Vor kurzem bin ich von Wien bis nach Nordschweden mit dem Zug gefahren. Insgesamt hat diese Strecke etwas mehr als zwei Tage, also genauer gesagt 51 Stunden gedauert. Hier findet ihr ein Resümee darüber, welche Vor- als auch Nachteile der Zug haben kann.
Was veranlasst also jemanden, all diese Strapazen auf sich zu nehmen? Und was könnte sich am aktuellen Angebot verändern, damit wieder mehr Menschen mit dem Zug auch lange Strecken fahren?
Alles dauert viel länger
Der wohl offensichtlichste Unterschied zwischen Zug und Flug ist wohl die Reisedauer. Anstatt innerhalb von etwa sieben bis neun Stunden die gesamte Distanz (mehr als 3000 km) mit dem Flieger zurückzulegen, dauert es mit dem Zug fast das Sechsfache. Hier kommt es dann auch noch darauf an, wo man hinfährt, und wie viel Luxus (z.B. Schlafwagen o.ä.) man sich leisten möchte.
Weiters macht die Destination einen großen Unterschied darüber aus, welche Verbindungen angeboten werden, wie oft man umsteigen muss, und wie lange man beim Umsteigen jeweils warten muss.
Gleichzeitig konnte ich aber auch eine gewisse Gelassenheit feststellen. Wenn man ohnehin mit dem Gedanken in die Reise geht, dass es lange dauert, dann ist jede einzelne Minute, die man möglicherweise wo warten muss, nicht mehr so relevant.
Systeme nicht dafür ausgelegt
Züge zu buchen, die über mehr als eine, maximal zwei Staatsgrenze gehen, scheint ein schier unüberwindbares Hindernis für gewisse Bahnanbieter zu sein. Ich musste für meine Reise daher teilweise auf den Webseiten der jeweiligen Länder die Angebote durchstöbern und direkt dort buchen.
Das Internet ermöglicht es jedoch, dies ohne Mittelsmänner relativ bequem zu erledigen. Hat man sich also mal damit abgefunden, Teilstrecken einzeln zu buchen, steht allem weiteren nichts mehr im Wege. Oder man leistet sich gleich ein Interrail Ticket, falls es sich für die Reisedauer auszahlt.
Land besser kennenlernen
Aber es gibt auch Vorteile. Reist man so viele Stunden durch ein oder mehrere Länder, sieht man viel mehr von der Landschaft, der Klimazone und den jeweiligen Bau- und Lebensstilen. Man bekommt einen kurzen Eindruck und Einblick (wenn auch nur im Vorbeifahren), wie es sein könnte, in den jeweiligen Regionen zu leben.
Es zeigt, wie die diversen Kulturen fließende Übergänge bilden, da nahegelegene Länder zwar unterschiedliche Bau- und Lebensweisen haben, das Naheverhältnis jedoch keine Grenzen kennt, und sich gegenseitig beeinflusst.
Bezug zur Distanz
Außerdem bekommt man – ähnlich wie ich schon bei Langsam ist das neue Schnell und Wertschätzung von Distanzen beim Wandern erkannt hatte – einen anderen Bezug zu Distanzen. Man geht nicht mehr so leichtfertig damit um, und überlegt zweimal, ob die Reise nun tatsächlich gerade notwendig oder wichtig ist.
Außerdem kann man durch die klarer erkennbare Erkenntnis über die Distanz auch den Energieaufwand und somit die Kosten für Langstrecken besser einschätzen und einen besseren Bezug dazu zu bekommen. Dadurch erkennt man auch die nicht in Relation stehenden Kosten der unterschiedlichen Transportmittel.
Umwelteinfluss
Es ist zwar ein Segen, dass es das Flugzeug gibt, aber speziell die oft recht günstigen Preise verleiten viel zu leicht, große Distanzen zu überwinden, und nicht auf den Einfluss auf die Umwelt und Ökosysteme zu achten.
Es sind diese nicht direkt sichtbaren Auswirkungen auf unsere Umgebung, die es besonders schwer machen, nachhaltige Entscheidungen auch für die nachkommenden Generationen zu treffen.
Fazit
Auch wenn echt viel Zeit dafür benötigt wird, so kann ich dieser Art zu reisen dennoch etwas abgewinnen. Es erzeugt ein gutes Gefühl, die Umwelt weniger stark zu belasten und meinen ökologischen Fußabdruck nicht ins unermessliche wachsen zu lassen.
Außerdem ermöglicht es einem eine Zeit des Abstand nehmens und innehaltens, weil es nicht immer oder nicht immer so einfach möglich ist, mit dem Internet und somit mit der restlichen Welt verbunden zu sein. Man kann wieder ein Buch lesen, gute Musik hören, neue Pläne schmieden. All das, wofür man sich normalerweise nicht so viel Zeit nimmt.
Und – ähnlich wie man es beim Fernbusnetz in den letzten Jahren beobachten konnte – kann sich auch das Angebot der Zugverbindungen verbessern, wenn sich die Preise entsprechend ändern, um diese Art zu Reisen für mehrere Menschen zumindest ähnlich attraktiv wie das Fliegen zu machen.