Kettenlinienhaus
Kettenlinienhaus
Was braucht es für ein nachhaltiges, zukunftsfähiges Leben in Gemeinschaft?
Dieser Artikel wurde am 3. April 2017 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Dieser Frage gehen die Menschen rund um das Projekt vienna.transitionBASE vom Verein United Creations am Areal der zukünftigen Seestadt Aspern nach. Es geht darum, neue Wege zu erforschen, wie gebaut, gewirtschaftet und gelebt werden kann.

Entstanden ist das Projekt 2011, als Sprungbrett Aspern, als noch nicht einmal die U-Bahn bis dort draußen fertig war. Damals ging es darum, einen Prototypen für ein Ökodorf aufzubauen, um zu forschen, was es braucht, was möglich und machbar ist, in Gemeinschaft zu bauen und zu entwickeln.

Über die Jahre hat sich das Projekt weiterentwickelt zur vienna.transitionBASE. Der Fokus des Forschens und Ausprobierens ist geblieben, der Rahmen hat sich aber leicht gewandelt. In den letzten Jahren hat es immer wieder neue externe und auch interne Projekte auf den Platz gezogen.

Projekte auf der vienna.transitionBASE

Das waren zum Beispiel diverse sowohl dauerhaftere als auch mobilere Bauprojekte. Zu den fixen bzw. dauerhafteren Bauten zählen ein nachhaltig überarbeitetes Container-Modulhaus (Q-Box), ein Erdkeller, eine Winterküche aus Hanfbeton, eine Trockentrenntoilette, ein lasttragendes Strohballen-Rundhaus mit Lehmputz und das Herzstück und Aushängeschild des Projektes: das Kettenlinienhaus (siehe Beitragsbild). Dieses besteht aus mehreren Holzrahmen mit Strohdämmung, Holzverschalung außen und Lehmputz innen, und besitzt die gespiegelte Form einer herunterhängenden Kette als ideale lastabtragende Form.

tbase Rundhaus aus Stroh und Lehm

Die mobileren Projekte sind bzw. waren der Wohnwagon Prototyp, der Umbau eines alten Zirkuswagens mit Vollholzwänden, diverse – teilweise original mongolische – Jurten, unterschiedlichste Kuppeln und ein Tipi.

mongolische Jurte

Zusätzlich zu den Bauprojekten wurden diverse weitere Projekte initiiert und umgesetzt, wie z.B. Hochbeete, Hügelbeete, eine Kräuterspirale mit anschließendem Teich, ein Biomeiler und der Aufbau einer kleinen Werkstatt, um all die anderen Dinge möglich zu machen. Die Gartenprojekte sind sehr stark von der Permakultur inspiriert, die sich am Schaffen und Schließen von natürlichen Kreisläufen orientiert.

Ein weiterer Aspekt, der nicht fehlen darf, ist die soziale Komponente, die ein wesentlicher Anteil des Projektes ist. Zusätzlich zu den unregelmäßig veranstalteten Festen fanden und finden einige Workshops und Kurse auf dem Platz statt, unter Anderem eine monatliche Schwitzhütten-Zeremonie und der Greenskills Lehrgang von United Creations, über den ich bereits in Was bedeutet nachhaltiges Leben? berichtet habe.

Wo und wie findet man diesen Platz?

Die Fläche der vienna.transitionBASE liegt im Herzen des Seestadt-Areals, als Verlängerung der Janis-Joplin-Promenade, die am See entlang läuft. Es ist der Ort, wo die größten und ältesten Bäume der ganzen Seestadt zu finden sind, und das obwohl ein Großteil der Fläche aus dem ehemaligen Flugfeld des Flughafens Aspern besteht. Die dreistämmige Pappel zum Beispiel, die auf ihre Art das natürliche Herzstück des Platzes ist, hat sich durch die dicke Schicht Beton des Flugfeldes durchgekämpft, und strahlt (vielleicht genau deshalb) eine besondere Kraft aus.

tbase Pappel

Die Fläche wird dem Verein United Creations von der 3420 Aspern Development AG als Zwischennutzungsfläche zur Verfügung gestellt. Das Projekt selbst trägt sich aber großteils durch ehrenamtliche Arbeit, mit kleiner Unterstützung durch das letztes Jahr erfolgreich abgeschlossene Crowdfunding sowie zwei Forschungsprojekten. Unterstützung über Spenden oder aber auch in Form von Mithilfe – sowohl punktuell bei Garten- oder Bau-Projekten, als auch dauerhaft in der Organisation – ist daher sehr willkommen.

Wie soll es weitergehen?

Der Zwischennutzungsvertrag läuft derzeit noch bis 2020, es gibt aber im Team immer die Hoffnung auf Verlängerung für ein paar weiter Jahre, die durchaus wahrscheinlich ist. Dann wird die Fläche den Wohnbauten der letzten Ausbaustufe der Seestadt weichen müssen.

Vergleicht man die modernen Bauten der Seestadt mit dem Platz des Projektes, sieht man zwei gegensätzliche Herangehensweisen an eine zukunftsorientierte Stadtentwicklung. Die der Seestadt, wo zuerst alles fix geplant und vorgegeben wird, und dann die Menschen dazu gesucht werden. Im Gegensatz dazu sieht man auf der vienna.transitionBASE, dass zunächst mal der Platz belebt wurde, und aus den Menschen dann Strukturen entstanden sind.

Auch wenn es keiner Stadt sondern eher einem rudimentären Dorf (in der Stadt) ähnelt, ist eine sehr kreative, offene organische Herangehensweise an das Thema Stadtentwicklung zu erkennen, die zu den bisher gängigen Top-Down-Planungsinstrumenten auch alternative Formen der gemeinschaftlichen Gestaltung entstehender Wohnräume praktisch erforscht.

 

weiterführende Links:
https://viennatransitionbase.wordpress.com/
http://unitedcreations.org/
http://greenskills.at/
http://www.q-box.at/
http://www.wohnwagon.at/
http://www.wien3420.at/

 

Bildquellen:

alle Bilder: vienna.transitionBASE / United Creations