Gleichstrom oder Wechselstrom, 50 oder 60 Hertz, 220 oder 110 Volt – in einer relativ kurzen Zeitspanne, von der Mitte 19. Jahrhunderts bis Anfang des 20. Jahrhunderts, wurden im Prozess der Elektrifizierung viele Weichen gestellt, deren Auswirkungen wir noch heute, mehr oder weniger unhinterfragt, erleben.
Wie viele dumme Witze, hat auch der Spruch „Gott sprach: Es werde Licht, doch Er fand den Schalter nicht“, einen wahren Kern. Nicht der Antrieb von Maschinen war ursprünglich der ausschlaggebende Faktor für die Verbreitung von Strom in Städten und Haushalten, sondern die Beleuchtung der Räume. Die Lichtfrage musste gelöst werden, denn die Öl- und Gasbeleuchtung führte immer wieder zu verheerenden Unfällen und Bränden.
Thomas Alva Edison war einer der ersten, die das große Potential elektrischer Beleuchtung erkennen und konsequent an deren Umsetzung arbeiten. Er wollte nicht nur Ballsäle und die Häuser der Reichen mit Strom versorgen, sondern die ganze Welt elektrifizieren. Mittel zum Zweck war die von ihm erfundene Glühbirne. Sein System nutzte die vorhandenen Gasrohre in den Häusern und auch beim Schalter setzte er auf Bewährtes. Die auch heute noch bekannten Drehschalter waren den Drehventilen der Gasbeleuchtungen nachempfunden.
Wie in den Artikeln zum Stromkrieg dargestellt, setzte Edison auf Gleichstrom. Dieser muss auf Grund der schlechten Transporteigenschaften immer mehr oder weniger „vor Ort“ produziert werden. Die ersten Stromnetze waren daher Inselnetze, die gut berechenbare Verbraucher versorgten.
Berechenbarer Verbrauch
Da Stromnetze keinen Strom speichern können, müssen sich Produktion und Verbrauch immer die Waage halten. In der Praxis bedeutet das, dass tagsüber oft zu viel „Lichtstrom“ vorhanden ist, während abends Strom schnell zur Mangelware werden kann. Um dies auszugleichen und die Kraftwerke besser auslasten zu können, wurde bald alles und jedes elektrifiziert. 1900 waren praktisch alle großen Städte in Deutschland elektrifiziert – was aber nicht heißt, dass jeder Haushalt Strom hatte.
In Wien war es Bürgermeister Karl Lueger, der Ende des 19. Jahrhunderts eine stadteigene „Elektricitätsgesellschaft“ gründete. Die „Urgroßmutter“ der heutigen Wien Energie lieferte am 8. April 1902 erstmals Strom zur Versorgung der Wiener Straßenbahnen. Sie begann am 22. September 1902 mit der Versorgung privater Haushalte mit Strom.