Das ist der Bereich, wo viele von uns die meiste Zeit unseres Lebens verbringen. Dort, wo wir zumindest ungefähr wissen, was uns erwartet. Ein fixer Arbeitsplatz, zu dem du regelmäßig gehst, das Treffen von Menschen, die du schon lange kennst, die typische Route, die du von A nach B nimmst, das Lieblingsessen im Lieblingsrestaurant. Es sind Dinge, Orte, Menschen, Tätigkeiten die uns das Gefühl von Sicherheit, von Beständigkeit geben.
Wieso sollte jemals irgendwer aus seiner Komfortzone hinaus wollen?
Ist das nicht ein bisschen masochistisch? Wartet nicht außerhalb der Komfortzone das kalte, harte Leben? – Ich bin überzeugt davon, dass dem nicht so ist. Außerhalb der Komfortzone liegen Abenteuer. Dort liegt das Gefühl, sich wirklich lebendig zu fühlen. Das Herzrasen vor spannender Aufregung. Das über sich selbst hinauswachsen und lernen.
Aber all diese Abenteuer sind meist untrennbar mit unterschiedlichen Intensitäten von Angst verbunden. Ohne die Angst davor, die innere Grenze, könnten wir uns nie nach dem Überschreiten so lebendig fühlen. Zumindest ich kenne dieses Gefühl nur, wenn ich davor meiner Angst in die Augen geblickt hab, meinen Mut zusammengenommen, und einfach weitergegangen bin.
Was, wenn sich die Angst zu groß anfühlt?
Naja, dann kann man klein anfangen. Man kann üben und trainieren, die eigene meist irrationale Angst nicht mehr so ernst zu nehmen. Es geht dabei nicht darum, keine Angst mehr vor neuen, unbekannten Dingen zu haben, sondern sich aufgrund der Angst nicht mehr so leicht davon abhalten zu lassen.
Wenn man mit kleinen Herausforderungen übt, lernt auch das Gehirn, dass nicht hinter jeder Straßenecke der grauenvolle Tod wartet. Wenn du zum Beispiel auf dem Weg zu einer Freundin, einem Freund, nicht den altbekannten Weg nimmst, sondern einen anderen Pfad, der dich höchstwahrscheinlich auch dorthin bringt, probier ihn einfach mal aus. Oder ein neues Gericht beim Mittagessen.
Als nächste Stufe kannst du auch bewusst schauen, was dir Angst macht, und genau das tun. Das kann zum Beispiel das Ansprechen eines Wildfremden auf der Straße sein, oder etwas peinliches anziehen und so hinaus zu gehen, oder aber sich einfach an einem öffentlichen Platz auf den Boden zu legen.
Persönlicher – und damit meist nochmal schwieriger – wird es dann, wenn man Dinge tut oder ausspricht, die man schon lange tun oder sagen wollte, aber Angst hatte, sich zu zeigen. Angst hatte, dass die Menschen, die einem wichtig sind, einen nicht mehr mögen.
Was soll das mit Nachhaltigkeit zu tun haben?
Nachhaltigkeit ist nicht nur ein Agieren im Außen bei der Wahl verpackungsfreier Lebensmittel, der Wahl eines schadstofffreien Transportmittels oder ähnlichem. Für mich ist Nachhaltigkeit etwas ganzheitliches, wo es auch wesentlich ist, sich mit den eigenen Gefühlen und Ängsten auseinander zu setzen. Das Gehen von neuen Wegen ist oft mit sehr viel Angst verbunden. Mit sehr vielen Gedanken darüber, was andere von einem denken.
Die oben erwähnten Beispiele für kleine und größere Übungen, sich mit der eigenen Angst zu konfrontieren, und nicht davor davon zu laufen, helfen dabei, neue Verbindungen im Gehirn aufzubauen, und somit schrittweise auch eine Veränderung zu bewirken.
Beipackzettel
Bei all diesen Übungen ist es dennoch auch wichtig zu erwähnen, dass ich hier sehr viel Aufmerksamkeit und Feingefühl empfehlen würde. Es gibt einen Bereich außerhalb der Komfortzone, der, wie schon oben beschrieben, geniale neue Erfahrungen bringt. Achtet man aber nicht auf die eigenen Empfindungen, kann es passieren, dass man zu weit geht, und in die Panikzone gerät.
Das sind die Situationen, wo man nicht einfach nur das Gefühl von Angst spürt, sondern eine Todesangst. Die Situationen, wo man tief drinnen weiß: Wenn ich mich da jetzt noch weiter schiebe, dann ist es zu weit, dann stürze ich ab.
Das ist für jeden Menschen sehr persönlich und individuell, und auch diese Grenze kann sich über die Zeit verschieben. Hier gilt es, Geduld zu haben, und dem Ziel schrittweise näher zu kommen, anstatt zu schnell nach vorne zu laufen.
Mein persönlicher Bericht von außerhalb der Komfortzone
Über die Jahre habe ich mich, mehr oder weniger regelmäßig, bewusst meinen Ängsten gestellt. Dabei habe ich meistens recht gut darauf geachtet, nicht in meine Panikzone zu gelangen, wobei ich manchmal schon knapp dran war.
Ich habe dabei unterschiedliche Grenzen erkundet. Da war die Angst, alleine in ein weit entferntes fremdes Land zu reisen, ohne Plan, wo ich hin möchte oder wo ich übernachten kann. Oder auf zwischenmenschlicher Ebene ganz ehrlich meine wahren Gefühle zu äußern (funktioniert manchmal besser, manchmal schlechter).
Eine sehr schwerwiegende Herausforderung auf existenzieller Ebene war es den Schritt zu wagen, meine fixe Anstellung vor inzwischen 4 Jahren zu beenden, ohne einen Plan, wie es weitergehen soll oder was ich als nächstes machen will. Dieser Schritt hat mein Leben seither grundlegend verändert und mich zu mehr Lebendigkeit und Begeisterung geführt, und mir jede Menge Abenteuer beschehrt.
Vor allem aber hat jeder dieser Schritte aus der Komfortzone heraus mein Vertrauen in mich selbst und mein Leben gestärkt, und somit meine Komfortzone schrittweise immer stärker ausgedehnt.
Weiterführende Quellen:
https://youtu.be/hY5mR-S9CPY Komfortzone, Ängste und innerer Schweinehund
http://www.comfortzonecrusher.com/
Bildquellen:
alle Bilder: Angelika Kadnar