Die Weihnachtszeit gilt als Zeit der „Besinnung“, des kurzen Rückzugs aus der Tretmühle des Alltags, des Kampfes, der unsere Sinne so beansprucht und der Wahrnehmung der Gemeinschaft. Da aus dieser universellen Gemeinschaft immer mehr ausgegrenzt wird, sollten wir „Menschen“ uns wieder der eigentlichen Gemeinschaft, deren unabtrennbarer Teil wir sind, erinnern. Da gibt es vieles beiseite zu räumen, was den Blick auf die „Wahrheit“ versperrt, leider auch das „Weihnachtsfest“, wie es heute missbraucht wird. Als „Fest“ war es Bestandteil einer Religion, nach Friedrich Schleiermacher eines „Gefühls der schlechthinnigen Abhängigkeit von Gott“. Da „Gott“ nichts weiter als eine Bezeichnung, ein Name für das „universelle Alles“ oder den „universellen Geist“ ist, ist Religion das Gefühl der „schlechthinnigen Abhängigkeit vom Universum, der „Natur“ oder letztlich der universellen Energie“. Letztlich also das Wissen um die Notwendigkeit einer ausgeglichenen Balance, der universellen Harmonie mit allen Teilen dieses Universums, unserer Mitwelt, der universellen Gemeinschaft.
Gemeinschaft – welche Gemeinschaft?
Wissenschaft hindert sich gern selbst an wirklicher Erkenntnisfähigkeit, weil sie nun einmal an Sprache gebunden ist und, noch hinderlicher, sich selbst Grenzen auferlegt, Abgrenzungen gegen „andere Fächer“. Sprache ist, im Sinne der Erkenntnisfähigkeit hinderlich, weil sie aus Begriffen besteht, die Dinge, Bilder, Wahrnehmungen bezeichnen sollen und das möglichst „allgemeinverständlich“. Sie will also „Seinszustände“ beschreiben, die sich für jedes „Wesen“ infolge seiner individuellen Wahrnehmung aber nun einmal anders anfühlen. In jeder „Kultur“, also einer „Konsensgemeinschaft“, einer Gruppe von Menschen, die in einer bestimmten Umgebung eine möglichst ähnliche Wahrnehmung haben, fällt die Beschreibung der Wirklichkeit anders aus. Besonders hinderlich für eine Erklärung einer universellen Wahrheit, ja schon einer anderen Kultur ist dann dieser spezielle Konsens. Je mehr wir uns also mit Hilfe von Sprache die Welt erklären, desto weiter entfernen wir uns letztlich von dem universellen Gefühl und anderen Gemeinschaften mit einer anderen „Sprache“ und Kultur. Das ist dann der Fall, den die Bibel mit dem „babylonischen Sprachgewirr“, der Unfähigkeit zu einem allgemeinen Konsens, beschreibt. Die ursprünglich universelle Gemeinschaft ist damit zerrissen, die „Vertreibung aus dem Paradies“ vollzogen.
Gott ist Gemeinschaft
Der größte Irrtum unserer „christlich abendländischen Kultur“ war die Personifizierung des „Göttlichen“. Noch heute gibt es unzählige Kulturen, die sich als Teil der universellen Gemeinschaft fühlen. Sofern dort Sprache zur Beschreibung dieses Empfindens genutzt wird, werden alle Dinge der Mitwelt als Brüder und Schwestern bezeichnet und natürlich auch mit Namen und einer Seele versehen, so wie die „menschlichen“ Geschwister auch. Unsere westliche Wissenschaft unterstellt jedoch sofort, dass – wenn etwas mit einem Namen versehen wird – es „getrennt von mir“ ist, eben eine eigene Person und – sofern es kein Mensch ist – sei es nun ein Dämon, ein Götze, ein „anderer Gott“. Das ist der erste grundsätzliche „Bullshit“, der uns vom Rest der Welt trennt. Der Rest der Welt ist Teil unserer „Familie“, letztlich Teil jedes einzelnen Menschen, also – in westlicher Sprache – „Gott“.
Dieses alte Wissen zu beschreiben und zu einem Teil ihrer Kultur zu machen, versuchten vor etwas mehr als 2500 Jahren unter anderen die „Juden“. Die Feststellung, dass „Gott den Menschen nach seinem Bilde schuf“, und weiter: „Du sollst keinen anderen Gott haben neben mir“ besagen nichts anderes, als dass alle Menschen gleich „göttlich“ sind und damit ein gleichwertiger Teil des gesamten Universums. Damit war ausgeschlossen, dass ein Mensch der Gemeinschaft sich über die anderen stellt – wie zum Beispiel als „Herrscher von Gottes Gnaden“ – oder über die Mitwelt, die nun mal auch göttlich ist. Im Grunde also eine „Beschreibung“ der Wirklichkeit, die ja auch – im alten Testament – Teil der westlichen Kultur sein sollte. Allein diese Definition ihrer Kultur – oder halt Religion – hat die Juden motiviert, ihre insofern zutiefst demokratische Gemeinschaft so hoch zu halten und unter allen Umständen gegen jeden „Angriff“ zu schützen. Dazu sollten alle, in ihrem Gesetzbuch, der Thora, aufgeschriebenen „Gesetze“ und Regeln helfen. Diese Abgrenzung war in der Geschichte der letzten 2000 Jahre wahrlich nicht immer leicht.
Gottes Sohn, Heiliger Geist das sind wir alle
Auch die Geschichte der „christlichen“ Kultur, eben auch durch Sprache vermittelt, ist in Wahrheit die Beschreibung der universellen Gemeinschaftlichkeit. Allein die Bezeichnung „Christ“ war ursprünglich ein „Geusenwort“, ein Schimpfwort für rebellische, aufständische Menschen, die die etablierte Kultur in Frage stellten. Wie in vielen anderen Kulturen spürten viele Menschen, wie sehr sich ihre Gemeinschaft, die wir dann schon als „Gesellschaft“ – ein Begriff der Gesellschaftswissenschaften – bezeichnen, von der Mitwelt entfernt und die „alten Regeln“, der Achtung und des Respekts untereinander und damit auch gegenüber der übrigen „Familie“ entfernt. Der junge Bauhandwerker Jesus aus Nazareth hat dann, als er nach der Begegnung mit einem gewissen Johannes (dem „Täufer“) diese Diskrepanz erkannte, in vielen bildhaften Geschichten (Metaphern, wie es „Sprachwissenschaftler“ nennen) versucht, seine Mitmenschen an ihre untrennbare Verbundenheit mit dem universellen Geist zu erinnern. Die in den folgenden 1000 Jahren darüber aufgeschriebenen Geschichten, sogenannte „Legenden“ sollen dann auch lediglich dieses Problem menschlicher Gemeinschaften beschreiben und auf verständliche, also emotional nachvollziehbare Weise den Menschen bewusst machen. Alle weiteren Erklärungs-, oder Verdeutlichungsbemühungen jedweder „Kirche“ oder „Glaubensgemeinschaft“ müssen dabei als „Bullshit“ ignoriert werden. Das sind leider Versuche, dieses Gefühl zu missbrauchen, als Herrschaftslegitimation bestimmter Gruppen. Allein die „verkündete Wahrheit“, dass jeder Mensch genauso göttlich ist, wie jedes andere Wesen und jeder Stein auf seinem Weg ist „wunderbar“. Dass die Vaterschaft zu diesem „gottgleichen Menschen“ ungeklärt, verschiedene Taten den Menschen unerklärlich seien und seine „Auferstehung“ ein Beweis für seine „Gottgleichheit“ ist, sind sprachliche Mittel um den eigentlichen Text, die so wichtige Botschaft zu bekräftigen.
Frohes Fest in 2014
Das „Frohe“ an der Botschaft, die eigentlich Millionen Jahre alt ist, ist das in Sprache „verhüllte“ Wissen um die universelle Gemeinschaft. Das menschliche Bewusstsein, das seine Wahrnehmung der Welt durch das „Denken in Sprache“, statt in den alten Bildern und Gefühlen so sehr verfälscht hat, muss sich dieses Wissen immer wieder in Erinnerung rufen, ob es will oder nicht. Die Spannungen, die wir durch unser Handeln immer wieder aufbauen, mit unseren Mitmenschen und der restlichen Mitwelt, ob in unserer direkten Umgebung oder in unserer so ausgedehnten Wahrnehmung auf unserem gesamten Planeten müssen abgebaut werden, wollen wir „gesunden“, also unser Gefühl der Spannung, welches wir „Stress“ nennen, beruhigen. Die frohe Botschaft ist also, dass es möglich ist, in dieser Einheit mit allem zu leben. Der besagte Zimmermann aus Nazareth hat es bewiesen. Dass er dabei in Konflikt mit einer Gesellschaft kommt, die versucht, diese Einheit zu ignorieren, hat ihn „das Leben“ gekostet. Genau dieses Problem sollte uns in 2014 bewusst werden und daran hindern, diesen Fehler zu widerholen. Oberflächlich betrachtet, scheinen wir diese „Kreuzigung des göttlichen“ täglich und Millionenfach zu wiederholen. In Wahrheit ist die Weihnachtsbotschaft viel tiefer im Gefühl der Menschen verwurzelt, als so manchen selbst ernannten Götzen recht ist. Das belegen all die Bewegungen gegen die etablierte „römische Gesellschaft“, genau wie vor 2000 Jahren.
Erinnern wir uns also endlich an die „Frohe Botschaft“ und machen das Fest darum zu einem Beginn für eine neue, alte Zeit in unserer universellen Gemeinschaft und ohne uns zu sehr um die Mängel der Begriffe unserer vielen so verschiedenen „Sprachen“ zu kümmern.
Frohe Weihnachten