Beim Bremsen eines Fahrzeugs muss die Bewegungsenergie – kinetische Energie – abgebaut werden, bis sie den Wert Null erreicht. Das gilt auch für U-Bahnen und Straßenbahnen der Wiener Linien. Fast alle Garnituren speisen diese Bremsenergie als elektrische Energie ins Netz zurück.
Dieser Artikel wurde am 24. April 2012 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Ein Fahrzeug auf 90 Kilometer pro Stunde zu beschleunigen, das geht nicht von allein. Die dafür aufgewendete Energie geht beim nächsten Halt durchs Bremsen wieder verloren.

Nicht so bei den Wiener Linien. Je nach Fahrzeugtyp, der im Wiener Öffentlichen Verkehrsnetz unterwegs ist, kann zwischen einem Viertel oder sogar mehr als einem Drittel der aufgewendeten Bremsenergie zurückgewonnen und wieder ins Netz eingespeist werden.

Im Fall der Bremsung wirken die Antriebsmotoren als Generatoren und wandeln die Bewegungsenergie in elektrische Energie um.

Welche Fahrzeuge aus dem Fuhrpark der Wiener Linien können Brremsenergie rückspeisen?

 
Straßenbahnen:

  • ULF Niederflurstraßenbahnen in allen Bauformen
  • E2 Ältere Straßenbahnfahrzeuge, die von einer Schaltwerksteuerung auf eine Choppersteuerung umgebaut wurden.

U1 / Wiener Linien - Johannes Zinner FotografieU-Bahnen:

  • U11 Neuere Bauserie der Silberpfeile. Sie waren von Beginn an für Rückspeisung ausgelegt
  • U2 Ältere Bauserie der Silberpfeile. Modernisierte Antriebstechnik hat die Technologie nachträglich möglich gemacht.
  • V Der V-Wagen, die neueste Type von U-Bahn-Fahrzeugen, standardmäßig mit KERS ausgerüstet
  • T und T1 Fahrzeuge der U-Bahn-Linie U6. Auch sie waren von Beginn an für die Rückspeisung ausgelegt.

In Wien sind etwa 500 Straßenbahnzüge unterwegs.
Die Hälfte davon sind bereits die “neuen”, die Niederflur-Garnituren der Type “ULF”. Diese Bauart hat schon ab Werk ein System zur Rückspeisung der Bremsenerige eingebaut. Zusätzlich wurden 120 Garnituren der Type E2 mit KERS nachgerüstet.

Komplexes Zusammenspiel von Fahrzeugen

Theoretisch könnten die Wiener Linien allein mit den rund 9000 Megawattstunden Strom aus den 120 nachgerüsteten Straßenbahnen 2.200 kleine Haushalte versorgen. Allerdings wirklich nur theoretisch. Denn das Oberleitungsnetz der Straßenbahnen ist wie das Stromschienennetz der U-Bahnen aus technischen und Sicherheitsgründen in voneinander getrennte Sektoren eingeteilt. Eine Rückspeisung ist nur dann wirklich möglich, wenn sich im gleichen Sektor mindestens ein anderes Fahrzeug aufhält, das die rückgelieferte Energie direkt aufnimmt.

Heizen mit Bremswärme

Andernfalls muss das Fahrzeug auf herkömmliche Art bremsen, die elektrische Energie wird in den Bremswiderständen in Wärme umgewandelt. Im Winter kann diese Wärme zur Beheizung des Innenraums genutzt werden, ansonsten geht sie verloren.

Spannungsfrage

Für die Rückspeisung ist es nötig, die am Fahrzeug erzeugte elektrische Energie auf ein Spannungsniveau anzuheben, das höher liegt als die Spannung der Oberleitung bzw. der Stromschiene. Nur dann kommt es zu einem Energiefluss aus dem Fahrzeug in die Leitung. Allerdings sind für die Leitungen obere Grenzwerte festgelegt, die nicht überschritten werden dürfen.

Ist dieses Limit erreicht oder fast erreicht, bleibt wieder nur mehr die Möglichkeit, das Fahrzeug abzubremsen, in dem die beim Bremsen erzeugte elektrische Energie im Bremswiderstand in Wärme umgewandelt wird.

Wiener Linien, Johannes Zinner FotografieInvestition lohnt sich

Trotz aller Schwierigkeiten lohnt sich die Investition in die Rückgewinnung von Bremsenergie für die Wiener Linien. Denn wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, ist das Einsparungspotenzial hoch, nicht nur wirtschaftlich, sondern auch beim CO2-Ausstoß.

Die nachgerüsteten Straßenbahnen bleiben übrigens noch länger im Dienst – auch wenn laufend neue ULF-Garnituren geliefert werden und die ganz alten E1-Straßenbahnen ausgemustert werden, ist in Spitzenzeiten auch langfristig noch an den Einsatz von Garnituren der Bauserie E2 gedacht.

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