Auf der Basis von effizienten Mikroorganismen versorgt Tibicos die Pflanzen mit wichtigen Nährstoffen, dabei erhöht er die Bodenaktivität, ist einfach zu handhaben und preiswert.
Selbstgemachte biologische Pflanzendünger haben in der Herstellung häufig eine Phase mit starker Geruchsbildung. Auf der Suche nach einem geeigneten Dünger für meine Pflanzen, bin ich im Arche Noah Handbuch Bio-Balkongarten auf einen interessanten Absatz gestoßen. So schreibt eine Arche Noah-Gärtnerin, Adelheid Heuger, im Handbuch Bio Balkongarten „Über EM, die effektiven Mikroorganismen, habe ich einen gangbaren Weg gefunden, der leicht praktikabel, fruchtbar und preiswert ist: Ich fermentiere Küchenabfälle mit EM, mache daraus also eine Art Sauerkraut (…)“ (HEISTINGER, 2012, 53).
Ich experimentiere seit Jahren mit den unterschiedlichsten Fermenten und habe einige davon als regelmäßige Hausgäste. Der Hinweis, stieß hiermit auf fruchtbaren Boden und schon ging es ans Experimentieren. Schnell bin ich auf ein besonderes Ferment als Grundlage für meinen selbstgemachten Dünger gestoßen. Zum Trinken und als Quickstarter für andere Fermente, habe ich immer ein kleines Glässchen mit Wasserkefirknöllchen, auch Tibicos genannt, im Kühlschrank.
Was ist Tibicos (Wasserkefir) genau?
Als Ferment werden alle Prozesse bezeichnet, die organische Stoffe (zum Beispiel Zucker) in Säure, Gase oder Alkohol umwandeln. Wein, Käse, Brot und Sauerkraut basieren auf der Grundlage von Fermentation.
Tibicos ist ein besonderes Ferment. Es wird mit der Hilfe von Hefe-Bakterien-Symbionten hergestellt und ist dem etwas bekannteren Kombucha ähnlich. Tibicos hat eine lange Tradition und wird in vielen Ländern verwendet. Sein Ursprung wird in Mexiko vermutet (KATZ, 2012, 157). Da es sich hier um ein Hausmittel handelt, das innerhalb der Familie oder des Freundeskreises verbreitet wird, gibt es viele Bezeichnungen. So wird Tibicos unter Anderem auch als Wasserkefir und Japankristall bezeichnet. Die Hauptverwendung findet Wasserkefir als das gleichnahmige Getränk. Es ist meist eine Mischung aus leicht süßlich und doch säuerlich. Es kann in vielen Geschmacksvariationen leicht selbst gemacht werden. In einem regelmäßigen Rhythmus entsteht unter der Beigabe von Wasser und Zucker ein leicht blubberndes, an natürliche Limonaden erinnerndes Getränk.
Vorteile von Tibicos als Pflanzendünger:
In einem großen Garten dient ein guter Kompost als Dünger. Auf kleinem Raum sind andere Lösungen effektiver. Sehr effiziente und nährstoffreiche organische Dünger sind Regenwurmhumus und Pflanzenjauche. Für geschlossene Räume und kleine Balkone ist dies suboptimal, da es bei der Gärung häufig zu einer starken Geruchsbildung kommt. Wer einmal Wasserkefirknöllchen sein eigen nennt, hat ein in sich selbsterhaltendes System, das anspruchslos ist und wenig Arbeit verlangt. Durch den speziellen Fermentationsprozess hat der so entstehende Dünger einen sehr zurückhaltenden Geruch.
Effektive Mikroorganismen
Effektive Mikroorganismen sollen belebend und aktivierend wirken. Sowohl für unseren Darmhaushalt, als auch für den Boden. In der Forschung sind EMs umstritten. Insbesondere wenn es um Produkte der Lebensmittelindustrie geht, die EM als natürliche Medizin bewerben. Wissenschaftliche Studien gibt es nur wenige, die meisten sind von den produzierenden Firmen selbst beauftragt und haben nur eine kleine Teilnehmerzahl.
Ob es nun an den enthaltenen Mikroorganismen liegt, oder andere Hintergründe hat. Meine Pflanzen lieben die Mischung. Sowohl den einfachen Wasserkefir als Gießzusatz, als auch die nährstoffreiche Mischung samt der Küchenabfälle. So war in einem Pflanzentopf nach einem heißen Wochenende ein wirklich trauriger Anblick zu sehen: Eine komplett vertrocknet wirkende anklagende Erdbeerpflanze alleine im Beet. Mit etwas vom intensiven Tibicos Dünger wuchs auch dieses, als tot gegoltenes Pflänzchen, zu einer großen und starken Erdbeerpflanze heran. Die Kräuter wuchern. Unabhängig von der Heilwirkung: Die Geruchsentwicklung bei Jauche wird durch den Wasserkefir gehemmt.
Wie verwendet man Tibicos Pflanzendünger?
Ich habe meinen Wasserkefir in einem großen Gefäß ständig in der Küche stehen. Hier schöpfe ich circa alle zwei Wochen eine halbe Gießkanne voll Flüssigkeit ab. Diese wird verdünnt mit Wasser zum Gießen verwendet. Zwei Mal im Jahr setzte ich einen stärkeren Dünger an, dazu mehr unter „Dünger herstellen und Küchenabfälle verwerten“.
Dünger herstellen – Basis
Die Tibikosknöllchen in ein passendes Gefäß geben. Ton, Keramik oder Glasgefäße sind hierfür geeignet. In einem stetigen Rhythmus die Knöllchen mit Zucker und frischem Wasser füttern. Wenn der Zucker vollends umgewandelt ist und die Flüssigkeit eine milchige Färbung hat, abfüllen. Eine exakte Anleitung für den kulinarischen Wasserkefir, sowie weitere Infos zur Handhabung findet ihr auf Freischnauzekochen. Den fertigen Wasserkefir, ohne Geschmackszugaben, in einer Verdüngung von 1 zu 3 als Gießwasser benutzen. Insbesondere bei Tomaten darauf achten, dass das Wasser nur der Erde beigegeben wird und nicht die Blätter benetzt.
Im Frühjahr und Herbst kann man die Erde ordentlich mit Nährstoffen anreichern. Insbesondere im Frühjahr bietet es sich an die Beete drei Wochen vor der Bepflanzung vorzubereiten. Die Erde erhält somit genug Zeit zu arbeiten. Die Mikroorganismen zersetzen die neu hinzugefügten Pflanzenrückstände und der PH-Wert reguliert sich, die Fermente sind eher sauer.
Dünger herstellen und Küchenabfälle verwerten
Hierfür den fertigen Wasserkefir (die Flüssigkeit) von den Tibicosknöllchen trennen. Wasserkefirextrakt in ein Gefäß mit Deckel füllen. Zusätzliche Nährstofflieferanten hinzugeben. Dazu eigenen sich Küchenabfälle sehr gut. Eierschalen liefern Kalk, der sich aus für die Pflanzen wichtigen Bausteinen zusammensetzt. Kaffeesatz ist eine weitere Grundzutat, die insbesondere für eine Auflockerung der Erde sorgt. Nicht untergemischt, sondern auf der Beetoberfläche kann sie als Mullschicht sorgen. In diesem Fall stellt der Kaffeesatz einen guten Nährboden für die Mikroorganismen dar. Pflanzenreste (Blätter, Stängel, Schalen) können ebenfalls verwendet werden. In den Schalen von Zwiebeln und Knoblauch finden sich weitere wichtige Inhaltsstoffe und wirken beide antibakteriell. Knoblauchessenzen sind ein Pflanzenschutz gegen falschen und echten Mehltau.
Die Küchenabfälle zusammen mit der Wasserkefirflüssigkeit in ein Glas geben, so dass alles gut bedeckt ist. Nun wird das Glas verschlossen und mindestens zwei Tage, gerne auch eine Woche stehen gelassen. Unter manchen Bedingungen kann sich Kohlensäure bilden, deswegen bei Versuchen die länger ziehen sollen, immer mal entlüften oder ein Gefäß nehmen, das einen Gasaustausch zulässt.
Die so erhaltene Flüssigkeit wird stark verdünnt (1 zu zehn) auf die Erde aufgetragen. Wenn ein neues Beet oder neuer Pflanzkasten angelegt wird, kann die Flüssigkeit mit den vorzersetzten Küchenabfällen zusammen unter die Erde gemischt werden. Hierfür die Küchenabfälle vor dem Einlegen etwas klein hacken und schneiden.
Für eine effektive Düngung ist es wichtig in etwa zu wissen, wie viele Nährstoffe die jeweilige Pflanze benötigt. Insbesondere Gemüse, wie Tomaten und Paprika, gehören zu den Starkzehrern und brauchen einen höheren Energiebedarf, als andere Gemüsesorten oder Blumen.
Wo bekommt man Wasserkefir?
Tibicos findet man in zahlreichen Onlineshops. Ich habe den Wasserkefir damals geschenkt bekommen. Das ist mir die viel sympatischere Variante. In meinen Augen hat dies sogar eine gewisse Tradition und auch ihr solltet versuchen, jemanden zu finden, der euch Wasserkefir schenken kann. Hierzu gibt es zahlreiche Foren und (FB-) Gruppen. Insbesondere unter Foodies und Fermentationsfreunden findet sich immer jemand, der überschüssige Knöllchen abgeben möchte.
Quellen und weiterer Lesestoff:
HEISTINGER, Andrea, ARCHE NOAH (2012): Handbuch Bio-Balkongarten, 5te aktualisierte Auflage, Innsbruck: Löwenzahn
KATZ, Sandor Ellix (2012): The Art of Fermentation, United States of Amerika: Chelsea Green Publishing
Inhaltsstoffe Ei: https://www.lebensmittellexikon.de/e0002310.php
Dünger Bio Austria: http://www.biola.at/de/duengung-biola-wissensdatenbank-fuer-den-biologischen-landbau/articles/was-heisst-duengen.html
Kritische Betrachtung der EMs: https://www.biorama.eu/un-effektive-mikroorganismen/
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