Ulrich Ghezzi und Robert Gehmacher
Ulrich Ghezzi und Robert Gehmacher
Zwei Visionäre im Interview.
Dieser Artikel wurde am 18. November 2016 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

In Österreich wird der Bedarf an E-Autos sehr rasch steigen, meinen Ulrich Ghezzi und Robert Gehmacher. Dafür brauche es immer mehr Schnellladestationen, die auch mit Energie versorgt werden müssen. Und diese soll am besten dort erzeugt werden, wo sie gebraucht wird. In einem visionäreN Zukunftsprojekt namens E-Wall haben die beiden Salzburger ein Konzept entworfen, das die Stromversorgung für E-Autos an Autobahnen und Schnellstraßen ermöglichen und die Flächen neben diesen Straßen zugleich als Erholungsgebiet nutzbar machen. Im Interview erklären sie, wie das geht.

Wie entstand die Idee zur E-Wall?

Ulrich Ghezzi: Wir haben uns vor knapp zwei Jahren intensiv Gedanken gemacht über Mobilität und darüber, wie man E-Autos mit Energie versorgen kann. Für uns war schnell klar, dass das über die erneuerbaren Energien sein muss. Im Zusammenhang mit Autobahnen gibt es ja verschiedene Ideen – den Photovoltaik-Belag oder die überdachte Autobahn etwa. Sie alle sind aber nicht befriedigend. Unser Ansatz war: Wie kann man sinnvoll, kostengünstig und wirtschaftlich Energie an der Autobahn erzeugen und bereitstellen?

Robert Gehmacher: Vor zwei Jahren haben wir gesehen, dass die E-Mobilität sehr schnell kommen wird. Damals hat uns noch jeder ein bisschen ausgelacht. Tatsache ist, wir brauchen Energie, und wir brauchen immer mehr elektrische Energie. Die Aktualität zeigt uns, dass das nicht ein Problem von morgen ist, sondern eines von heute. Wenn man sieht, des Österreich 20 Prozent seines Stromes importiert, und Regionen wie Salzburg sogar 40 Prozent importieren, dann wird klar, dass es dringend notwendig ist, Strom zu produzieren, und zwar dort, wo er benötigt wird. Die zweite Überlegung ist, dass Österreich ein Transitland ist. Dass Autobahnen notwendig sind, aber Lebensräume zerschneiden.

Was ist das Ziel des E-Walls?

Ghezzi: An Autobahnen kann man nicht bauen, da es zu laut ist, und da es zu viele Schadstoffe gibt. Die Schadstoffe, vor allem das CO2, wird durch die E-Mobilität wegfallen. Wenn es noch gelingen würde, den Lärm wegzubringen, dann wäre viel gewonnen. Der E-Wall bringt einen Doppelnutzen: Stromproduktion und Lärmschutz.

Der E-Wall erzeugt Strom direkt an der Autobahn
Der E-Wall erzeugt Strom direkt an der Autobahn

Welche Vorteile bietet der E-Wall im Vergleich zu herkömmlichen Lärmschutzwänden?

Ghezzi: Lärmschutzwände können den Lärm nur um 20 Dezibel reduzieren. Wenn man unmittelbar hinter der Wand steht, hört man die Autobahn immer noch. Der E-Wall hingegen reduziert den Lärm auf 0. Vom Preis her sind beide Systeme vergleichbar, der Wall würde sogar etwas günstiger kommen. Auch das Problem, wie man Aushubmaterial sinnvoll nutZen kann, wäre damit gelöst. Ich denke da zum Beispiel an die Diskussion rund um den Marchfeldkogel. Außerdem kann der E-Wall begrünt werden und bietet unmittelbar dahinter Raum für Fahrradwege.
Gehmacher: Ein Solarflächenkraftwerk verbraucht Landschaft, der E-Wall gewinnt Landschaftsflächen.

Wie weit ist die Entwicklung des E-Walls vorangeschritten?

Ghezzi: Es gab bereits erste Gespräche mit dem Land Salzburg und der Asfinag. Die Resonanz von Seiten der Politik war aber mäßig. Es gab zwar Interesse an einem Pilotprojekt, leider ist in diese Richtung bisher aber nicht viel passiert. Es gibt so vieles, das für das Projekt spricht. Ideal wäre, wenn wir als Leuchtturmprojekt einmal fünf Kilometer E-Wall bauen könnten.
Welche Einschränkungen gibt es beim E-Wall?

Gehmacher: Grundsätzlich kann der E-Wall überall gebaut werden, wo genügend Platz neben der Autobahn oder Schnellstraße ist. Im städtischen Bereich ist das natürlich schwierig, auch wenn die Autobahn entlang von Felsen oder Gebirge verläuft.

Wieso brachen wir in Österreich überhaupt mehr Ladestationen?

Ghezzi: In Österreich ist man sehr stolz darauf, dass eine flächendeckende Versorgung mit SchNellladestationen vorhanden ist. Aber was bedeutet das? Es gibt ausreichend Schnellladestationen für die derzeit vorhandenen E-Autos. Wenn die Entwicklung aber so weitergeht – und nicht nur Tesla treibt diese voran, sondern auch andere Autohersteller drängen auf den Markt – dann werden das ganz schnell viel zu wenige Ladestationen sein. Amsterdam hat sich etwa dazu verpflichtet, für jedes E-Auto, das jemand kauft, zwei Ladestationen einzurichten. Österreich muss gerüstet sein. Sonst läuft es darauf hinaus, dass die Industrie zwar liefern kann, aber die Ladestruktur nicht vorhanden ist.

Gehmacher: Der Pendler vom Land wird sein E-Auto vorwiegend aus dem Strom vom Garagendach aufladen. Aber all die Reisenden und Urlauber im Land brauchen eine Infrastruktur, sonst entsteht ein enormer Wettbewerbsnachteil für Österreich.

Wie schnell könnte das Projekt aus Ihrer Sicht aus umgesetzt werden?

Ghezzi: Ein Umsetzungszeitraum von zwei Jahren wäre für eine Pilotanlage realistisch.

Gehmacher: Ideal wäre es an einer West-Ost-Autobahn, weil dann das Sonnenlicht am effizientesten genutzt werden kann. Aber natürlich funktioniert es auch an einer Nord-Süd-Autobahn. Am interessanteste wäre ein Pilotprojekt wohl in der Nähe einer Metropole, wo es viele E-Autos gibt.

 

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Quelle: Energieleben Redaktion; weitere Infos: www.ewall.at

Foto: www.ewall.at

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