Still und heimlich wurde der Zuckermarkt in der EU neu geregelt – Details und warum das gefährlich ist!

Die EU-Zuckermarktverordnung ist zum 30. September 2017 ausgelaufen. Nichts davon gehört? Ja das kann sein, das wurde nämlich nicht groß breitgetreten in den Medien. Aber warum eigentlich nicht? Bisher beschränkte dieser (unter anderem) die Produktion von Isoglukose durch eine Quote. Mit dem Auslaufen der Verordnung wird der Industrie nun erstmals erlaubt, unbegrenzte Mengen an Isoglucose (besser bekannt als High Fructose Corn Sirup oder HFCS, also Glucose-Fructose-Sirup) herzustellen. In Europa betrug der Marktanteil von Isoglukose bisher nur etwa fünf Prozent aller verwendeten Zuckerarten, in den USA hingegen ganze 50%. (Wusstet ihr, dass sogar die meisten Honigsorten, die in US-amerikanischen Supermärkten erhältlich sind, keine Pollen enthalten? Das Meiste sind Additive und Maissirup.) Und das hat fatale Folgen.

Isoglucose / High Fructose Corn Syrup

HFCS ist ein Zuckersirup, der aus Mais- oder Weizenstärke hergestellt wird (meist aus genmodifiziertem Mais oder Getreide). Es handelt sich dabei um künstlich hergestellte Fructose, die geschmacklich kaum von Haushaltszucker zu unterscheiden ist. Er hat allerdings eine viel höhere Süßkraft, sprich es wird weniger davon benötigt. Gleichzeitig ist er in der Herstellung auch bis zu 40% billiger als raffinierter Zucker. Das macht sich die Nahrungsmittelindustrie natürlich zunutze und setzt den billigen Sirup in vielen industriell hergestellten Produkten ein. Ist das denn nun ein Problem, fragst du dich vielleicht. Haushaltszucker ist ungesund, HFCS kann doch wohl nicht schlimmer sein?

Unser Gehirn reagiert anders auf Maissirup und die enthaltende Fructose als auf herkömmlichen Haushaltszucker. Obwohl Fructose so gesund klingt, hat sie in diesem Fall nichts mit der in natürlicher Form in Obst enthaltenen Fructose zu tun (Bitte unbedingt weiter Obst essen!) Maissirup wird in Verbindung mit schweren chronischen Krankheiten gebracht indem er sie beeinflusst oder gar hervorruft. Maissirup sättigt nicht und fördert so Übergewicht und Typ 2 Diabetes. Des Weiteren steigt bei einer erhöhten Aufnahme (mehr als 74 g Fructose pro Tag) das Risiko für Bluthochdruck. Dies sind nur einige der vielen Risiken von HFCS, die seit 1975 durch wissenschaftliche Studien und Arbeiten belegt wurden. Seit Mitte der 70er Jahre stieg nämlich die Zahl der Fettleibigen in den USA rasant an, worauf nach Ursachen dafür gesucht wurde. Der Anstieg begann zeitgleich mit einer generellen Erhöhung des Zuckerkonsums und einem Wechsel von Kristallzucker zu Maissirup mit einem hohen Fruktosegehalt.

Zuckerwelle aus den USA

Es ist allgemein bekannt, dass Zucker der Gesundheit schadet und dick macht. Der Versuchung zu widerstehen ist allerdings gar nicht so einfach, vor allem, wenn die Industrie einem die süßen Sünden durch die richtige Werbung erst so richtig schmackhaft macht. TTIP ist also nicht das Einzige, was uns in Bezug auf unsere Nahrung und die USA beschäftigen sollte. Auch die Überschwemmung mit Produkten voller HFCS aus Amerika sollte uns zu denken geben. 

Mit dem Wegfall der Isoglukose-Quote wird der süße Sirup mit Sicherheit an Marktanteilen gewinnen, sagen Finanzexperten. Die Gesundheit von uns Konsumenten wird also weiterhin aufs Spiel gesetzt. Wie stark das neue Süßungsmittel in Europa allerdings die “alten” Zuckerarten verdrängen wird, hängt davon ab, ob wir Konsumenten diesen Inhaltsstoff in einer breiteren Produktpalette akzeptieren werden. 

Das Problem ist jedoch leider nicht nur die Isoglukose: Durch die Zuckermarktliberalisierung werden die Preise für Zucker fallen – was es für die Lebensmittelindustrie noch rentabler macht, auf Süßigkeiten, Zuckergetränke und andere ungesunde Lebensmittel zu setzen. Die Industrie steckt hier in einem Dilemma, das durch Isoglukose noch verstärkt wird: Bei gesunden Lebensmitteln wie Obst oder Gemüse macht sie deutlich weniger Profit als mit Softdrinks, Süßigkeiten oder Snacks. Der Zugang zu noch billigeren Süßungsmitteln – wie eben HFCS – verstärkt dies. Die Industrie braucht also Anreize, um ausgewogene Lebensmittel zu vermarkten.

Wie vermeide ich Isoglucose

Schritt eins ist bei allem was man kauft die Inhaltsstoffe genau zu lesen. Enthält ein Produkt “Glukose-Fruktose-Sirup” oder “Fruktose-Glukose-Sirup”, stellt man das Produkt am besten gleich wieder zurück ins Regal (die Reihenfolge ergibt sich daraus, welche Zuckerart in höherer Dosierung im Sirup enthalten ist – ungesund sind allerdings beide).

Schritt zwei ist generell weniger Zucker zu kaufen. Auch hier gilt wieder: Zutatenlisten lesen! Alles was am Beginn der Liste steht, ist in hoher Dosierung enthalten, da die Zutaten mengenmäßig sortiert werden.

Meine liebsten süßen Alternativen sind übrigens Medjool Datteln und Honig (wobei man, wie oben erwähnt, auch beim Honig auf gute Qualität achten muss!). 

Zusammen gefasst bedeutet das also, dass wir es in der Hand haben und als Verbraucher die neuen Inhaltsstoffe NICHT akzeptieren sollten. Außerdem sollten wir zugesetzten Zucker so gut es geht reduzieren und uns laufend informieren. Klar, als Einzelner etwas gegen die große, mächtige Zuckerindustrie zu tun ist schwierig. Leiten wir aber diese Informationen weiter und boykottieren so viele Menschen wie möglich den Sirup, haben wir eine reelle Chance. Schließlich geht es um unser aller Gesundheit.

PS: In Großbritannien müssen Hersteller überzuckerter Getränke ab 2018 bereits eine Abgabe zahlen, mit der gesundes Schulessen finanziert wird. Es gibt also durchaus auch schon Projekte, die in eine gute Richtung gehen!

Quellen:
https://www.bmel.de/DE/Landwirtschaft/Agrarpolitik/1_EU-Marktregelungen/_Texte/EU-Zuckermarktregelungen.html
https://netzfrauen.org/2017/02/23/vorsicht-zucker/
http://www.focus.de/gesundheit/videos/stoert-den-stoffwechsel-experten-warnen-versteckter-krankmacher-aus-den-usa-ueberflutet-deutschen-markt_id_7692842.html
https://www.foodwatch.org/de/informieren/zucker-fett-co/mehr-zum-thema/isoglukose-was-verbraucher-wissen-muessen/
http://www.foodsafetynews.com/2011/11/tests-show-most-store-honey-isnt-honey/

Fotos:
nabil boukala bei Unsplash
Skeeze / Pixabay

Ulrike Göbl, MA

Die nebenberufliche Fitness- und Ernährungstrainerin beschäftigt sich schon seit ihrer Jugend mit gesunder Ernährung und alternativen Lebensweisen. 2010 begann die begeisterte Hobbyköchin ihren Foodblog „Fit & Glücklich“. Dort vereint sie ihre Liebe zu gutem Essen und Sport mit dem Versuch, die Balance im Leben zu finden. Seit 2012 vernetzt sie mit einer Kollegin auch noch die Österreichischen Foodblogger auf einer eigenen Plattform und hat 2015 auch ein Kochbuch  zum Thema “Clean Eating” geschrieben.