Parvin Razavi schreibt für Energieleben.at eine zweiwöchentliche Kolumne zum Thema nachhaltige Ernährung. In diesem Kick-Off Artikel schreibt die Bloggerin über Nachhaltigkeit im Allgemeinen und ihre Gedanken dazu.

Ein Begriff ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Kaum eine Regierungserklärung oder Umweltorganisation der UN, in der es heute nicht an prominenter Stelle vorkommt. Aber besteht dadurch nicht auch Abnützungsgefahr?

Dass ein Begriff wie sustainable development in den Sprachgebrauch der Weltgemeinschaft aufgenommen wurde, ist im Grunde genommen sehr gut und kann als eine Art Navigationsbegriff für unsere Zukunft angesehen werden – also auch als möglicher Schlüssel zum Überleben der Menschheit. Aber es besteht auch Gefahr, denn nicht selten wird dieser Begriff als Etikettenschwindel benutzt. Der Begriff „Nachhaltigkeit“ wird leider allzu oft benutzt, um weiter ein gutes Gewissen zu machen. Sobald ein Wort aber inflationär verwendet wird, besteht auch die Gefahr, dass am Ende nichts mehr nachhaltig ist. Es wäre jedoch nicht richtig, deswegen diesen Begriff zu meiden, denn schließlich redet man ja auch von Menschenrechten und Demokratie, obwohl selbst diese – wie man an den aktuellen politischen Geschehen weltweit sieht – zur Genüge missbraucht werden.

Nachhaltigkeit – Aus Mangel oder Überfluss?
Nachhaltigkeit ist genaugenommen ein Kind der Krise. Erst durch die früh-industrielle und -kapitalistische Entwicklung und Expansion im Europa des 17. Jahrhunderts wurde die Angst einer drohenden Ressourcenknappheit größer. Solange eine Gesellschaft ohne der Übernützung ihrer Ressourcen lebt und auskommt, braucht(e) sie keine Begriffe wie Nachhaltigkeit. Im Barocken Sachsen mit ihren riesigen holzfressenden Schmelzöfen und der damit verbundenen Dynamik, die die industrielle Produktion binnen kürzester Zeit hervorgerufen hatte, entstand eine drohende Ressourcenkrise und genau zu dieser Zeit wurde der damals neue Begriff, durch den Oberberghauptmann Carlowitz, in die Welt gesetzt. Nachhaltigkeit ist also kein neues Thema, sondern schon seit über 300 Jahren aktuell.

Nachhaltigkeit –  Für eine Elite oder für alle?
Jeder kann seinen Beitrag zur Verbesserung der Welt, sowie zu einer nachhaltigen Entwicklung beitragen. Wir alle sind Konsumenten und als solche können wir den Markt bis zu einem gewissen Grad mitbestimmen. Wo keine oder wenig Nachfrage, da auch wenig bis gar kein Angebot. Uns Menschen sollte bewusst werden, dass jeder Kauf eines Produktes unweigerlich mit einer neuerlichen Reproduktion zusammenhängt. Wie sonst könnten wir aus immer vollen Einkaufregalen wählen? Für mich persönlich bedeutet nachhaltiges Leben eine gesunde, möglichst biologische und ökologische Ernährung, wobei ich da vermehrt versuche saisonal und regional einzukaufen.  Ein sparsamer Umgang mit Ressourcen wie Wasser und Energie, tut nicht nur dem Geldbörsel gut, sondern auch unserer Umwelt. Da ist es dann auch nicht weiter verwunderlich, dass wir uns ganz bewusst gegen ein eigenes Auto entschieden haben. Meinen beiden Kindern versuche ich diese Lebenseinstellung vorzuleben, ohne jedoch dabei dogmatisch zu werden.

Parvin Razavi
Die gebürtige Perserin lebt seit 1986 mit ihrer Familie in Österreich. Seit ihrem 20. Lebensjahr beschäftigt sie sich mit biologischer und ökologischer Ernährung und Lebensweise. Geprägt durch ihre orientalische Großfamilie war sie schon immer fasziniert von Gerüchen und Düften und experimentierte schon früh in Küche. 2010 begann die autodidakte Bioköchin ihren Foodblog „thx4cooking“. Seit 2011 ist sie Redakteurin bei BIORAMA – Magazin für nachhaltigen und bewussten Lebensstil, in der Webshow „organic instinct“ kocht sie als Gastgeberin gemeinsam mit prominenten Gästen. In der ORF 2 Sendung „heute Konkret“ kocht sie in regelmäßigen abständen als Expertin für alternative Lebensmittel.