Wie in einem Computerspiel ein Feld anlegen, Gemüse pflanzen und die Ernte dann im realen Leben am Teller haben – das alles ist möglich, mittels Crowd Farming!
Dieser Artikel wurde am 13. September 2019 veröffentlicht
und ist möglicherweise nicht mehr aktuell!

Einmal im Leben ein eigenes Feld bewirtschaften… das ist so ein (nicht so geheimer) Traum von mir, und mit meinem kleinen Garten bin ich der Sache ja schon etwas näher gekommen. Und dann hab ich Crowd Farming entdeckt. Durch das Konzept kann jeder zum Landwirt werden und es eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten.

Was ist Crowd Farming?

Landwirt kann heutzutage jeder werden – sogar ohne jemals einen Schritt auf ein Feld zu setzen. Nicht nur im eigenen Garten, sondern auch online. Begonnen hat alles mit Aktionen wie dem Sponsoring von Ziegen, Schafen oder Hühnern, um den Bauern in Entwicklungsländern ein besseres Einkommen zu ermöglichen. Jetzt geht es aber weiter, indem der landwirtschaftliche Ertrag zum Sponsor zurückfließt.

Kurz gesagt funktioniert es so: per Mausklick wird in eine Farm investiert. Je nach Höhe des Betrages wird ein Anteil an der Ernte gekauft. Angebaut wird nur, was auch konsumiert wird. Damit soll der Überproduktion und Lebensmittelverschwendung vorgebeugt, aber auch das Risiko verteilt werden. Mittlerweile sind die Möglichkeiten vielfältig und reichen von der Adoption von Tieren oder Bäumen bis zu Gärten und Plantagen. Mandeln, Kakao- und Kaffeebohnen, Oliven oder Orangen können ebenso direkt beim Hersteller gekauft werden wie Zitronen, Schafkäse, Balsamicoesseig oder Decken aus Merinoschafwolle. 

Ursprung und Vorteile

Die Idee stammt ursprünglich von einem spanischen Start-up namens “Naranjas del Carmen” und wurde mittlerweile schon mehrfach kopiert – und das weltweit. Auf Onlineplattformen können Farmer ihre Angebote präsentieren, Nutzer planen ihre Erntemengen und überweisen den entsprechenden Betrag. Dank dieser “Adoption” kann der Farmer seine Arbeit besser planen und zu einem bereits festgelegten Preis produzieren. Die Lieferkette ist transparent und auf Zwischenhändler kann dabei verzichtet werden. Daneben zählt aber auch das soziale Setting. Es werden Informationen zum Betrieb geteilt und auch die Qualität der Produkte nachvollziehbar präsentiert. Bei vielen Plattformen werden die Produkte sogar in recycelten oder abbaubaren Materialien für den Versand verpackt.

Freundschaftliche Ernte

Im Mittelpunkt der Plattformen stehen die Farmen selbst und das Bild, das von ihnen gemalt wird: Bilder, Kurzinterviews mit den Farmern und der scheinbare Aufbau einer persönlichen Beziehung zur eigenen Ernte. Auch die laufende Interaktion mit den Farmern via sozialen Medien lassen das Gefühl aufkommen etwas Gutes zu tun. Für die Farmer, das Klima und den fairen Handel. Und wer Lust hat macht sich einfach wirklich persönlich ein Bild davon, ob das alles so läuft, wie auf der Plattform angegeben. Die GPS-Daten werden angegeben und Besuch ist willkomen.

Fotocredit: Warren Wong auf Unsplash

Crowd Farming Plattformen

myAcker.com

Einer der Anbieter ist das Kärntner Unternehmen myAcker.com. Dort wird mehr auf den Entertainmentfaktor gesestzt und der User kann seinen Garten online direkt bepflanzen, wie in einem Spiel. Er bekommt um 99 Euro eine Acker Box zugeschickt, loggt sich mit dem darin enthaltenen Code ein und los gehts. 3m2 Gartenfläche dürfen nach Lust und Laune bepflanzt werden und dieser Gemüsegarten dann auf einem realen Acker nachgebildet. Der User erhält dann live Daten von seinem Garten und kann bei Bedarf auch Ereignisse wie Jäten oder ernten anstossen. Nachdem das Gemüse fertig gezogen ist wird es per Post zum User geschickt. Saatgut und Jungpflanzen sind biologisch, der Versand der Ernte erfolgt umweltschonend und CO2-neutral und natürlich kann der Acker auch mit einer realen Erlebnistour besucht werden. Eine geniale Idee.

Qualität aus Österreich – Nahgenuss.com

Die Plattform Nahgenuss.com vermarktet nach dem Crowd-Farming-Prinzip heimisches Fleisch in Bio-Qualität. Auch hier gibt die Mindestbestellmenge von einem Mischpaket Fleisch den Bauern die Möglichkeit, zu fairen Preisen das gesamte Tier zu verkaufen. Das Fleisch wird küchenfertig portioniert verschickt, wahlweise vakuumverpackt oder offen. Es kann auch direkt abgeholt werden. Natürlich gibt es auch hier viele Informationen über die Landwirte dahinter, wie die Tiere aufwachsen uvm. 

Biorfarm – “be your farm”

Auch ein italienisches Unternehmen hat sich Österreichs Biobauern angenommen und vermarktet ihre Ernte an Adoptivfarmer auf der ganzen Welt. Die Plattform funktioniert genau wie die anderen: mit nur einem Klick verwandelt sich der User in einen Bio Bauern und unterstützt dabei regionale Landwirte. Bisher hat das Unternehmen mit Landwirten im Süden Italiens zusammen gearbeitet und testet nun an Österreich eine Ausweitung auf andere Länder.

Die Gründer möchten damit der Benachteiligung von Kleinproduzenten und Verbrauchern entgegen wirken. Die bekam nämlich der Vater einer der Gründer, Paolo, am eigenen Leib zu spüren: er baut in Kalabrien mit viel Liebe köstliche Bio-Orangen an. Der Großhandel kauft diese anschließend für wenige Cent, transportiert sie stundenlang zu Lagerstellen und erst Tage später werden sie weit über dem Originalpreis in den Läden verkauft. Das sollte ein Ende haben und Paolo eine faire Vergütung für seine Arbeit erhalten. Bei Biorfarm gibt es keine Lagerhäuser oder Kühlanlagen, die Produkte kommen tatsächlich direkt vom Feld auf den Tisch. Der dazu erforderliche Logistiksupport wird den Landwirten von Biorfarm zur Verfügung gestellt.

Online Ackern

Auch, wenn Crowd Farming nur online ist, hat es doch das Ziel Menschen auch offline wieder näher zu bringen. Untereinander und ihren Nahrungsmitteln. Verbraucher entdecken ihre Verbindung zur Natur wieder und erfahren mehr über ihre Lebensmittel. Gleichzeitig fördert das auch den Erhalt der Traditionen von Bio-Bauern, schützt sie vor Ausbeutung und schafft gleichzeitig eine ökologisch und sozial nachhaltige Perspektive für alle Beteiligten. 

Ich werde mir das einmal genauer anschauen und ein bisschen Landwirt spielen, denn mir gefällt die Idee!

Quellen:
Bio Magazin, 03/2019, “Landwirt per Mausklick”
myAcker.com
Crowdfarming.com
Naranjasdelcarmen.com/crowdfarming-de
Welt.de, 04.10.2018, Ute Müller, “Orangen vom eigenen Baum in Spanien