dennoch klar und deutlich kommuniziert?
Beim offenen Zuhören ist es außerdem wichtig, das Gesagte nicht mit unserer Meinung, also unserem Bild der Situation zu vergleichen. Dass wir nicht gleich im Kopf eine Art „Gegenangriff“ starten, um den anderen von unserer Meinung zu überzeugen, die doch die einzig logische, klare, oder sinnvolle Antwort auf bestimmte Fragen zu sein scheint.
Wenn wir offen zuhören, geben wir uns auch selbst die Möglichkeit, unser Schwarz-Weiß-Denken abzulegen, und die vielen unterschiedlichen Farben und Graustufen zu erforschen, die in dieser Welt zu finden sind.
Meinungen auch mal stehen lassen
Wir sind es meist gewohnt, dass Gespräche mit unterschiedlichen Meinungen schnell zu Diskussionen führen, wessen Sichtweise die richtige ist, und welche falsch. Wenn wir aber von einer inneren Haltung kommen, dass es nicht nur eine richtige Antwort gibt, sondern etwa ein Baum gleichzeitig braun, grün, rau und majestätisch sein kann, können wir lernen, dass unser aller Meinungen gleichzeitig da sein dürfen. Dass sie vielleicht sogar alle ihre Daseinsberechtigung haben. Dass sie vielleicht sogar alle auf ihre Weise, und von der jeweiligen Perspektive aus, einen Sinn ergeben. Das bedeutet nicht, dass wir der Meinung oder Sichtweise des anderen zustimmen. Wir akzeptieren lediglich, dass er oder sie diesen Standpunkt vertritt.
Was wäre wenn…
Sich manchmal auch “Was wäre wenn…“-Fragen zu stellen, kann ebenfalls helfen. Dann fragen wir uns etwa „Was wäre, wenn die andere Person auch zu einem gewissen Grad recht hat?“, oder „Was wäre, wenn mein Gegenüber so lange nur die eine Meinung gehört hat, und sie/er niemals dazu ermutigt wurde, sich selbst eine Meinung zu bilden?“. Wir können uns aber auch fragen „Was wäre, wenn die/der andere schlichtweg so verzweifelt ist, und nicht mehr weiß, wem sie/er glauben kann?“
„Was wäre wenn…“-Fragen, aber auch andere Fragen, die einem helfen, sich in die andere Person hineinzuversetzen, sie besser zu verstehen, und ein vollständigeres Bild der Situation zu bekommen, können uns helfen, aus unserer eigenen Position hinauszutreten. Dadurch können wir selbst mal überrascht werden, wie eine weitere Perspektive auch unser Leben bereichern kann.
Verständnis und Empathie üben
All diese bisher genannten Tipps sind Methoden, wie wir lernen können, mehr Verständnis und Empathie für alle unsere Mitmenschen, inklusive uns selbst zu bekommen. Häufig ist es nämlich auch so, dass wir es selbst vielleicht auch viel zu wenig oft erlebt haben, dass uns Verständnis und Empathie entgegengebracht wurde. Dadurch haben wir es oft auch gar nicht richtig gelernt. Es liegt also jetzt an uns, dies selbst zu lernen und zu üben, damit wir auch für alle anderen ein Vorbild sein können.
Fazit
Speziell bei polarisierenden Themen ist es wichtig, dass wir uns dessen bewusst sind, dass es sich um solche handelt. Wir dürfen uns dadurch erinnern, dass es eben in den meisten Fällen nicht nur eine Meinung, eine Wahrheit, und eine Antwort gibt. Und wenn wir uns wieder mehr Menschlichkeit wünschen, wir dies vor allem dadurch ermöglichen, dass wir auf alle Menschen, in jedem Moment aufs Neue mit einer unvoreingenommenen, offenen Haltung zugehen.
Weiterführende Quellen
Kommunikation als Basis für ein gutes Miteinander
Miteinander statt Konkurrenz