Das weltweite Artensterben macht auch vor Amphibien keinen Halt. Lange schon stehen hormonell wirksame Substanzen im Verdacht, zum Aussterben von Fröschen und Co. beizutragen. Forscher vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) und der Universität Wroclaw konnten nun zeigen, dass das Pillen-Östrogen Ethinylestradiol (EE2) bei Amphibien zur Verweiblichung von genetischen Männchen führen kann.
Östrogene in der Umwelt
Man kennt die Berichte von der Verweiblichung männlicher Fische in der Nähe von Kläranlagen. Östrogen wirksame Substanzen werden hier nicht vollständig abgebaut und gelangen wieder in die Oberflächengewässer. Neben der Antibabypille sind Reinigungsmittel, Farbstoffe und Pestizide weitere Quellen der hormonartigen Substanzen. Diane, Valette, Yasmin, dies sind Beispiele von Verhütungspillen, in denen das synthetische Östrogen 17α-Ethinylestradiol (EE2) steckt. Auch dieses wird in den Kläranlagen nicht richtig abgebaut und gelangt in biologisch relevanter Konzentration in Flüsse und Seen.
Geschlechtsumwandlung bei Amphibien durch Verhütungspille
Nicht alle Amphibienarten sind diesen Wirkstoffen gegenüber gleich empfindlich. Die Wissenschaftler haben in ihren Versuchen daher gleich drei verschiedene Arten darauf getestet: Kaulquappen des Afrikanischen Krallenfrosches (Xenopus laevis), des Laubfrosches (Hyla arborea) und der Wechselkröte (Bufo viridis). Die Kaulquappen wurden in Wasserbecken mit verschiedenen Konzentrationen von EE2 herangezogen und mit Kontrollgruppen verglichen. Dabei wand man eine neue molekulare Methode zur Bestimmung des genetischen Geschlechts an und verglich die Ergebnisse mit dem äußeren Erscheinungsbild der Geschlechtsorgane unter dem Mikroskop.
Es zeigte sich: Durch den Einfluss von EE2 kam es bei allen drei Arten von Amphibien zur Verweiblichung genetischer Männchen. Dies war bisher ohne den molekularen Nachweis zum großen Teil unbemerkt geblieben. In manchen Gruppen waren 15 Prozent betroffen, in manchen sogar 100 Prozent. So tragen Substanzen aus der Verhütungspille zum Aussterben von Amphibien bei. Da sie mit anderen hormonell wirksamen Stoffen in unserem Wasserkreislauf zu finden sind, gehen manche Experten davon aus, dass sie auch beim Menschen zu ernsthaften Beeinträchtigungen führen können.
Publikation (engl):
Tamschick S., Rozenblut-Kościsty B., Ogielska M., Lehmann A., Lymberakis P., Hoffmann F., Lutz I., Kloas W., Stöck M. (2016): Sex reversal assessments reveal different vulnerability to endocrine disruption between deeply diverged anuran lineages. Scientific Reports 6: 23825 [DOI:10.1038/srep23825]Frei verfügbar: www.nature.com/articles/srep23825