Mit Ernährung die Welt retten – schon klar. Aber wie gesund ist eine vegane Ernährung wirklich? Ein Gespräch mit Petra Frühwirth, vegane Diätologin
Dieser Artikel wurde am 18. September 2018 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Bereits im letzten Artikel  habe ich über die Auswirkungen von Fleisch-, Eier- und Milchprodukte- Konsum auf unser Klima geschrieben. Mit einer veganen, also rein pflanzlichen Ernährung können wir unsere CO² Emissionen extrem reduzieren. Damit es der Umwelt besser geht, könnten wir uns also einfach anders ernähren. Aber was sagt unser Körper dazu? Ist vegane Ernährung überhaupt gesund? Ich habe mit Petra Frühwirth, Diätologin mit Spezialisierung für vegane Ernährung gesprochen.

Petra Frühwirth, hat Diätologie an der FH Joanneum Bad Gleichenberg studiert. Anschließend begann sie als Studienkoordinatorin und Diätologin an der medizinischen Universität Graz zu arbeiten. Kurz darauf gründete Petra Vegologisch – vegane Diätologie. Sie selbst lebt seit ihrer Kindheit vegetarisch, seit dem Beginn ihres Studiums ernährt sie sich ausschließlich vegan.

Welche Menschen kommen zu dir zur Beratung? Als Diätologin für vegane Ernährung könnte man vermuten, dass deine Zielgruppe recht eingeschränkt ist.

Ich arbeite nicht nur mit veganen Menschen zusammen. Ich berate auch Menschen die unterschiedliche Erkrankungen haben, vor allem im Bereich Stoffwechselstörungen, wie Diabetes, Bluthochdruck, oder Menschen mit zu hohen Cholesterinwerten. Das sind typische Zivilisationskrankheiten, durch eine falsche Ernährung entstehen. Ich begleite sie dorthin, wo sie ihre Ziele gesteckt haben. Wenn ich mit veganen Personen arbeite, dann geht es meistens mehr darum sich das Blutbild anzuschauen und individuelle Ziele herauszuarbeiten.

Wie können wir von veganer Ernährung gesundheitlich profitieren?

Die Academy of Nutrition and Dietetics (AND) hat in ihrem Positionspapier ganz eindeutig gesagt, dass vegane Ernährung, wenn sie richtig umgesetzt wird, für alle Zielgruppen uneingeschränkt geeignet ist und Krankheiten vorbeugt. Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Ich arbeite ja auch mit Stoffwechselpatienten zusammen, die zu hohe Cholesterinwerte haben, Übergewicht oder ähnliches. Durch eine vegane Ernährung werden gesättigte Fettsäuren stark reduziert, diese kommen nämlich in einer veganen Ernährung nur noch in einem sehr geringen Ausmaß vor. Cholesterin kommt in einer pflanzenbasierten Ernährung gar nicht vor, stattdessen bekommt man mehr sekundäre Pflanzenstoffe, mehr Ballaststoffe, und natürlich Vitamine und Nährstoffe.

Müssen Veganer und VeganerInnen trotzdem gewisse Mikronährstoffe supplementieren?

Vitamin B12 ist wirklich das Einzige in der pflanzlichen Ernährung das man in Form von Nahrungsergänzungsmittel, nach dem jetzigen Wissensstand, supplementieren muss. Vitamin B12 wird von Mikroorganismen produziert, das heißt es ist nicht ursprünglich tierisch, sondern das Tier nimmt das Vitamin B12 durch die Nahrung auf. Zum Beispiel durch verunreinigtes Wasser oder verunreinigte Lebensmittel. Häufig wird aber Vitamin B12 auch einfach unter das Tierfuttermittel gemengt. Das Tier frisst somit Vitamin B12 angereichertes Futter und damit nehmen wir dieses Vitamin B12 über Fleisch, Eier oder Milch auf.

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Auf was sollte sonst bei einer veganen Ernährung geachtet werden?

Generell sollte man beobachten, dass man alle „kritischen Nährstoffe“ ausreichend aufnimmt. „Kritisch“ bedeutet, dass man besonders viel Aufmerksamkeit darauf richten soll, diese Nährstoffe ausreichend aufzunehmen.  Zu den kritischen Nährstoffen gehören Vitamin D, Vitamin B12, Eisen, Zink, Kalzium, Eiweiß, Jod, Selen, Omega-3 Fettsäuren und Vitamin B2. Wenn man vollwertig und naturbelassen isst, dann kann man die meisten Mikronährstoffe ohne Probleme zu sich nehmen. Zum Beispiel Kalzium, Eisen, Vitamin B2 und Zink befinden sich wirklich in der bunten Vielfalt von Getreide, Pseudogetreide, Hülsenfrüchte, in Obst, Gemüse und Nüssen, Samen und Kernen. Wenn man da seinen Teller sehr vielseitig gestalten, bekommt man wirklich eine ganze Menge von diesen Nährstoffen mit.

Bei Eisen, Kalzium und Zink ist es wichtig darauf zu achten, dass man eine gute Resorption begünstigt. Eisen sollte man beispielsweise mit einem Vitamin C reichen Lebensmittel zu sich nehmen. Da sollte man wieder die Pflanzenvielfalt nutzen. Zum Beispiel ist Paprika sehr Vitamin C reich, Hirse oder Linsen sind tolle Eisenlieferant. Wenn man sich dann eine Paprika-Linsen-Hirse-Pfanne macht, hat man dadurch schon den perfekten Eisenlieferanten.

Was die restliche Nährstoffe anbelangt, werde ich jetzt lieber nicht genauer darauf eingehen, da das sonst vermutlich den Rahmen sprengt.

Und wie sieht das mit Eiweiß aus?

In der veganen Ernährung ist es natürlich ganz einfach seinen Proteinbedarf zu decken. Es gibt viele Möglichkeiten die man nutzen kann. Zum Beispiel die ganze Hülsenfruchtgruppe, das sind Bohnen, Erbsen, Kichererbsen und daraus hergestellte Produkte. Aus Sojabohnen gibt es zum Beispiel Sojajogurt, Tofu und Tempeh. Und dann muss man sich natürlich darüber bewusst werden, dass in Getreide, Pseudogetreide, Nüssen, Samen, Kernen, Obst und Gemüse schon viel Eiweiß enthalten ist. Wenn man zum Beispiel in der Früh ein Porridge isst, mit Haferflocken, ein paar Samen und etwas Sojamilch, dann hat man eine super tolle Kombination aus verschiedenen Proteinquellen. Das kann in einer Mahlzeit sein, muss aber nicht. Es ist aber wichtig die unterschiedlichen Lebensmittel über den Tag verteilt zu nutzten und sich nicht nur von den „Beilagen“ zu ernähren, sondern auch die Haupteiweißlieferanten zu nutzen, wie Hülsenfrüchte und daraus hergestellte Produkte.

Was würdest du Menschen empfehlen, die gerne einmal Veganismus ausprobieren möchten?

Ich würde jedem empfehlen, sich mit der Materie auseinander zu setzten und sich Informationen zu dem Thema zu besorgen. Zum Beispiel an Hand eines veganen Probemonats. Das wird von verschiedenen Seiten, wie der Veganen Gesellschaft Österreich oder der Albert Schweizer Stiftung mittlerweile angeboten. Und sonst die Buchhandlungen und das Internet zu Rezepten und Infos zu durchforsten.

Hast du auch einen Tipp wie man geschmacklich den „Übergang“ erleichtern kann?

Wichtig ist es, einfach mal loszustarten und den vielen pflanzlichen Lebensmitteln eine Chance zu geben. Die bunte Pflanzenvielfalt hat so viel zu bieten und ich bin mir sicher, jede/r lernt viele neue leckere Lebensmittel kennen. 

Man kann ganz einfach Lieblingsspeisen vegan gestalten. Viele essen zum Beispiel gerne Spaghetti Bolognese.

Ein Beispiel: Ich koche mir ganz normal Spaghetti, natürlich achte ich beim Kauf darauf, fass sie ohne Eis hergestellt wurden. Im besten Fall wähle ich auch Vollkornspaghetti aus, da sie mehr Nähr- und Ballaststoffe liefern. Anstatt Faschiertes zu kaufen verwende ich Sojagranulat, das ich mit Suppenbrühe oder heißem Wasser aufgieße. Alternativ kann ich auch rote oder gelbe Linsen verwenden! Sehr lecker und eiweißreich! Achja, und als Topping ein paar gehackte Nüsse mit Hefeflocken anstatt Parmesan.

Was gibt’s sonst noch zu sagen?

Ich finde es auf jeden Fall sehr wichtig, dass man sich einmal mit der eigenen Ernährung auseinandersetzt. Egal wie man sich ernährt. Warum isst man Fleisch, warum ist man kein Fleisch? Warum isst man Milchprodukte und Eier und könnte man darauf vielleicht auch verzichten? Das man darüber reflektiert und seinen Speiseplan bewusst anschaut. Ich finde es wahnsinnig wertvoll, wenn Menschen kleine Schritte setzen. Es kann schon einen riesigen Unterschied machen, wenn man als Mischköstler, einmal weniger die Woche Fleisch isst. Es ist wichtig, sich selbst auch für die kleinen Schritte zu loben.

Petra Frühwirth

Weiterführende und nützliche Links: